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Hiobs Spiel 2 - Traumtänzer

Hiobs Spiel 2 - Traumtänzer

Titel: Hiobs Spiel 2 - Traumtänzer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tobias O. Meißner
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Überleben derer, die dir etwas bedeuten? War es das? Ich sollte darüber nachdenken, es so zu machen wie die Ärzte und Psychiater in deiner Welt. Eigentlich sollte ich dir meine wertvolle Zeit in Rechnung stellen. Ich glaube, dir ist gar nicht klar, welch eine Gnade es ist, mit dem Herrscher des Wiedenfließes persönlich sprechen zu dürfen.«
    Hiob gähnte, dass man alle seine Plomben sehen konnte. »Du solltest dann auch unbedingt darüber nachdenken, Autogrammstunden in Kaufhäusern zu geben.«
    »Glücklicherweise« , fuhr NuNdUuN ungehalten fort, »habe ich mir so etwas Ähnliches ja schon gedacht. Dass nichts Bedeutendes herauskommen würde bei diesem Gespräch, meine ich.«
    »Bedeutendes wie was zum Beispiel?«
    »Wie zum Beispiel deine Erklärung, das Spiel als verloren zu betrachten.«
    »Oh, Mann.« Hiob konnte nur den Kopf schütteln.
    »Tja, das ist schade, da kann man nichts machen. Umso schlimmer wird alles enden. Aber wie gesagt: Ich ahnte das ja schon. Deshalb habe ich dir ein neues Prognosticon mitgebracht. Eines, dass dich endlich einmal wieder aus Berlin rausführt, damit deine neue Haut ein wenig Farbe abbekommt.«
    »Wie du für mich sorgst ...«
    »Es geht nach Sardinien. Schon einmal dort gewesen?«
    »Wozu?«
    NuNdUuN lächelte kulant über Hiobs Patzigkeit hinweg. »In Portovesme, an der Südwestküste, ertrinken in diesen Augenblicken sechs Menschen, mehr oder weniger gleichzeitig. Einer von ihnen, der Kräftigste, wehrt sich noch, er kämpft. Das ist sehr imposant. Mit deinen neuen – wie könnte man das nennen – Geldbeschaffungstaktiken dürfte es dir kein Problem sein, bis morgen dort zu sein. Das Unglück wird dann Tagesgespräch sein, es ist das erste Mal, dass an einer italienischen Küste sechs Menschen gleichzeitig sterben. Du wirst keinerlei Probleme haben zu erfahren, was sich genau abgespielt hat und wo. Ah, jetzt ist es zu Ende. Abwärts geht der Leib, die Augen groß, und aufwärts steigen tausend Bläschen, letzter Lebenshauch.« Die Augen des Wiedenfürsten leuchteten in indirektem Licht. Hiob betrachtete ihn voller Abscheu.
    »Was ... was soll ich denn da tun? Was ist das Prognosticon?«
    NuNdUuNs unterirdische Augen erloschen. Er fokussierte seinen Blick wieder auf seinen Gesprächspartner. »Du wirst wissen, was du zu tun hast, sobald du erfahren hast, was genau passiert ist.«
    »Ich kann kein Italienisch und erst recht keinen sardischen Slang!«
    »Du kommst überall mit Englisch durch, mach dir nun darum keine Sorgen. Sorge dich, wenn du unbedingt willst, lieber um das Prognosticon. Es ist ein Schönes, es ist wahr, hat Größe. Es taugt dazu, Seelen zu brechen. Und Männer, die ihre Seele dem Teufel verkauft haben, wie du.«
    »Ich habe meine Seele noch«, trotzte Hiob kindisch. »Du hast keine.«
    »Ich bin Seele« , lächelte NuNdUuN. »Oder ist dir schon wieder entfallen, mit wem du dich hier unterhältst? Also, was ist nun? Nimmst du das Prognosticon an?«
    »Hab ich denn eine Wahl?«
    »Selbstverständlich hast du eine Wahl. Du hast immer eine Wahl. Wenn du ein Prognosticon ablehnst, bekommst du eben ein anderes, und dasjenige, das du abgelehnt hast, findet vielleicht niemals statt. Im Grunde genommen ist es also immer nur deine Einverständniserklärung, die das Böse in die Welt bringt. Ein Spieler ist ein ziemlich skrupelloser Hund.«
    »Ja. Und du wäscht deine Hände in Unschuld. In der Unschuld kleiner Mädchen.«
    »Jeder tut, was er kann. Also akzeptierst du?«
    »Den Tag, an dem ich kneife, wirst du nicht erleben.«
    »Gut. Sehr gut.« NuNdUuN erhob sich. »Vergiss nie, dass ich dir eine Wahl ließ. Jetzt lasse ich dich allein. Du hast Planungen zu tätigen, Besorgungen zu leisten. Fühle dich frei, mich jederzeit zu kontaktieren, wenn alles dir zu viel geworden ist.« Er winkte lässig und schlenderte davon. Keine eitlen Kunststückchen, wie zum Beispiel die Wasserfontänen höher zu treiben, wenn er an ihnen vorbeiging. Nichts dergleichen. Der Teufel ging einfach so davon, und die alten Frauen steckten ihre ondulierten Köpfe wieder zusammen und tuschelten über ihn wie über irgendeinen, der vom Aussehen her sicher das Zeug dazu hatte, als Prominenter in ihren Boulevardgazetten eine Hauptrolle zu spielen, bislang dort aber noch nicht aufgetaucht war.
    Hiob war ganz übel. Er hatte den Geschmack von verdorbenem Schinken im Mund und das Gefühl, gerade eben sechs Menschen beim Ertrinken zugeschaut zu haben. Er war so abgelenkt und fasziniert

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