Hiobs Spiel 1 - Frauenmörder (German Edition)
Nennen’s Saubermachen.«
»Shit. Na gut, dann ... wo ist deine Pfeife?«
»Haben sie mir weggenommen.«
»Das gibt’s doch nicht!«
»Das gibt es, Iob.«
Hiob ging raus auf den Gang und fragte sich zur nächsten verantwortlichen Pflegerin durch. Sie war blond und leise und jung und freundlich und hieß Susanne und wäre sogar hübsch zu nennen gewesen, wenn sie nicht diese scheißliberale Ich bin gut zu allen und wenn du ein Problem hast werde ich mein Bestes tun um dir zu helfen denn eigentlich ist das Leben wunderschön und alle sollten ein wenig netter zueinander sein -Art verinnerlicht gehabt hätte, die Hiob an christlichen Sozialdienstleistern so extrem zum Kotzen fand. Irgendwie erinnerte ihn dieses Mädchen an eine von diesen saublöden Sonnenblumen, die jedermann so lieblich und sympathisch fand, obwohl ihre Existenz doch aus nichts anderem bestand, als abgehalfterte Vögel von ihren rausgestreckten Körnern fressen zu lassen. Im Grunde genommen wusste Hiob, während er Susanne hasste, nicht einmal genau, warum er sie so hasste. Immerhin schaffte er es, mit ihr über den Sinn und Unsinn von Privatbesitz innerhalb einer kapitalistisch orientierten Demokratie zu diskutieren und sie zur Übereignung von Tharah Montags Schmauchpfeife in des Enkels Obhut zu überreden. Er kehrte zurück, setzte sich wieder aufs Bett und fing an, seinem Großvater die Pfeife zu stopfen. Sie wechselten kein weiteres Wort, bis Terach am Schmauchen war.
»Was für einen saudummen Mantel hast du da an, Iob?«
»Den? Hat mir ein alter Soldat geschenkt. Ein sehr alter Soldat.«
»Waffenbruder, hm?«
»Kann man nicht direkt sagen.«
»Wie läuft’s denn so?«
»Wie soll’s schon laufen.«
»Das Spiel, meine ich.«
Hiob konnte ein triumphierendes Grienen nicht unterdrücken. »Fünf zu null, Großvater. Für mich. Läuft bestens, das Ganze.«
Tharah stieß kräuselnden Rauch aus der Nase. »Fünf zu null. Das ist doch Scheiße. Das ist gar nichts. Gar nichts wert.«
»Na hör mal ...«
»Hast du vergessen, wie viel Punkte du brauchst?«
»Natürlich nicht.«
»Und da kommmt dir fünf nicht rotzig vor?«
»Fünf ist ein Anfang. Es geht eben nur Schritt für Schritt.«
»Ach, hör mal einer an. Waren das nicht immer meine Worte? Du bist noch zu jung, habe ich immer gesagt, du fängst zu früh damit an, so kannst du das nicht schaffen, es geht nur Schritt für Schritt.«
»Es läuft doch spitzenmäßig, was willst du denn? Fünf Punkte schon und noch keine Verluste. Mittlerweile stehe ich sogar schon gut mit einer Beisitzerin. Die Wettquoten im Fließ sind am Kippen, Terach.«
Die Glut im Pfeifenkopf knisterte als orangeglühender Scheiterhaufen. »Du glaubst also immer noch, dass du derjenige bist, der es schaffen wird?«
»Natürlich.«
»Hast du eigentlich auch nur eine ungefähre Vorstellung, wie viele seit den Tagen der Mammutjagd dieses Spiel schon gespielt haben? Und weißt du, was die höchste Punktzahl ist, die jemals erreicht wurde?«
»Nein. Aber ich werd’s jetzt erfahren.«
»Siebzehn.«
»Siebzehn?«
»Siebzehn.«
»Achtundsiebzig sind gefordert, und das höchste, was jemals einer erreicht hat, war siebzehn?«
»Sage ich doch. Hörst du nicht mehr gut? Siebzehn Punkte, mehr hatte keiner. Das war übrigens ein chinesisches Bauernmädchen namens Tientse, im 17. Jahrhundert. So lange ist das schon her. Siebzehn Prognostica hat sie mit unerwarteter Beharrlichkeit vernichtet, dann sind ihr beim achtzehnten die Knochen verdampft. Sie war nur noch ein unförmiger Fleischballon hinterher. Der Dämon, der das getan hat, hieß Shiu-Sen-Tsiao und war ein Dürres Väterchen, und das ist er noch immer. Es gibt ihn noch.«
»Ich werde ihn schlagen. Eines Tages.«
Terachs Kopf war jetzt ganz von dunkelblauem Qualm verzerrt. »Diesen Größenwahnsinn hast du nicht von mir.«
»Nein, du warst niemals wahnsinnig. Du warst immer nur groß, der Größte deiner Zeit. Und weil du nicht auch nur ein Quäntchen wahnsinnig warst, sitzt du jetzt in einem Altersheim am Donnersmarckplatz und verabschiedest dich jeden Tag von einigen deiner Kräfte und Fähigkeiten. Du siehst ihnen hinterher, wie sie zur Tür rausspazieren, und nennst mich einen Narren.«
Tharah schwieg, die alten sehnigen Hände auf den Stuhllehnen.
»Ich bin der Letzte unserer Blutreihe, Terach. Nach mir wird keiner mehr kommen. Und ich werde nicht zulassen, dass unser Blut vergessen wird. Ja, ich bin jung, und ja, im Vergleich zu dir bin ich ein
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