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Hiobs Spiel 2 - Traumtänzer

Hiobs Spiel 2 - Traumtänzer

Titel: Hiobs Spiel 2 - Traumtänzer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tobias O. Meißner
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Tigerstaaten hatte ihr in den Mund geschissen, einem chinesischen Politiker war erst einer abgegangen, als er ihr mit einem Rasiermesser die Schamlippen hatte zerschneiden dürfen (was im Fließ dann sehr schmerzhaft wieder geheilt war), ein verwahrloster Trailerpark-Kannibale aus Wisconsin hatte seinen zottigen und stinkenden Bernhardinermischling über sie drübergelassen, und eine teilzeitlesbische Karrierefrau aus Hannover hatte ihren ganzen rechten Arm in Widders Arsch gesteckt und sich vorher nicht mal die Mühe gemacht, ihre dicken, scharfkantigen Klunkerringe abzunehmen.
    Am lustigsten war noch gewesen, dass ein britischer Industriemagnat sie erst mit seinem zusammengefalteten Regenschirm penetriert hatte und sie dann von einer Leiter aus auf denselben, jetzt aufgespannten Schirm hatte urinieren müssen, während der Brite in Strapsen darunter saß und auf das Kreuzworträtsel der Times onanierte.
    Um nur ein paar von über zweihundert Beispielen zu nennen.
    NuNdUuN war in dieser Hinsicht also auf alles vorbereitet gewesen. Er hatte Widder schnell das Sukkubus-Fickpensum mehrerer Jahre durchhecheln lassen, um sie kaputt zu machen, um ihr zu zeigen, wer der Herr im Hause ist, um sie anschließend wegzuschmeißen auf eine Müllkippe namens »Hiob Montags Wohnung«. Ob Hiob die Wette gewonnen hätte oder nicht – NuNdUuN hätte ihm Widder sowieso exklusiv geschenkt. Im Fließ hatte nämlich nun jeder genug von ihr. Und sie sollte sich dort nicht mehr blicken lassen.
    »Warum hast du mir das denn nicht gleich erzählt?«, fragte Hiob erschrocken.
    Sie hatte es vorgehabt, antwortete sie, aber Myriems Anwesenheit und die Komödie, die sie beim Eintreten hatte spielen müssen, hatten sie ganz aus dem Konzept gebracht. Und dann hätte sie Hiob angesehen, seine hübschen Augen, und wie elend er noch aussah nach seinen durchstandenen Strapazen, und sie hätte beschlossen, erst mal einfach nur Sukkubus zu sein. Und er hätte ihr erzählt, dass er sie vermisst hätte, und so bereute sie nichts, bis jetzt, wo sie bereute, es ihm doch erzählt zu haben, denn sie wollte kein Mitleid. Das Leben im Fließ war so, sie war dort geboren und dazu bestimmt, dort zu erdulden, was es zu erdulden gab, und Hiob hatte keine Schuld daran, dass das Fließ war, wie es eben ist. Aber solange Hiob jetzt lebe und spiele, so lange bräuchte sie jetzt nach der gewonnenen Wette keinem anderen als ihm sexuell mehr zu Willen zu sein, und allein deshalb wünschte sie sich schon, dass sein Spiel und sein Leben noch möglichst lange andauern würden.
    Hiob hörte zu, und ihm war, als hörte er nicht sie in wörtlicher Rede sprechen, sondern als hörte er NuNdUuNs summende Stimme im Passiv wiedergeben, was sie ihm erzählte. Und bei den letzten Sätzen wurde NuNdUuNs Stimmklang immer belustigter und hämischer, bis der Regent schließlich in wasserfallartiges Gelächter aufplatzte, weil er dem Druck des Pathos nicht mehr standhalten konnte.
    Sie hatten beide ihre Abreibung erhalten, Hiob und NuNdUuN.
    Hiob war gestürzt, war tief gefallen in seiner eigenen Wohnung, aber das unerwartete Mädchen namens Myriem hatte ihm ermöglicht, im Fallen den Gegner wenn nicht mit sich mitzureißen, so doch wenigstens zu beschmutzen.
    Ausgetragen worden war das Duell auf dem schmalen Leib Widders, deren Rückenwirbel bei jedem unerbittlichen und unachtsam geführten Hieb deutlicher zuckend hervorgetreten waren.
    Sie hatte recht gehabt mit dem Hass, den er empfand, wenn NuNdUuN jemandem etwas antat, den er liebte.
    Denn jetzt endlich liebte er sie, auch ohne dass sie sich für ihn in Louise Brooks verwandelte. Sie erfüllte jetzt endlich die Ausgangsvoraussetzung des Gelittenhabens und der Traurigkeit, die Hiob brauchte, um wirklich intensiv für eine Frau empfinden zu können.

VIII
    Es war noch immer so kalt, dass lächeln schmerzte.
    Hiob hatte keine Lust, sich ein weiteres Mal mit der unverschämt hochnäsigen Pflegerin anzulegen. Er turnte über den Zaun, knirschte in der Abenddämmerung, die tiefen Spuren eines Einbrechers in den Schnee brennend, zwischen erfrorenen Kiefern und Eiben hindurch um das Gebäude des Altenheims herum und fand das Fenster seines Großvaters. Da war noch Licht, Tharah las. Hiob trommelte gegen die Fensterscheibe, im Takt eines schamanistischen Tanzes, den sein Großvater ihm als Kind beigebracht hatte.
    Es dauerte eine Weile, dann schob sich der Vorhang beiseite. Tharah Montag hatte einen zu weiten dunkelblauen Pyjama an und seine

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