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Hiobs Spiel 2 - Traumtänzer

Hiobs Spiel 2 - Traumtänzer

Titel: Hiobs Spiel 2 - Traumtänzer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tobias O. Meißner
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wie.
    NuNdUuN musste auffallen, wie angestrengt Hiob versuchte, nichtssagend auszusehen. Die Mundwinkel des Wiedenfürsten wiesen jetzt die Nuance eines Lächelns auf. »Bevor ich gehe« , sagte er fast freundlich, »um dich mit deinen Ängsten allein zu lassen, nur eines noch. Dir ist natürlich klar, dass ich mich für den Schlag revanchieren muss, durch eine dementsprechende ... Geste. Unter Ehrenmännern ist das selbstverständlich. Ich könnte es mir nie verzeihen, dich in der unangenehmen Situation belassen zu haben, mir gegenüber Schuldgefühle hegen zu müssen..«
    Hiob kniff die Augen zusammen und spannte die Bauchmuskeln an. Gleichzeitig konnte er die neue Furcht in alle Körperteile schlüpfen spüren, eine gänzlich hirnlose Ausweitung, ein Selbstschutzprogramm der Zellen, Instinktivität des gänzlich anspruchslosen Überlebens. Im Rollstuhl, mit Entstellungen, blind, impotent, egal wie. Nur am Leben sein. Atmen, einfach. Nicht vergessen.
    Aber nichts konnte ihn vorbereiten auf NuNdUuNs Schlag. Ebenfalls ein Wischer nur, eine »Geste«, wie der Fürst es selbst genannt hatte. Schnell und nicht zu kontern, aber für Wiedenverhältnisse äußerst stumpf ausgeführt. Hiobs Beckenknochen sprengte sofort in drei ungleiche Teile. Der Körper des Spielers flog rückwärts durch die Luft, schrammte dann sich überschlagend über den rauen Dammbeton und blieb besinnungslos nahe der Kante liegen. Hochspritzende Gischttropfen berührten Hiobs bleiche, über den Rand ragende Hand.
    Niemand sonst war da. Das Unwetter vorüber.

d) Eidry
    Die Rücküberführung war ein reines Kostenproblem, und Widder gab den letzten Rest ihrer gemeinsamen Doppelgänger-Beutezüge dafür aus.
    Die nach dem Abebben des Gewitters wieder zum Damm zurückflutenden Sarden fanden den leblosen Mann dort liegen und seine klatschnasse Kleidung und seinen Seesack in den Klippen. Einige von ihnen hatten ihn schon vor dem Unwetter in der Menge herumstehen sehen, einige hatten mit ihm gesprochen, seine Fragen beantwortet. Näher kannte ihn niemand. Aber er hatte Papiere dabei, die ihn als Deutschen aus Berlin identifizierten.
    Man transportierte ihn auf einer der eigentlich für die toten Kinder vorgesehenen Bahren im eigentlich für die toten Kinder bereitgestellten Notarztwagen ins Krankenhaus, wo sein Trümmerbruch diagnostiziert und er in ein vorläufiges Korsettgestell eingespannt werden konnte. Nur etwa eine Stunde später trafen auch die Leichen der Ertrunkenen im selben Gebäude ein, allerdings ein paar Stockwerke tiefer. Der Sog des unterseeischen Rohres war verebbt, die Bergung kein größeres Problem mehr gewesen. Ob der bewusstlose Deutsche etwas mit dem Abstellen der Ansaugvorrichtung zu tun gehabt hatte, konnte nicht geklärt werden. Rational denkende Menschen fanden es aufgrund seiner üblen Verletzungen äußerst unmöglich, denn wie sollte er mit zerschmettertem Unterleib ohne Hilfe wieder das Rettungsgerüst hinaufgeklettert sein? Einige alte Frauen jedoch bekreuzigten sich nur und sagten, das eine geschieht nie ohne das andere, und die Heilige Jungfrau hätte mehr als nur ein Zeichen der Buße und Mahnung geschickt. Ein Hubschrauber brachte Hiob nach Cagliari, von wo aus er in einer angeforderten Maschine des Deutschen Rettungsdienstes mit zwei Zwischenlandungen in Genua und München nach Berlin und ins dortige Rudolf-Virchow-Krankenhaus verfrachtet wurde. Die Presse bekam natürlich Wind von der Sache. DEUTSCHER URLAUBER AUF TODESDAMM VERUNGLÜCKT war den schwarz-roten Boulevarderzeugnissen der Springerpresse allemal ein paar Zeilen wert, zumal das Kindersterben von Portovesme ohnehin genügend Human-Interest-Potenzial für ein paar saftige Reißerstories aufwies. Interviews jedoch gab es keine mit dem Heimkehrer. Der Patient stand unter starker Anwendung von schmerzlindernden Mitteln und speichelte so viele Tage in einem Grenzland zwischen chemischem Schlaf und natürlichem Koma dahin, bis nach dem sardischen Horror-Unglück hier in B-City kein Hahn mehr krähte. Der erste Besuch, den Hiob wieder einigermaßen zusammenhängend mitbekam, war Widder. Sie sah besorgt aus und strich ihm übers Haar. Obwohl sein Kiefer nicht gebrochen war, nuschelte Hiob so stark, dass Widder ihn schließlich aufschreiben lassen musste, was er von ihr wollte. Auch seine Schrift war krakelig wie die eines durchschnittlich trainierten Schimpansen, aber sie konnte den vollgeklierten Zetteln immerhin entnehmen, dass Hiob unbedingt die Beisitzerin

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