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Hiobs Spiel 2 - Traumtänzer

Hiobs Spiel 2 - Traumtänzer

Titel: Hiobs Spiel 2 - Traumtänzer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tobias O. Meißner
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beider Systeme münden würde. Am Anfang erhielten die Unparteiischen noch regen Zulauf, denn sowohl den Wiedenfließern als auch den kontaktbegabten Schamanen von unserer Ebene wurde das kumulative Machtgebaren der obersten Wiedenfließfeldherren zunehmend unheimlich, zu recht fühlten sie sich bedroht und an den Rand gedrängt. Es kam zu taktischen Konflikten und regelrechten Scharmützeln. Die Unparteiischen gegen die Wiedenfließer, die jetzt voll und ganz Wiedenfließer waren und für die Menschheit nichts weiter als Hass und Verachtung empfanden. Aus diesen Anfangszeiten der Gründerkriege, aus Äonen also, in denen die Unparteiischen tatsächlich noch mächtig genug waren, den Parteiischen Niederlagen zuzufügen und ihnen Bedingungen diktieren zu können, rühren die wenigen Regeln her, die es auch heute noch im Wiedenfließ gibt. Eine dieser Regeln besagt, dass die Nachfahren der damaligen Unparteiischen auch heute noch in Ansehen und Respekt stehen und auch heute noch in Streit- und Regelfragen als autoritäre Instanz von allen Seiten akzeptiert werden müssen. Eine andere Regel ist das Spiel .
    Die Unparteiischen gingen dabei von dem Gedanken aus, dass es so etwas wie eine Gleichberechtigung zwischen zwei Machtblöcken nur dann geben kann, wenn es eine zumindest theoretische Möglichkeit gibt, dass der eine Machtblock von einem Vertreter des anderen Machtblockes regiert werden kann. Diese Idee mutet uns heute ein bisschen seltsam an. Schließlich haben die Amis während des Kalten Krieges auch nie daran gedacht, vielleicht mal von einem Russen regiert zu werden, und vice versa genauso wenig. Aber die Unparteiischen waren ziemlich clever, und sie hatten es schließlich auch mit einer anderen Situation zu tun. Es gab nämlich kein Gleichgewicht der Kräfte, wie bei uns im Kalten Krieg. Sondern das Wiedenfließ hatte aufgrund seiner magischen Potenziale und seines Einflusses auf unsere Träume schon immer größere Möglichkeiten, auf unsere Ebene einzuwirken, als wir haben, auf das Fließ einzuwirken. Die Anzahl der weltlichen Schamanen und Magier, die tatsächlich die Fähigkeit haben, Wiedenemissionen nicht nur empfangen, sondern auch bestimmen und lenken zu können, ist seit Anbeginn der Menschheit immer weiter rückläufig. Man kann das Ganze auch metaphorischer ausdrücken: Wir Menschen werden immer materialistischer und brechen immer mehr spirituelle Brücken zum Wiedenfließ ab. Selbst der jetzt in den Neunziger Jahren gerade aufflackernde neue Esoterik-Boom ist in erster Linie durch Produkte, Vermarktungstechniken und egoistische Wie-finde-ich-Erfüllungs-Tendenzen dominiert und hat mit tatsächlicher geistiger Bewusstseinserweiterung etwa so viel zu tun wie eine aufgeprallte Silikontitte mit einer milchspendenden Mutterbrust. Die Unparteiischen konnten diese Entwicklung vom Zeitenanfang her voraussehen, weil sie zur Genese der Menschheit mit dazugehört. Deshalb: Da es einem Wiedenherrscher wie NuNdUuN jederzeit möglich ist, auf unsere weltlichen Präsidenten und Diktatoren Einfluss zu nehmen und sie in seinem Sinne zu Höchstleistungen anzuspornen, wollten die Unparteiischen auch uns Menschen die Chance einräumen, den Thron des Wiedenfließes zu erklimmen. Dies ist der Sinn und Zweck des Spieles, das seit den Urzeiten der Unparteiischen immer wieder von Menschen gespielt wird, die bereit sind, den Preis zu zahlen, den das Spiel fordert.
    Aber halt. Halt, halt, halt, halt, halt, halt.
    Ich greife vor, bin chronologisch nicht korrekt, gerate auf die schiefe Bahn, denn eigentlich – natürlich – erzählte mir mein Großvater NICHTS vom Spiel. Mittlerweile habe ich herausgefunden, dass es meine Bestimmung war zu spielen, dass ich regelrecht dafür gezüchtet wurde, aber nicht so schnell, so früh, so jung an Jahren. Mein Großvater und seine Alliierten hätten viel lieber gesehen, dass ich vierzig oder sogar fuffzig Lenze alt bin, wenn ich die Große Eröffnung mache. Ein Aufschub alter Männer. Nicht mit mir. Viele vor mir waren alt und klapprig, als sie’s angingen, und weil sie alt und klapprig waren, sind sie auch gescheitert. Die bisherige Weltrekordhalterin dagegen war noch keine dreißig, als es sie endgültig erwischte. Die hatte sehr früh begriffen, worauf es im Leben ankommt, und deshalb Erfolg gehabt. Relativen Erfolg zumindest.
    Nein, mein Großvater erzählte mir noch nichts vom Spiel. Aber vom Wiedenfließ und seinem Herrscher – NuNdUuN –, von Magie und den damit verbundenen

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