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Hiobs Spiel 1 - Frauenmörder (German Edition)

Hiobs Spiel 1 - Frauenmörder (German Edition)

Titel: Hiobs Spiel 1 - Frauenmörder (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tobias O. Meißner
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die er erreichen konnte, aber nichts gehorchte ihm mehr. Wir rückwärts zwischen Mülltonnen, dass wir beide im Innenraum nur so durch die Gegend flogen. Und während der ganzen Zeit versuchte die Sauerstoffversorgung andauernd, den Judge aufzublasen wie eine Luftmatratze, so was hab ich überhaupt noch nie erlebt. Ich bin froh, dass wir verdammt noch mal überhaupt noch am Leben sind. Übernehmt ihr bitte – ich muss mich erst mal hinlegen, ich hab die Schnauze voll.«
    Kopfschüttelnd rollten die anlässlich eines echten Hohen Richters ungewöhnlich agilen Bereitschaftsärzte den bereits klinisch toten Judge durch die versehrtenübersäten Gänge und wurden zwischendurch nur einmal, von einer plötzlich sich schließenden automatischen Gleittür, aufgehalten, was aber nicht mehr als eine hässliche Stirnplatzwunde beim zweitvorderst Rennenden zeitigte. Sie erreichten mit kreischenden Pneus den Schockraum und begannen sofort mit mechanischer Beatmung. Schwester Esther zog die 2 mg pro Körperkilo Adrenalin auf und setzte sie geübt ins Herz, während der junge Blanchett mit seinen weit über das Gesicht fallenden langen Haaren den 750-Dollar-Pullover des Richters mit einer Stoffschere vom Halsausschnitt abwärts aufschnitt. Die Plastiksaugnäpfe der Pumpmassageanlage gaben hernach rhythmisch ihr Bestes, aber der ganz große Gig von Monsieur 500.000 Volt kam erst, als schließlich der teure neue Elektrostimulationsroboterarm über den Judge drübergelassen wurde. Auf das Millivolt genau bekam der Judge den Vollausschlag eines Elektrischen Stuhles verpasst, sodass die nur schwachstromisolierte Liegepritsche sich in eines von André Hellers qualmenden Feuerwerken verwandelte, der EKG-Monitor seine Flatline explodierend in den Raum hineinbrüllte und im gesamten Krankenhauskomplex der Saft wegblieb.
    Was dann folgte, war der kakophonische Krepiererchor all derer, deren Körperfunktionen ersetzende Apparate den Geist aufgegeben hatten, und der Dämon saß neben jedem einzelnen am Bettrand und dirigierte wohlig seine erste Symphonie.
    Der Strom war eiskalt, aber klar. In seinen Fluten züngelten glashafte Fische wie Pfeile dahin, seine Ufer waren hart und hohl und ausgefranst, und Hiob badete darin. Wie winzige Piloten in Schleudersitzen sprengten seine Fingernägel sich nach oben ab und formierten sich zu einer zehngliedrigen Schlange, auf der ein kleines fettes nacktes Weibchen in ihn einritt wie ein Zäpfchen. Bronchiektasie, asthmoide Bronchitis, Asthma bronchiale, Bronchiolitis und Mukoviszidose zogen als laute Familie in seiner Brust ein, leimten ätzende Tapeten an und erklärten den Glutkorb seiner Knochen zum Abbruchgebiet. Laryngitis platzte links, Sinusitis rechts aus seinem Ohr, und Otitis media mit Erguss versöhnte beide Zwistheischenden mit klebriger, keinen Widerspruch duldender Hand. Da war ein Scheppern und ein Rasseln in ihm und ein geradezu verwischend schnelles Zittern, dann folgten johlend alte Freunde. Urtikaria kam zu Fuß, ihr Kleid war unten zugenäht, Exanthem und Erythema multiforme, frisch vermählt, sprangen Hand in Hand vorbei, wurden schwanger und gebaren, Phenylketonurie drückte sich wie immer grantlerisch und eigenbrötlerisch in den Ecken herum, und endlich kam der Myokardinfarkt und riss den Vorhang runter. Das war der erste Akt, von Schmerzen keine Spur, alles wie gehabt. Tatsächlich waren sein Leib und sein Geist so nachhaltig verändert, dass nicht einmal das ihn auf Anhieb umzubringen mehr imstande war, aber er vertraute auf den Doc, und der rechtfertigte das Vertrauen.
    Der zweite Schlag war härter, zielgerichterer, traf alles Weiche, ließ es nach oben kochen, bis sein Gehirn an der Unterseite der Hirnschale herumkreiste wie eine unweiße Roulettekugel und seine Milz sich glitschig, streng schmeckend, zwischen seine Zähne drängte, am eiternden Gaumzapfen vorbei. Davon abgesehen wurden die Sensationen teurer. Palpitationen, cerebraler Insult, cholestatischer Ikterus, Myalgien und Arthralgie waren die Folgen, dann war auch das überstanden, der Strom versiegte, Durst kam auf.
    Jetzt war erstaunlich, wie stark die Schmerzen zwischen den einzelnen Ladungen werden konnten. Das war fast wie Entzug. Liebesentzug.
    Paroxysmale supraventrikuläre Tachykardien kamen zum Dritten, pünktlich, unspektakulär, langweilig fast, und Hiob bat die Gäste sanft, aber bestimmt nach Hause. Der Vierte war so etwas wie ein Goldener Tag oder ein Goldenes Jahr. Hiob konnte deutlich die irische

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