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Hiobs Spiel 1 - Frauenmörder (German Edition)

Hiobs Spiel 1 - Frauenmörder (German Edition)

Titel: Hiobs Spiel 1 - Frauenmörder (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tobias O. Meißner
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durch Bancroft, Cokeville, Sage nach Wyoming. Da wir keine Vegetarier waren, brachten uns die Pferde nichts. Wayne ging deshalb jagen. Er fand zwei Hobos in einem anderen Boxcar weiter hinten. Andy ging es gar nicht gut, seine Augen machten ihm Schwierigkeiten, und er speichelte beim Reden, aber er nickte uns zu, und wir kletterten hin. Die Hobos hatten mehr Alkohol im Blut als Vitae, aber es war auf jeden Fall besser als Hunger. Als Andy seine Zähne in das zähe Pennerfleisch schlug, passierte etwas Seltsames: Einer seiner Fangzähne brach ab. Ich weiß nicht, ob ein Holzfäller lacht, wenn er sich aus Versehen eine Hand abhackt – wir jedenfalls sind Kainskinder, wir wissen Absurditäten zu schätzen. Wir lachten alle, auch Andy.
    In Green River gab es eine Kontrolle, ausgerechnet tagsüber. Die schwer bewaffneten Bundesbeamten hatten sogar einen Pirscher dabei – offensichtlich hatten zu viele Kainskinder aus Idaho und Utah in letzter Zeit in Zügen die Grenze passiert. Wir machten uns aus dem Staub, hatten glücklicherweise unsere Highland-Ponchojacken und Headsocks, um uns vorm Rötschreck zu schützen. Wayne wollte den Pirscher ermorden, aber ich hielt ihn ab.
    * * *
    In der Nähe von Rock Springs begegneten wir einem Caitiff der Siebten Generation. Er war ein Indianer. Er warnte uns davor, in das Gebiet des Sabbats einzudringen, da sie dort gerade Jagd auf unabhängige Brujah-Gangs machten. Offenbar hatte irgendein Brujah einen Chicago-Prinzen getötet. Das war natürlich schlecht für uns – zumal ich wusste, welcher Brujah das gewesen war –, aber dann wiederum ließ uns der Ouray keine Wahl: Er hatte von Rinx Hog & The Tupelo Mauve gehört. Sie waren in La Crosse, an der Grenze von Minnesota und Wisconsin. La Crosse entwickelte sich mehr und mehr zu einem Tummelplatz von anarchisch orientierten Gangs, und man munkelte, dass der Sabbat nur abwartete, bis sich genügend von diesen Gangs dort zusammengerottet hatten, um dann mit einem Schlag den Sack zuzuschnüren. Genocide. La Crosse lief schon jetzt bei Anarchen, Autarkis und anderen Spaßvögeln unter dem Namen Genocide City.
    * * *
    Es war noch ein verdammt weiter Weg nach Wisconsin. Wir mussten irgendwie nach Nordosten kommen, zur Route 90, die uns dann durch drei Bundesstaaten direkt nach La Crosse führen würde. Für Kainskinder war es jedoch noch nie allzu schwer gewesen, an Mitfahrgelegenheiten heranzukommen. Man schlug immer gleich zwei Fliegen mit einer Klappe.
    Wayne warf sich vor die Kühlerhaube eines geräumigen Chevvies und ließ sich tüchtig überrollen, und als der Fahrer dann leichenblass aus seiner Tür stürzte, fielen Seth und Kali über ihn her. Dann wurde es eine Zeit lang eng zu sechst im Wagen, aber nur, bis der Fahrer leer war und wir ihn aus einem Fenster drückten. Wir waren satt und schön und tot, und wenn Andy nicht dauernd rote Säure gekotzt hätte, wäre es ein ziemlich optimaler Trip gewesen. Kali und Wayne wechselten sich mit Fahren ab, und wenn die Sonne hochkam, stellten wir den Karren irgendwo im Ödland unter Telegrafenleitungen ab, verhängten die Fenster mit Ponchojacken und Kofferraumdecken und schliefen.
    In einer minnesotischen Ortschaft namens Blue Earth, die uns allein wegen ihres Namens schon magisch anzog, machten wir noch einmal Station und versorgten uns in einem neonpumpenden Bordelltrailer mit reichlich Fleisch und Blut. Wayne trieb sogar einen tragbaren CD-Player mit kleinen Lautsprechern auf, und auf dem Rest des Weges auf der Route 90 nach Genocide City hörten wir die Scheibe, die Wayne sonst immer nur als Modeaccessoire um den Hals trug, wieder und wieder und wieder, bis wir’s alle mitsingen konnten. Es war »I Asked For Water, She Gave Me Gasoline« von Howlin’ Wolf, und besonders die Stelle mit den Churchbells tollin’ gefiel uns einfach gut.
    * * *
    Mittlerweile war Genocide City tagsüber fast völlig von Menschen verwaist, ein Tummelplatz der Kainiten. Nur ein paar übergeschnappte Guerilla-Gefäße lieferten sich noch einen aussichtslosen Sniperkrieg mit lachenden Stutzern. Sobald die Abenddämmerung überkochte, entfaltete La Crosse als einzigartiger Papillon seine Flügel. Wir trafen dort alle Arten von unangenehmen Zeitgenossen, die meisten davon schon seit über zweihundert Jahren nicht mehr am Leben. So etwas wie einen Prinzen gab es hier schon lange nicht mehr, dafür aber etwas, was das »Quartier Wassail« genannt wurde, ein ziemlich genau umrissenes Stadtviertel, in dem

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