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Hiobs Spiel 2 - Traumtänzer

Hiobs Spiel 2 - Traumtänzer

Titel: Hiobs Spiel 2 - Traumtänzer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tobias O. Meißner
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solange seine Wut über die Miteinbeziehung Myriems in die Lebensgefahr des Spiels noch weiß glühte. Ihm war klar, dass seine Position nicht gut war: Regeltechnisch war es dem Feind nicht verboten, Hiobs gesamtes soziales Umfeld auszurotten. Irgendetwas musste man da tun können, damit es nicht dazu kam. Die einzige Möglichkeit, die Hiob eingefallen war, bestand darin, den Fürsten direkt zu konfrontieren, ihn vielleicht zu bluffen, ihm klarzumachen, dass Myriem und die anderen Hiob scheißegal waren; irgendwas in dieser Richtung zu improvisieren. Hiob glaubte mittlerweile nicht mehr an das, was Widder gesagt hatte: dass NuNdUuN sich davor hüten würde, Hiob unnötig zu reizen. Warum sollte NuNdUuN davor Angst haben? Er war doch definitiv, in dieser relativ frühen Phase des Spiels, noch der weitaus Stärkere.
    Hiob machte sich eine krakelige Notiz auf einem karierten Blatt Papier, das er sich dann an die Wand über seinem Bett pinnte. Die Notiz lautete:
    — Wenn NuNdUuN nicht mehr da wäre —
    wäre sein Nachfolger dann schlimmer oder besser für mich?
    Als Widder die Notiz zum ersten Mal sah, lachte sie. Später dann nannte sie Hiob einen ›unglaublichen Spinner‹.
    An einem dieser Tage schnitt sie ihm die Haare. Natürlich nicht kurz, aber ab und zu musste auch die Montagsmähne mal gestutzt werden, damit Hiob nicht rumlief wie ein Sasquatch. Als Hiob seine Haarspitzen zu Boden trudeln sah, kam ihm eine seiner berüchtigten Ideen.
    »Sag mal – du kannst doch die Gestalt jeder Frau annehmen, die jemals auf diesem Planeten gelebt hat, ist doch so?«
    »Hm-m.«
    »Könntest du dann nicht theoretisch die aller-aller-allerschönste Frau aller Zeiten werden?«
    »Schönheit ist relativ. Du meinst die aller-aller-allerschönste Frau für dich?«
    »Yo. Du hast mal gesagt, du könntest in mir lesen wie in einem offenen Buch. Also könntest du mich doch quer durchgehen und mal scannen, welches Mädchen denn nun das Allerphantastischste für mich war.«
    »Du hast vor, Louise Brooks zu betrügen?«
    »Na ja. Louise ist die schönste Frau, von der ich weiß. Aber was ist mit all den anderen, die nie in einem Film mitgespielt haben und deren Schönheit deshalb nicht überliefert wurde? Was, wenn die für mich schönste Frau aller Zeiten eine orientalische Prinzessin war, die vor Tausenden von Jahren gelebt hat? Oder eben keine Prinzessin, sondern nur eine einfache Bauernmagd, die niemals in ihrem Leben den Wert ihrer Anmut erfahren hat? Ich wüsste es gern. Ich wüsste gern, wie sie für mich ausgesehen hätte.«
    »Die absolute Frau.«
    »Die absolute Frau.«
    »Das ist eine ziemlich schwierige Aufgabe. Richtig leicht fällt mir nur das Impersonieren von Frauen, denen ich stofflich begegnet bin. Eine Rückwärtsrecherche durch die Jahrhunderte mit gleichzeitiger Ausweitung über den Gesamtglobus wird ziemlich viel Wiedenenergie beanspruchen. Ich weiß gar nicht, ob ich in meinem augenblicklichen Exil auf so viel Energie Zugriff habe.«
    »Aber du könntest es versuchen.«
    »Ich könnte es versuchen. Hat das was mit deiner bekloppten Notiz zu tun? Willst du NuNdUuN ärgern, indem du Energie verbrauchst? Dann lass dir gleich von mir sagen, dass das nichts bringt. Die Wiedenfließreserven sind letztendlich unerschöpflich, zumindest, solange es Menschen und andere Lebewesen gibt, die zu abstrakten Gedanken fähig sind. Nur halt die Energien jedes einzelnen Wiedenwesens sind beschränkt. Man hat nicht unbegrenzte Erlaubnis. Der Potentat selber ist natürlich die Ausnahme.«
    »Es hat nichts mit NuNdUuN zu tun. Nur mit mir. Ich denke halt auch mal über mich selber nach.«
    »Sieh mal einer an, das gibt’s auch?«
    »Na, aber andauernd.« Irgendwie war ihm ihre Ironie entgangen. »Ist dir zum Beispiel klar, dass ich in meinem ganzen Leben erst mit zwei verschiedenen Frauen geschlafen habe? Und von den beiden war nur eine ein Mensch.«
    »Aber mit mir zu schlafen, ist doch genauso, wie mit Hunderten verschiedener Spitzenklassefrauen Dinge zu tun, zu denen diese vielleicht niemals bereit wären.«
    »Natürlich, hey, missversteh mich nicht. Ich weiß das ja zu schätzen. Und ich bereue überhaupt nichts. Aber manchmal denke ich ... dass ich deine Anwesenheit hier eben noch gar nicht richtig ... wie soll man das ausdrücken? Auszuloten verstehe. So, wie ich das sehe, sind wir jetzt so gut wie verheiratet. Vertraglich aneinander gebunden, leben wir in derselben Wohnung, und ich denke, ich habe sehr viel für dich übrig

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