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Hiobs Brüder

Titel: Hiobs Brüder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rebecca Gablé
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machen, Monseigneur, denn Ihr seid kein Jude.« Er wandte sich ab. »Wenn ich morgen früh das Haus verlasse, um in die Synagoge zu gehen, würde ich es begrüßen, Euch bei meiner Rückkehr nicht mehr anzutreffen.« Grußlos verließ er die Kammer.
    Losian wartete, bis die Tür sich geschlossen hatte, dann ließ er sich auf das komfortable Bett sinken, zog sich die Decke über den Kopf und verfluchte sich.

East Anglia, April 1147
    »Wieso war es warm, solange wir ein Dach über den Köpfen hatten, und wird kalt, sobald wir wieder obdachlos sind?«, nörgelte Godric. »Du solltest mal ein ernstes Wort mit Gott reden, King Edmund.«
    »Halt dein Schandmaul, du Flegel«, bekam er zur Antwort. King Edmund, der doch unbedingt hatte aufbrechen wollen, war sehr schlechter Laune, seit Losian ihnen bei Morgengrauen eröffnet hatte, er habe sich mit Josua ben Isaac überworfen, der sie daraufhin vor die Tür gesetzt habe. Was genau sich zugetragen hatte, hatte er ihnen vorenthalten, und Simon rätselte.
    Sie gingen eine Weile schweigend, Oswalds leises Weinen der einzige Laut. Kein Dach und kein Essen mehr, das hätte er vermutlich klaglos hingenommen. Aber kein Moses und kein Ball? Das war zu viel. Oswald war untröstlich, und sein Jammer legte sich wie ein Schatten auf die Gemüter seiner Gefährten.
    Nicht einmal Regy blieb davon unberührt. »Herrgott, nimm dich endlich zusammen, Schwachkopf«, knurrte er.
    Oswald warf ihm einen vorwurfsvollen Blick zu und ging ein wenig schneller, um mehr Abstand zwischen sich und Regy zu bringen.
    »Lass ihn zufrieden«, schnauzte Wulfric. Er und sein Bruder trugen Regys Kette. Es war nicht darüber gesprochen worden, aber allen war klar, dass Losian noch nicht wieder hinreichend bei Kräften war, um es mit Regy aufzunehmen. Und seit dem Zwischenfall mit dem Dolch plagte die Zwillinge ihr Gewissen, sodass sie Regy heute klagloser hüteten als früher.
    Sie gingen in südlicher Richtung. Keiner wusste, wieso oder zu welchem Zweck. »Da entlang«, hatte King Edmund gesagt, als sie aus dem Stadttor getreten waren, und niemand hatte Einwände vorgebracht. Weil sie alle ratlos waren, wie es weitergehen sollte, waren sie gewillt, sich Edmunds Führung anzuvertrauen. Sie folgten einem schmalen Pfad, der erst zwischen ordentlich bestellten Feldern einherführte, dann durch struppiges, teilweise sumpfiges Heideland.
    »Ja, lass deine Laune nur an mir aus«, knurrte Regy über die Schulter in Wulfrics Richtung. »Aber nicht ich bin derjenige, der uns das eingebrockt hat.«
    »Nein«, stimmte Simon verdrossen zu. »Du bist ein Muster an Anstand und Rücksicht. Der perfekte Gast.«
    Regy ging nicht darauf ein. »Verrat es uns, Losian«, verlangte er stattdessen. »Was ist passiert, hm? Wieso war Josua ben Isaac plötzlich so erpicht darauf, uns loszuwerden? Wo er doch gestern noch so voller Neugierde gelauscht hat, als ich ihm von meinen kleinen Abenteuern erzählte. Ehrlich, er konnte gar nicht genug davon bekommen.«
    »Vielleicht hat ihm so sehr vor dir gegraut, dass er uns nicht länger unter seinem Dach ertragen wollte«, mutmaßte King Edmund. »Er mag nur ein Jude sein, aber er ist ein anständiger, gottesfürchtiger Mann, das habe ich festgestellt. Und kein anständiger, gottesfürchtiger Mann duldet so etwas wie dich in seiner Nähe, wenn er die Wahl hat, Regy.«
    »Ja, schiebt nur wieder alles auf Regy. Der ist es ja gewöhnt …« Es hörte nie auf, Simon zu verblüffen, wie überzeugend Regy die verleumdete Unschuld mimen konnte. Weil niemand Lust verspürte, darauf einzugehen, fuhr Regy fort. »Ich hingegen glaube eher, dass der untadelige Losian sich an die schöne Tochter unseres jüdischen Wohltäters herangemacht hat.«
    Zum ersten Mal seit ihrem Aufbruch brach Losian sein Schweigen. »Wie kommst du darauf?« Es klang eher interessiert als wütend.
    »Ich hörte, sie sei ein hübsches Kind. Und ich habe in Gilham beobachtet, dass du gegen den Anblick einer schönen Frau völlig machtlos bist. Nein, das nehme ich zurück. Die Bauernschlampe in Gilham war allenfalls Durchschnitt. Du überlässt das Denken deinem Schwanz, sobald irgendeine Frau in der Nähe ist. Das ist erbärmlich mit anzusehen, wenn ich dir die Wahrheit sagen soll.«
    Losian gab keine Antwort, sondern ging mit gesenktem Kopf weiter.
    »Also?«, beharrte Regy. »Was war nun mit dir und der holden jüdischen Jungfrau? Hast du ihr etwa die Unschuld geraubt?«
    »Nein.« Es klang grimmig und eine Spur

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