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Hiobs Spiel 2 - Traumtänzer

Hiobs Spiel 2 - Traumtänzer

Titel: Hiobs Spiel 2 - Traumtänzer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tobias O. Meißner
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aus, irgendwie zusammengefallen, kraftlos. Wahrscheinlich hatte der Senat den Wasserdruck reduziert, um in diesen neuen Zeiten der materiellen Not Kosten einzusparen.
    NuNdUuN saß in der Nähe von ein paar schwatzenden alten Frauen auf einer der Bänke und aß ein Schinkensandwich. Er sah aus wie ein dynamischer Jungmanager, der eben mal zwischen zwei wichtigen Geschäftsabschlüssen ein paar ruhige Minuten im Park verbringen will. Das erstaunlich laute Tosen der beschnittenen Springbrunnen übertönte den Lärm der nahen Straße vollständig. Die alten Frauen warfen ab und zu mal neugierige Blicke zu dem gutaussehenen Dressmantypen in seiner teuren, nicht allzu konservativen Kluft hinüber – zumindest bis sich der abgewrackte Langhaarige neben ihn fläzte, der ja wohl nur Bettler, Dealer oder Stricher sein konnte.
    »Weißt du«, begann Hiob, auf alle denkbaren Begrüßungsfloskeln einfach verzichtend, »was mich am meisten an dir wundert, ist die schäbige Art und Weise, wie du dein Spiel spielst. Man möchte doch meinen, ein jahrtausendealtes, unfassbar machtvolles Leben müsste im Laufe seines einzigartigen Daseins so was entwickelt haben wie ... Abgeklärtheit, Souveränität, auch vielleicht eine gewisse königliche Attitüde, ein ›so was-hab-ich-nicht-nötig‹-Bewusstsein. Eine Art Aura des seit langer, langer Zeit Regierenden. Aber nee. Du bolzt rum und spielst schmutzig wie ein rotznäsiger Hinterwäldler, der noch nicht mal seinen eigenen Namen in den Lehm kratzen kann.«
    NuNdUuN lächelte kauend. »Manchmal glaube ich, du überschätzt mein Alter. Ich habe die Macht noch gar nicht seit so vielen Jahrtausenden.«
    »Ach nein? Seit wann denn etwa?«
    »Nachdem ich meinen Vorgänger gestürzt hatte, ließ ich die damals auf der Welt führende Menschenkultur Zeugnis über den Machtwechsel ablegen.«
    »Was kam dabei raus?«
    »Die heute noch fälschlicherweise so bezeichnete Cheops-Pyramide.«
    »Na also, das war etwa 2500 vor Christus. Du hast also den Nazarener miterlebt, da warst du schon zweieinhalb Jahrtausende an der Macht. Mann, und da hast du’s nötig, Myriem in mein Spiel mit reinzuziehen? Das sollte dir wirklich peinlich sein. Du solltest viel ... größer sein als das.«
    »Ach, Hiob. Du bist so eine Mikrobe für mich, ich verspüre keinerlei Lust, mich von dir provozieren zu lassen. Du hast recht, aber du begreifst selber nicht, wie recht du hast. Dabei hast du die Tatsachen vor Augen. Ich spiele das Spiel seit 4500 Jahren, also bin ich der denkbar Beste auf diesem Gebiet. Absolut niemand kann mich schlagen. Und alle deine Bemühungen sind nichts weiter als Spiegelfechterei. Eine verschroben zappelige Choreographie, die einzig und allein dem Zweck dient, dir das Gefühl zu geben, dein Leben nicht umsonst zu leben. Diese Gefälligkeit erweise ich dir. Das ist mein Beruf.«
    Hiob kriegte ein höhnisches Gelächter hin. »NuNdUuN der Schmierenkomödiant. Das gefühllose Charakterschwein, das den selbstlosen Wohltäter mimt, zentimeterdick unter Schminke verspachtelt. Ich kotz gleich in den Brunnen. Hey, ich kann dir sagen, was mit dir los ist. Du hasst das Spiel. Du hasst es, weil du durch uralte Regeln und Gesetzmäßigkeiten daran gebunden und dazu verpflichtet bist. Du hasst es, weil es eigentlich ein Scheißleben ist, es spielen zu müssen.«
    »O ja, ich bin müde« , schmunzelte NuNdUuN, »ich kann den Augenblick eigentlich kaum erwarten, an dem du mich ablöst, um alles besser zu machen als ich.«
    »Ja, du bist müde und schwach und alt geworden, und dir fallen nach so vielen Jahren der ewig gleichen Herausforderungen keine neue Kombinationen mehr ein. Jetzt ist endlich mal ein Spieler aufgetaucht, der die ganzen verstaubten alten Winkelzüge und Vorhersagbarkeiten vom Tisch gefegt hat und der dem altehrwürdigen Spiel seinen ganz persönlichen Stil aufgeprägt hat: das improvisatorische Chaos. Die Unberechenbarkeit. Die Negation der Sinnfrage vielleicht sogar. Und du hast keine anderen Möglichkeiten, als darauf mit stupider Kinderwürgergewalt zu kontern. Du erreichst das Ende der Fahnenstange, Großer Alter. Schlägst du weiter blindwütig um dich, oder hast du Mumm genug zum großen Sprung?«
    »Du hältst dich für einen guten Spieler?«
    »Ich bin ein guter Spieler. Es steht vierzehn zu eins. Ich werde mir den verdammten Weltrekord holen und darauf Skateboard fahren.«
    Missbilligend schüttelte der Fürst des Wiedenfließes den Kopf. »Das ist das Peinlichste an dir: diese

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