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Hiobs Spiel 2 - Traumtänzer

Hiobs Spiel 2 - Traumtänzer

Titel: Hiobs Spiel 2 - Traumtänzer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tobias O. Meißner
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zehn.«
    »Er kann verdammt noch mal nicht unsterblich sein.«
    »Das ist er nicht. Nichts ist unsterblich. Aber wenn er stürbe – würde das eine Veränderung seines Daseins bedeuten? Lebt er überhaupt im gebräuchlichen Sinne des Wortes Leben? Vielleicht ist er ja schon viele Male getötet worden und deshalb meist so übellaunig. Aber schmink dir ab, dass du so etwas bewerkstelligen könntest. Das geht nicht. Du kannst ihn nicht töten, genauso wenig wie du Gott in den Köpfen aller Menschen töten könntest. Es sei denn natürlich ...«
    »Es sei denn ...?«
    »Du gewinnst das Spiel. Dann kannst du tun und lassen, was und wen du willst.«
    »Aber das Spiel kann ich nicht gewinnen.«
    »Du hast das System verstanden. Wie es in Casinos heißt: Die Bank gewinnt immer.«
    »Wenn man sie nicht sprengt.«
    »Ja, geh nur hin und spreng das Wiedenfließ. Bei der abstrakten Struktur des ganzen Kontinuums würde das Fließ wahrscheinlich durch eine Sprengung nur noch stärker werden. Geh hin und tu, was dir beliebt. Es liegt mir fern, der taktische Berater eines Spielers sein zu wollen, meine Aufgabe ist es lediglich, auf die Einhaltung der Regeln zu achten, diesbezügliche Unklarheiten auszuräumen und in Streitfällen zu vermitteln.« Ein langanhaltender Knatterfurz der Beisitzerin färbte die Zimmerwände einen Ton dunkler.
    Hiob näselte, weil er versuchte, nur durch den Mund zu atmen. »Also, nur, um es noch einmal klarzustellen: Ein Direktangriff auf den Gegenspieler stellt von meiner Seite aus keine Regelverletzung dar, von seiner Seite aus schon.«
    Jetzt musste sie doch nachdenken und stieß dabei drei- oder viermal bitter auf. »Hmmm. Ich denke, ein Direktangriff auf den Meister würde ihn in die Position versetzen, dich durch eine Abwehr- oder Verteidigungsklausel auslöschen zu können, ohne die Immunitätsregel dabei zu brechen.«
    »Ach, so was gibt’s auch? Der arme NuNdUuN in Notwehr?«
    »Hängt von der Stärke und Gefährlichkeit des Angriffs auf ihn ab. Die Beurteilung und Einordnung von Stärke und Gefährlichkeit des Angriffs würde wiederum uns Beisitzern obliegen.«
    »Das heißt: Die kleine Maulschelle geht so durch. Aber wenn ich ihn ernsthaft bedrängen könnte, könnte er zurückschlagen und mich töten, ohne dafür disqualifiziert zu werden.«
    »Genauso ist es.«
    »Es sei denn, ich bedränge ihn derart ernsthaft, dass er gar nicht mehr dazu kommt zurückzuschlagen.«
    Die Gevicius rülpste und flatulierte gleichzeitig und zweistimmig. »Dieses ganze Theoretisieren über absolut unrealistische Verhaltensweisen bringt überhaupt nichts. Außerdem kann niemand von mir verlangen, den delusions of grandeur eines ans Krankenbett gefesselten Menschleins zuzuhören. Wenn du keine wirklichen Fragen mehr an mich hast, betrachte ich meine Aufgabe hier als erfüllt und kann endlich in mein bescheidenes Domizil zurückkehren. Diese Krankenhausluft hier macht mir zu schaffen.«
    Ich fand sie ganz okay, bevor Ihr kamt, dachte Hiob. Was er aber tatsächlich sagte, war: »Ich danke Euch für Euer promptes und unbürokratisches Erscheinen, Ehrwürdige Beisitzerin. Ich denke mal, für überschaubare Zeit dürfte das erst mal alles an Fragen gewesen sein.«
    »Das klingt erfreulich.« Ohne weitere Grußformel drehte sie sich um und watschelte hinaus, aber nicht ohne vorher noch einen stehen zu lassen, der sicherlich unter die Genfer Giftgaskonvention fiel.
    Weinend hechelte Hiob minutenlang durch den Mund, bis eine vor Brechreiz würgende, aber kämpferisch beherzte Krankenschwester mit aufgelöstem Haar sämtliche Fenster und die Tür aufriss und den Festgeschnallten durch einen reinigenden Durchzug rettete.

e) Aries
    Der nächste Besuch, den Hiob bekam, zwei Tage später, war eine elegante Frau mit einem schwarzen Witwenschleier vorm Gesicht, wie man ihn sonst eigentlich nur in etwas antiquierten Filmen zu sehen bekommt. Sie schloss die Tür hinter sich, blieb aber in der Nähe der Tür stehen, ohne etwas zu sagen.
    »Morgen, Widder«, gähnte Hiob. »Jemand gestorben?«
    »In jeder Sekunde sterben Dutzende von Menschen, aber mehr noch werden geboren.« Ihre Stimme klang fremd, aber Hiob war das gewohnt. Mit ihren Körpern wechselten auch ihre Stimmen, ihre Arten zu gehen und manchmal auch ihr Wortschatz und ihre Diktion. »Wie geht es dir? Was sagen die Ärzte?«
    »Hm. Sie zerbrechen sich natürlich die Eierköpfe über die scheinbar natürlichen Heilfähigkeiten meines Knochenmaterials. Im Augenblick

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