Hiobs Spiel 2 - Traumtänzer
gehören.«
»Du selbst? Du hast auch mit ihr geschlafen?«
NuNdUuNs verblüffte Entrüstung war verletzend. »Selbstverständlich. Oftmals. Ahntest du das denn nicht?«
»Ich ... hab nie drüber nachgedacht.«
»Liebe macht blind, hm? Du solltest aufpassen damit. Ich habe dir einmal gesagt, dass die Kugel in deinem Herzen wehtun wird, wenn du Liebe empfindest.«
»Mach dir keine Sorgen um mein beschissenes Herz. Was passiert, wenn ich die Wette verliere? Du kannst mir Widder nicht wegnehmen. Wir haben einen Vertrag.«
»Nein, nicht wegnehmen. Aber ich kann sie zwingen, mit anderen Menschen zu schlafen, bevor sie zu dir kommt. Stell dir vor, du dringst in sie ein und tunkst dabei dein Glied in das Sperma deines Vorgängers – sagen wir einmal: eures munteren Bundesfinanzministers?«
Uach! Hiob übergab sich beinahe. »Teufel, hast du abartige Ideen.«
»Oder die öligen Absonderungen dieses Formel-1-Weltmeisters, den ihr da gerade habt.«
»Büäh, hör auf, mir kommt’s hoch, Mann. Ich hab’s kapiert. Eine nette kleine Wette, nicht ganz so jugendfrei wie bei ›Wetten, dass ...‹, aber dafür mit todsicherer Unterhaltungsgarantie. Du bist ein kranker Bastard, NuNdUuN.«
»Man tut, was man kann.«
Mittlerweile hatten sie fast Hiobs Heimstraße erreicht. Er bemerkte es beim Überqueren einer abgeschalteten Ampelkreuzung. »Fünf Prognostica in Folge? Das hab ich schon geschafft.«
»Niemals wieder.«
Dann erst recht, dachte sich Hiob grimmig. »Gut. Schlag ein.«
Sie blieben stehen und gaben sich die Hände. Der Händedruck mit Satan war erstaunlich angenehm, fest, aber trocken.
Der Fürst schmunzelte wieder. »Wie bereits gesagt: Widder wird begeistert sein, wie du dich für sie einsetzt.«
»Das glaube ich zwar nicht, aber es wäre mir recht.«
»Sie ist das Beste an dir, weißt du das eigentlich?«
»Schon möglich. Wenn du mit ihr geschlafen hast, war sie auch das Beste an dir.«
Die beiden maßen sich mit Blicken. »Wenn du innerhalb der nächsten fünf Prognostica das Gesamtspiel verlierst, wird unsere Wette natürlich gegenstandslos. Dann hast du nicht nur Widder verloren, sondern alles andere auch.«
»Das ist schon klar.«
»Gut. Gut. Dann sehen wir uns wieder, wenn die Wette entschieden ist.«
»Was ist mit Widder? Kann ich sie unterdessen weiterhin sehen?«
»Ja aber natürlich. So lautet doch der Vertrag. Wegnehmen kann ich sie dir erst, wenn du das Spiel verloren hast.«
»Das ist besser als ›Bis dass der Tod euch scheidet‹. Das bedeutet wirklich ewige Treue.«
NuNdUuN lachte, während er in aromatisierten Schatten zerfloss. »Du bist ein Traumtänzer, Hiob Montag. Ein Traumtänzer.«
Als Hiob die Tür seiner Wohnung hinter sich geschlossen hatte und das heimisch riechende Dunkel ihn mit klammen Fächern umtoste, überlegte er ein paar Momente, ob er sich vielleicht verbieten sollte, das Licht anzuschalten, die Heizung anzuwerfen, warmes Wasser zu benutzen, ob er vielleicht sämtliche Stecker aus sämtlichen Steckdosen ziehen und auf die Annehmlichkeiten des niemals versiegenden Stroms verzichten sollte, um sich irgendwie zu kasteien, irgendwie zu bestrafen, denn schließlich hatte er verloren.
Aber er ließ es. Er war kein Masochist. Einen Punkt verloren zu haben war eine üble Sache, aber er glaubte nicht daran, dass er zusätzliche Motivation nötig haben würde, um zu verhindern, dass sich so ein Malheur wiederholte. Das Ärgerlichste dabei war ja nicht, dass das Fließ sich jetzt mit einem Punkt brüsten konnte, sondern dass er sich ziemlich viel Mühe gegeben hatte, um letzten Endes nur ein Eigentor zu schießen.
Er durchwühlte sein Mobiliar nach allem Geld, das irgendwo zusammengeknüllt zu finden war, klingelte telefonisch den kleinen Kreis seiner besten Freunde aus den Betten – Kamber, den Esoterica-Sammler Wagsal, den Computer-Raver Backspace Blunt und die Malerin Astrid Rittner – und lud sie für den kommenden Abend zum Eisessen ein, zum Eisessen im Frühwinter.
Sie sagten alle zu und erlebten einen ungewöhnlich gut aufgelegten und entspannten Hiob. Als Kamber ihn fragte, warum Hiob heute denn nicht so zynisch und aggressiv sei wie sonst, antwortete dieser nur, heute sei nicht der Tag, um Fragen zu stellen, heute sei ein Tag zum Feiern.
Astrid kniff die Augen zusammen, setzte sich forsch über das Gebot der Stunde hinweg und fragte: »Was feiern wir denn?«
»Einen Abschied«, antwortete Hiob und hob grinsend sein Glas. »Wir nehmen heute in
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