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Hiobs Spiel 1 - Frauenmörder (German Edition)

Hiobs Spiel 1 - Frauenmörder (German Edition)

Titel: Hiobs Spiel 1 - Frauenmörder (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tobias O. Meißner
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Hügelkuppe sehen, auf der die Legionäre Pankreatitis, Hepatitis und Ileus hockten und würfelten, die Pferde neben sich grasen lassend. Er trat zu ihnen hin und fragte: »Worum würfelt ihr, Legionäre?«, und sie antworteten ihm: »Um deine Schuhe, Ijob.« Das brachte ihn zum Lachen, und er tollte umher, bis er ganz schmutzig war.
    Die Schmerzen dazwischen brachten ihn zum Weinen und Winseln, und er war bereit aufzugeben, das Spiel verloren zu geben, aber kurz bevor NuNdUuNs ausgestreckte Hand ihn erreichen konnte, brach der Damm erneut, und die Fluten kamen zurück, umfingen und herzten ihn. Diesmal lärmten sie gar sehr, und ihr Anführer war Streptococcus pneumoniae, dessen Sohn Haemophilus influenzae vor aller Augen die anmutige Moraxella catarrhalis von hinten besprang, welche eine Tochter des gestrengen Pneumocystis carinii war, eines Bruders der königlichen Nocardia asteroides, die wiederum die Mutter des Streptococcus pneumoniae war.
    Das, was dann kam, nannte er Potosi-Sarkom, aber es war schnell vorbei. Meningitis. Mediastinitis und Sepsis umwarben und begehrten ihn ganz ohne Scham noch Leidempfinden, und das war jetzt wirklich ein Ort, wo man bleiben konnte, ohne dass es einem langweilig oder lästig wurde, aber in hässliche braune Anzüge aus den siebziger Jahren gekleidet traten Hirnabszess und Mundbodenphlegmone ihm die Tür ein und verlangten seinen Ausweis. Das war für den Virus in Hiobs Leib zu viel, um es ertragen zu können. Vielleicht von einer ganz fundamentalen Abneigung gegenüber jeglicher Form von polternder Autorität getrieben, durchstieß er Hiobs Aura und machte sich Richtung Sicherheit davon. Hiob machte sich lang, bekam ein Zipfelchen zu fassen und ließ sich mitziehen, und Bruder Tinnitus, der so leicht zu unterschätzende, kam nicht mehr zum Zug.
    Komisch war, dass das, was dahinter folgte, kein reibungsfreies neonfarbenes Platinenlabyrinth war, wie Hiob sich das eigentlich von diesem Startpunkt aus vorgestellt hatte, keine kreischend und quiekend zu durchsausende, tropfensprühende Schussfahrtmatrix, sondern vielmehr ein kalter, rauer Gummischlund, mir rissigen Wänden und triefenden Peep-Show-Kabinen-Flecken, bunkerartig mies beleuchtet und fast nicht mehr zu durchatmen. Eigentlich war so was ja zu erwarten gewesen. Dies war nicht das Totenbett von Baudouin I., das hier war der Ort, wo Männer hinkamen, die von der Freiheitsstatue gefickt worden waren.
    Schließlich wurde es so einfach, dass es beinahe keinen Spaß mehr machte.
    Mit jedem zerfasernden Wachpostenleib kam mehr und mehr ungenutzt gierende Munition in Ingless’ Hände, er brauchte sich nur zu bücken, aufzuheben und die Waffen sich gehen zu lassen. Zu sehen war nicht mehr viel, scharfgebissige, langsame Rauchwolken durchzogen die Halle wie die Netze einer ganzen Kolonie von konkurrierenden Riesenspinnen, aber Ingless lernte, aus den verschiedenen Tonhöhen und dem Nachhallen der Querschläger und aufprallenden Körper Richtung und Ziel zu bestimmen.
    Der hastig ausgeatmete Rauch war sein Freund, er deckte ihn mit seinem weiten Theatercape. Die überall wie Sterne rotierenden Patronenhülsen waren seine Freunde, sie umtanzten ihn elfenhaft, summten seinen Namen. Die mit Händen und nackten Füßen an den Zelltüren schwingenden Häftlinge waren seine Freunde, sie waren der Chor seiner Arie. Dies war der freundlichste Ort der Welt, und John Baltimore Ingless lachte sein Glück hinaus. Die Uniformierten weinten durcheinander. Einem von ihnen, einem geradezu leuchtend bleichen Mann, konnte Ingless ein paar Sprengstoffminen abnehmen, die zur Einschüchterung und letztendlichen Deeskalation gedacht gewesen waren. Er huschte hierhin und dorthin durch den Dunst, beantwortete dabei höhnisch ein paar hilflose Salven, und endlich wurde das große, beschneidende Front-Dreifachgitter heiß, wölbte sich auf, warf Blasen und platzte in glosenden Aluminiumfetzen auseinander. Orientalisches Spektakel. Alle Sirenen sprangen gleichzeitig an und vermählten sich zu grauem Klang. Ingless war hindurch und trieb winzige, um sich selbst rotierende Bolzen durch einen ganzen im Gleichschritt anstürmenden Trupp von Westpoint-Absolventen. Es sah aus, als würde die Werkshalle einer Farbenfabrik Amok laufen. Zu einfach, wie gesagt.
    Das Steuerpult leuchtete auf und vernichtete sich selbst, aber zwei Sekunden zu spät, Ingless Finger waren zu schnell, zu beschwingt. Mit einem einzigen rollenden Vom-Stapel-Lassen glitten die achtundvierzig

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