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Hiobs Spiel 2 - Traumtänzer

Hiobs Spiel 2 - Traumtänzer

Titel: Hiobs Spiel 2 - Traumtänzer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tobias O. Meißner
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ausgesprochen hässliches Geräusch, und der Nachtbus, auf den Hiob so lange gewartet und dessen Fahrer gerade noch ein bisschen beschleunigt hatte, um die kommende Ampel sicher vor Rot zu schaffen, riss ihn zwischen Reifen, Asphalt, Achsgestänge und Unterbodenstruktur mit sich fort. »Wir sehen uns wieeeeeedaaaaaaaahhhhhhhhhhhhhh ...«, gellte Remmert noch, dann war der Bus vorbei, und die Ampel schloss hinter ihm die Schranke.
    »Sicher«, meinte Hiob, sich den Weltkriegsmantel ausklopfend, »vielleicht bist du ja in der nächsten Dose Tomatenmark drin, die ich mir kaufe.«

c) a walk of fame
    Wenn die Nacht nicht so kalt und windig gewesen wäre, dass man beim Einatmen das Gefühl hatte, alte Eiszapfen zu inhalieren, wäre Hiob nie auf die Idee gekommen, auf einen Bus zu warten, schließlich war es nicht weit von der Yorckstraße bis zu ihm nach Hause. Aber jetzt, nachdem er sich entschieden hatte zu laufen und während er das neckische Brummen plötzlich auftauchender und an ihm vorbeischarwenzelnder Busse ignorierte, kam ihm der Weg doch weit vor, das Pflaster hart, die Bordsteine gelenkunfreundlich hoch, die Ampeln grell in ihren schreckhaft machenden Farbwechseln, das kalte Glas der unbeleuchteten Fenster wie krustige Melasse in den Rechtwinkelwaben unfassbarer Insektenkreaturen. Die Verlorenheit nächtlich sich unter der Vorahnung von Winter verkrampfender Straßenzüge abseits der ewigwachen Boulevards und das träge, dem Kriechen fetter Fliegen ähnelnde Herumbummeln zielloser Taxis deprimierten ihn noch mehr. Berlin war eine mitleidlose Stadt, sie konnte einen mit Hysterie zu Tode prügeln oder mit dem starrenden Gähnhauch hoffnungsloser Langeweile ersticken, je nachdem, welche von beiden Stimmungen man gerade am wenigsten gebrauchen konnte.
    Hiob blieb – vielleicht glücklicherweise – nicht lange allein bei seiner trübsinnigen Nachtschlenderei. Aus einem Hauseingang löste ER sich, ER höchstpersönlich, in hellem Cashmeremantel und dunklem, langen Künstlerschal ein eleganter Herzensbrecher seiner eigenen Schwarzen Serie.
    Sie gingen eine Zeit lang schweigend nebeneinander her, der Mensch und der König aller Unterwelten, dann eröffnete NuNdUuN lächelnd das Parlando. »Wie wirst du damit fertig?«
    »Womit?«
    »Mit dem acht zu eins. Mit dem Verlieren.«
    »Ich habe verloren? Ist mir gar nicht so aufgefallen.«
    NuNdUuNs Lächeln wurde breiter. »Zugegeben: Dein Abgang hatte Stil, aber es ist nun einmal nicht deine Aufgabe gewesen, die zwölf Seelen zu töten, sondern sie zu retten.« Er seufzte. »Du hast Glück, wenn man morgen nicht von einer neuen Koma-Epidemie sprechen wird. Die zwölf lagen alle im Bett und werden nie wieder erwachen. Da sie fast alle in verschiedenen Stadtteilen wohnen und somit in verschiedene Zuständigkeiten fallen, wird vielleicht niemand je die Verbindung feststellen.«
    »Tja. Vielleicht das Beste, was aus einer weißen Karte rauszuholen war. Nur zwölf Tote. Es hätte ja auch die Auslöschung des gesamten Planeten bedeuten können, wenn man so bedenkt. Weiß ist wie ein großes Nichts.«
    »Hm. Deine ungelenken Versuche, deiner eigenen Zukunft ein wenig Herr zu werden, sind mir nicht entgangen. Das nächste Mal wende dich doch vielleicht gleich besser an mich. Ich kann dir mehr zeigen und dir mehr beibringen als bunte Bildchen auf billiger Pappe.«
    »Meine Zukunft steht nicht fest, hat man mir gesagt.«
    »Oh, das kommt auf den Betrachter an. Wenn man derjenige ist, der deine Zukunft lenkt, dann kennt man sie natürlich.«
    »Natürlich. Und du würdest mir Einblicke gewähren.«
    »Unter Umständen. Das käme darauf an, was du zu investieren bereit wärst.«
    »Vergiss es einfach. Ich habe kein Interesse mehr. Das sind sowieso alles nur self-fulfilling prophecies . Die machen einen kirre und sonst nichts. Ich brauch den ganzen Scheiß nicht mehr. Ich lass das Schicksal auf mich zukommen.«
    »Das Schicksal.« Der Fürst schien über diesen Begriff zu reflektieren. »Das ist einer meiner schöneren Namen. Wir geben heute noch ein kleines Fest im Fließ. Wir haben dir zu danken.«
    »Freut mich doch, wenn ich jemanden glücklich machen kann. Wie geht es Widder, ich hoffe, sie ist auch eingeladen?«
    »Ihr kleines Herz wird höher schlagen, wenn ich ihr berichte, wie ritterlich du heute ihre Ehre verteidigt hast. Leider ist sie zurzeit damit beschäftigt, sich um Mogens Remmert zu kümmern. Der Arme hat zwar gute Arbeit geleistet, wird aber auch eine Menge gute

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