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Hiobs Brüder

Titel: Hiobs Brüder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Gablé
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habe noch einiges vorzubereiten. Ich hätte Euch gerne eingeladen, unser Sabbatmahl zu teilen. Eure Freunde und Euch. Aber mein Vater war dagegen.«
    Losian war nicht überrascht. »Nicht all meine Gefährten sind der geeignete Umgang für eine junge Dame und ihren noch jüngeren Bruder. Das gilt vermutlich auch für mich.«
    »Das war nicht der Grund«, entgegnete sie, rückte den eigenartigen siebenarmigen Kerzenleuchter auf dem schmalen Tisch ein Stück nach links und wieder zurück. Es war eine nervöse Geste. »Er sagt, unser Rabbiner billige es nicht, wenn wir Ungl… Menschen anderen Glaubens zu unseren Festen laden. Er sagt, ich dürfe nicht vergessen, dass uns eine Kluft von Euch trennt.«
    »Er hat sicher recht«, stimmte Losian heiser zu, nahm ihren Arm, zog sie an sich und küsste sie. Miriam sträubte sich nicht. Einen Moment sahen ihre großen, ernsten Augen noch in seine, dann schloss sie die Lider und ließ zu, dass Losian sie fester an sich zog. Sie duftete nach irgendwelchen Kräutern oder Essenzen, deren Namen er vermutlich nie gehört hatte – fremd, betörend und schwer, und ein Hauch von Süßholz lag auf ihren Lippen.
    Hör sofort auf damit , warnte die leise Stimme der Vernunft in seinem Kopf. Was denkst du dir eigentlich ? Er wusste genau, dass er auf diese Stimme hören musste, dass er auf sie hören würde , aber noch nicht jetzt gleich. Er wollte Miriam nur noch einen Augenblick länger halten, ihre Zunge schmecken, das feine Leinentuch ihres Kleides spüren und die Wärme ihrer Haut darunter. Nur noch einen Augenblick …
    Und dann fiel eine Hand auf seine Schulter, schleuderte ihn herum, und er fand sich Auge in Auge mit Josua ben Isaac. Die Szene im Raum war einen Moment wie erstarrt, fast als sei alle Luft aus der Kammer entwichen, sodass niemand mehr atmen konnte.
    Schließlich wandte der jüdische Arzt den Kopf und tauschte einen Blick mit seiner Tochter. Miriam hielt ihm länger stand, als Losian für möglich gehalten hätte, aber dann schlug sie die Augen nieder, wandte sich langsam zur Tür und ging hinaus. Ohne Losian noch einmal anzuschauen.
    Der biss die Zähne zusammen und wartete auf den Ausbruch väterlicher Entrüstung.
    Doch Josua ben Isaac rührte keinen Finger. Er betrachtete seinen Gast eingehend und schüttelte dann bedauernd den Kopf. »Das habt Ihr klug eingefädelt.«
    Losian räusperte sich nervös. »Ich verstehe nicht …«
    »Ihr versteht mich sehr gut. Ihr habt den einzigen Weg gefunden, mich zu zwingen, Euch vor die Tür zu setzen. Ich habe Euch gezeigt, dass es vielleicht möglich wäre, Euch auf die Suche nach Eurer Vergangenheit zu machen, aber Ihr fürchtet Euch so erbärmlich davor, dass Ihr lieber davonlauft.«
    Losian wusste, dass er scharfe Worte verdient hatte. Dennoch entgegnete er: »Ich mag viele abscheuliche Dinge sein, Josua ben Isaac, aber ich glaube, ein Feigling bin ich nicht.«
    Einen Moment funkelte der Zorn in den dunklen Augen, aber dann nahm Josua sich zusammen. »Ihr seid ein kranker Mann. Darum verzichte ich darauf, Euch alles zu sagen, was ich auf dem Herzen habe, so schwer es mir auch fällt.«
    »Eure Fäuste wären mir sehr viel lieber als Euer Mitleid.«
    »Ihr werdet Euch damit begnügen müssen. Was sonst soll ich einem Mann entgegenbringen, der die Gefühle eines unglücklichen Mädchens missbraucht, um ein paar unbequemen Wahrheiten zu entrinnen?«
    Losian wurde heiß und kalt von der Verachtung, die aus diesen Worten sprach. Er schüttelte langsam den Kopf. »Ich schwöre Euch, so war es nicht«, beteuerte er hilflos.
    »Sondern wie?«
    Er rang mit sich. Was konnte er sagen? Dass er sich in Josuas Tochter verliebt hatte? Das war zweifellos die Wahrheit. Aber ebenso wahr war, dass er sich zu jeder Frau hingezogen gefühlt hatte, der er begegnet war, seit sie auf Wanderschaft waren. Und selbst wenn es ihm dieses Mal ganz anders vorkam, was änderte das? Er atmete tief durch, um sich Mut zu machen, und sagte: »Lägen die Dinge anders … wäre ich ein anderer Mann, dann würde ich Euch vermutlich um die Hand Eurer Tochter bitten, Josua.«
    Dieses Eingeständnis machte den Arzt für einen Moment untypisch sprachlos. Doch es war offenbar nicht Losians Aufrichtigkeit, die ihn verblüfft hatte, sondern seine Unverfrorenheit und Dummheit. Denn Josua erwiderte kopfschüttelnd: »Solltet Ihr eines Morgens aufwachen und Euch erinnern, dass Ihr der König von England seid, braucht Ihr Euch dennoch keine Hoffnungen auf meine Tochter zu

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