Hiobs Spiel 2 - Traumtänzer
hast? Hm? Wie wäre das?«
»Das wäre auch kein Problem für mich.«
»Dann schlag drauf ein. Zwei Manifestationen! Das wären sechs Punkte auf einen einzigen Streich.«
»Ja, verdammt noch mal. Warum denn nicht? Ich habe keine Angst vor dir!«
Sie schlugen ihre Handflächen patschend gegeneinander.
»Guuut« , grinste NuNdUuN, »seeehr guuut.« Wie zwei Kampfhähne standen sie sich gegenüber, taxierten sich, grinsten beide herablassend. Das Outfit des Fürsten war wie geschaffen für diesen Zweck: Er war – wie Hiob – barfuß, darüber einfache, verwaschene Jeans und ein ockerfarbenes Sweatshirt. Sehr lässig, sehr jugendlich, auch sein Gesicht sah noch jünger aus als sonst, hatte etwas straßenbandenhaft Verwegenes, sardisches oder korsisches Blut unter der Haut.
Er forderte es heraus. Hiob war sich sicher, er forderte es heraus.
»Und was willst du dir für großartige ›Kunstwerke‹ ausdenken?«, schnauzte der Mensch. »Willst du jetzt super-einfallsreich und äußerst tapfer und heroisch jedes Mal kleine Mädchen umbringen, damit ich was zu Knabbern habe? Bist du jetzt so glücklich darüber, dass du was gefunden hast, womit ich Schwierigkeiten habe, dass du dir’s sofort patentieren lässt und unverzüglich die Fortsetzungen in Serie rausschießt wie irgendein schmieriger, gieriger Filmproduzent?«
Das Ungeheuer lachte. Die Belustigung klang echt. »Nein, da verkennst du mich. Durch Wiederholungen würde mir die Unsterblichkeit doch arg zur Last. Ich habe nun ein nettes kleines Bild von dir, wie du dich Kinderleichen sehr unsittlich näherst. Das kann ich immer hervorholen und herumzeigen, wenn mir danach ist, aber das reicht mir jetzt auch in dieser Hinsicht. Schließlich hast du deine Unfähigkeit, etwas für kleine Mädchen zu tun, ja schon mehrmals unter Beweis gestellt.«
»Schon mehrmals? Wovon redest du? In dem Bus damals? Da war doch nur ein verblödetes Neonazi-Girlie mit an Bord. Für so eine muss ich nichts tun. Für solche muss ich nicht auch noch was tun.«
»Die meine ich doch gar nicht. Ich wundere mich eher, dass du dich an die überhaupt noch erinnerst, ich hatte eher gedacht, all die Menschen in dem Bus sind eine Art dekonturierter Haufen für dich gewesen. Respekt. Nein, ich spreche von Nicole Mellentin, der süßen Nicole. Du erinnerst dich bestimmt noch. Die in der Badewanne.«
Hiobs Kehle fühlte sich plötzlich eng an. »Ja. Und was ist mit ihr? Ich habe ihr doch geholfen! Ihr den Schänder vom Leib geholt. Das ist doch gerade ein prima Beweis dafür, dass ich was bewirken kann.«
»Sie ist tot, du Phantast. Sie hat sich noch am selben Abend das Leben genommen, als du mit Widder den absurden Sieg über ihren Turnlehrer feiertest. Das hast du wirklich ganz außerordentlich exquisit vermasselt.«
»Tot? Das ... das kann doch gar nicht sein. Ich habe doch den Punkt bekommen.«
»Ja, den Punkt. Punkt Nummer sieben, war es nicht so? Ein merkwürdiger kleiner Fleck auf deiner Scorecard. Den Punkt hast du ja nicht dafür bekommen, dass du der armen Nicole das Leben gerettet hast, sondern dafür, dass du dich über deine eigenen Selbstzweifel hinwegretten konntest. Deine eigenen Gespenster waren in diesem Fall das Prognosticon. Das Mädchen war doch nur Mittel zum Zweck. Ihr Leid diente dir dazu, dich selbst aufzuwerten, dir ein großartiges, heldisches Gefühl zu verschaffen. Im Klartext: Du hast sie missbraucht, genau wie ihr Lehrer. Er hat ihr Möschen befingert und du ihre Seele. Du warst ja auch so ungeheuer sensibel, ins Badezimmer eines sexuell genötigten Mädchens einzudringen, das war wirklich eine Prachtidee. Du würdest einen guten Killer abgeben, einen, der durch Psychoterror tötet. Man könnte stolz werden auf dich, dort, woher ich komme.« Er lachte wieder, seine Laune stieg auf einer nach oben offenen Skala an.
Hiobs Gesicht sah fast so bleich aus wie das Handtuch um seine Schultern. »Du hast sie getötet. Du hast sie getötet, weil ich sie mochte.«
»Nein, wirklich. Das hat sie ganz allein getan. Ganz allein, weil niemand mehr bei ihr war, nachdem du den Punkt kassiert hattest. Wham Bam Thank You Ma’m . Der große Hiob Montag als nach Stunden bezahlter Stechuhrbeamter. Oder hast du wirklich Gefühle? Hm? Schlägt da drin denn ein echtes Herz? In dem Fall müsste ich dir leider sagen, dass die Geister von Punkt sieben wieder da sind. Was ein juristisches Problem aus dem rechtmäßigen Erwerb dieses Punktes machen würde, findest du nicht auch? Was
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