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Hiobs Spiel 1 - Frauenmörder (German Edition)

Hiobs Spiel 1 - Frauenmörder (German Edition)

Titel: Hiobs Spiel 1 - Frauenmörder (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tobias O. Meißner
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Weg hinaus.
    In den Augen der meisten, die zu ihm kamen, um ihm zu gratulieren, ihn kennenzulernen, zu sprechen oder einfach nur zu bewundern, konnte er das Sehnen lesen, einmal so sein zu können wie die Vampire in seiner Story. Das Rudel hatte schon vor Wochen festgestellt, dass Vampire so unglaublich trendy waren zurzeit, dass es schon nichts Besonderes mehr war, einer zu sein. Deshalb hatte sich das Rudel weiter fortbewegt. Arne fragte sich im matten Licht all der wehmütigen Augenpaare aber, ob das Rudel sich nicht zu weit fortbewegt hatte, zu weit fort von der Möglichkeit, Führer zu werden, Helden, Könige, Idole. Arne berührte so viele Hände wie möglich. Leider waren wenige gut aussehende Frauen dabei – die hatten an einem Abend wie diesem Besseres zu tun, als sich Geschichten vorlesen zu lassen –, und die wenigen waren wahrscheinlich die Freundinnen der Bandmitglieder oder ihrer Freundeskreisroadies. Dennoch hatte Arne sich noch nicht einmal beim rituellen Veröffentlichungsbesäufnis zu Ehren von Besorgnis über Misshandlungen ... als so attraktiv und begehrenswert empfunden wie jetzt und hier. Er vergaß sogar Bernadette, weil sie nirgendwo zu sehen war. Der biervermischte Urinhauch, der ihm aus den plappernden Mündern seiner neuen Fans entgegenwehte, machte ihn durstig und schwindlig. Ihm war plötzlich nach einem Massaker, hier im lärmenden Halbdunkel der Halle, umgeben von Hunderten Nichtsahnender. Aber sein besoffener und bekiffter Verleger tauchte auf und machte durch Schulterklopfen und betriebsfestliches Hochlebenlassen alles zunichte. Arne wünschte sich, er könnte sich wenigstens noch daran erinnern, wie man eine Erektion zusammenkriegte, dann hätte er jetzt wenigstens seinen Verleger zertrümmern und eines der Groupies draußen in die Büsche zerren und besudeln können, aber mehr oder weniger plötzlich stand Arne ganz alleine am Ausgang. Die Hardcoreband hatte aufgehört zu spielen, und alle seine Fans waren jetzt dort, ließen sich lachend von schweißnassen Haaren bestreichen und hingen an stammelnden Jünglingslippen wie vorher an den seinen. Als Arne sich müde umblickte, konnte er nur noch die Butohtänzerin in seiner Nähe leuchten sehen. Ihre schlaffen Brüste sahen wie leergetrunken aus. Arne wusste nicht, ob das Programm noch weiterging oder ob es zu Ende war, doch es war ihm auch egal. Er hatte seine drei Manuskriptseiten auf dem Pult liegen lassen, aber auch das spielte keine Rolle mehr. Wie jeder gute Literat hatte er die Worte in seinem Herzen, was war da schon Papier.
    Draußen war es herrlich mild und dunkel geworden, der Kanal schimmerte golden von den Krankenhauslichtern gegenüber. Am Licht einer verlorenen Lampe berauschten sich die Mücken. Arne wich ein wenig vom Weg ab und ging zum Wasser hinunter. Das Statthaus hinter ihm erdröhnte jetzt von Jubel, Applaus und kupfernen Schlagzeugarpeggios, das Fest ging also noch weiter. Jemand näherte sich. »Arne? Ich darf Sie doch Arne nennen?«
    Arne drehte sich halb herum. Ein junger Mann, gute zehn Jahre jünger als er selbst, den er irgendwo heute schon einmal gesehen hatte. Ein übrig gebliebener Bewunderer, wie reizend. »Selbstverständlich.«
    Der Bursche druckste ein wenig herum, hatte wohl nicht den Mumm, um ein Autogramm zu bitten. »Nun, ähm, Bernadette hat mir erzählt, dass Sie nicht nur über Vampire schreiben, sondern auch versuchen, ein bisschen so wie sie zu leben.«
    Bernadette? Ja, natürlich – das war das Gefäß, mit dem seine Geliebte gekommen war. Warum hatte sie ihn entwischen lassen? Wahrscheinlich wusste sie, dass er zu ihr zurückkehren würde, wie jeder Mann das immer tat. Sie hatte ihm ein letztes Mal Auslauf gegeben, ließ ihn ein letztes Mal einem großen Künstler hinterherhecheln. Oder ... oder schickte sie ihn ihm, damit er schon mit dem Umtrunk anfangen könnte? War das das Zeichen, dass sie ihn noch immer liebte?
    »Ja, mein Sohn«, sagte er jovial, »Bernadette hat nicht übertrieben.«
    Das Jüngelchen wurde richtig munter. »Bernadette sagte, dass Sie immer so eine Art Trinkhalm mit sich herumtragen, den Sie Leuten in die Adern stecken, um dann besser trinken zu können. Ist da was Wahres dran?«
    »Ja, selbstverständlich. Weißt du – ein guter Schriftsteller schreibt nur über Themen, die er kennt. Oder hast du etwa geglaubt, Genocide City sei nur erfunden?«
    »Nein, natürlich nicht. Ich fand die Geschichte total geil und hab auch superviel darin wiedererkannt, aus meinem

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