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Hippolyt Hermanus 01 - Vino Criminale

Hippolyt Hermanus 01 - Vino Criminale

Titel: Hippolyt Hermanus 01 - Vino Criminale Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Böckler
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Kopf, oder ist hier irgendwo ein Spiegel?«
    »Weder noch, aber das weiß ich, ohne hinzusehen. Neben ihm steht ein dickliches Geschöpf, vermutlich weiblichen Geschlechts, in einem rosa geblümten Kleid, richtig?«
    Sabrina nickte.
    »Beide sind vorhin aus einem Opel mit holländischem Kennzeichen ausgestiegen und haben eine kleine Tochter, die gerade auf dem Klo ist. Dein unheimlicher Verehrer dürfte also harmlos sein.«
    Sabrina sah Hipp merkwürdig an. »Das ist nicht normal, oder?«
    »Was soll nicht normal sein?«
    »Wer steht rechts neben den beiden Holländern?«, antwortete Sabrina mit einer Gegenfrage. »Aber bitte nicht umdrehen.«
    Hipp nahm einen Schluck vom Cappuccino. »Wenn sich an der Reihenfolge in der letzten Minute nichts geändert hat, zunächst ein junger Italiener mit seiner nicht unaparten Freundin, beide haben einen Brillanten im rechten Ohr, das Mädchen trägt bemerkenswert unbequeme, dafür aber sehr modische Schuhe. Es folgen …«, Hipp schloss kurz die Augen, um sich zu konzentrieren, »… drei passionierte Windsurfer, jedenfalls haben sie auf dem Kleinbus, mit dem sie gekommen sind, mit Bielefelder Nummernschild, drei, nein, sogar vier Surfbretter. Der linke von ihnen hat einen kahl rasierten Kopf und …«
    »Das ist definitiv nicht normal«, unterbrach ihn Sabrina. »Hast du ein photographisches Gedächtnis?«
    »Nein, natürlich nicht.« Hipp zuckte mit den Schultern. »Na ja, vielleicht ein kleines bisschen. Zumindest meinte man das in der Sonderkommission, in der ich früher gearbeitet habe. Ich kann mir jedenfalls Bilder gut einprägen, übrigens auch Gerüche, das hilft beim Wiedererkennen von Weinen. Das geschieht ganz von selbst, ohne mein Zutun. Mit etwas Glück kann ich die gespeicherten Informationen einen gewissen Zeitraum aus meinem Gedächtnis abrufen. So wie dieses merkwürdige Ensemble von Menschen hinter mir an der Bar. Das ist alles, nichts Aufregendes.«
    »Funktioniert das so ähnlich wie bei einem Computer?«
    Hipp lachte. »Keine Ahnung. Jedenfalls wäre das ein entsetzlich schlechter Computer. Oft lässt er sich nicht starten, das Programm stürzt ständig ab, die Daten werden nach dem Zufallsprinzip abgelegt, der Arbeitsspeicher ist schnell voll, die Festplatte hat einen Schlag, und wenn man den Stecker herauszieht, sind alle Daten futsch.«
    »Bei mir hat auch irgendjemand einen Stecker rausgezogen«, sagte Sabrina. »Außerdem wurden alle Daten von meiner Festplatte gelöscht.«
    »Um bei der Analogie zu bleiben, ich habe gelesen, dass die Daten auch bei einer gelöschten Festplatte in Wahrheit noch vorhanden und reaktivierbar sind. Nach meiner Überzeugung ist das bei einem Menschen nicht anders.«
    »Hoffentlich.«

30
    L uca Pertini stand vor seiner großen Entrappungsmaschine. Zur Weinernte wurden mit diesem Ungetüm die Beeren von ihren Stielen getrennt. Luca hatte die Maschine gerade von einem Spezialisten überholen lassen, jetzt wollte er ihre Funktionsfähigkeit überprüfen. Die Verschalung war abgenommen und er konnte die lange Schnecke sehen, mit der die angelieferten Trauben zur Mühle transportiert wurden. Dort führten Gummiwalzen die Trauben auf eine brachiale Mechanik, die die Stiele abschlug und über ein dickes Rohr ins Freie schleuderte. Die Maische lief dann nach unten zu einer Pumpe und wurde von dort über einen dicken Schlauch direkt zu den Gärtanks befördert.
    Er beugte sich über den offenen Käfig und betrachtete die Spindel mit den Metallstiften zum Entrappen. Aber mit seinen Gedanken war er woanders. Immer wieder fiel ihm dieses grausame Bild von heute Morgen ein. Seine Frau hatte noch geschlafen, er hatte den Vorhang geöffnet, um nach dem Wetter zu sehen. Da hatte er gelegen, auf dem weißen Kies des Vorhofs – ein abgetrennter Pferdekopf in einer großen dunklen Blutlache. Er hatte zwar keine besondere Beziehung zu Pferden, er mochte sogar ihr Fleisch, am liebsten als Bistecca vom Grill, aber so ein abgetrennter Pferdekopf ging auch ihm ans Gemüt. Als ob es nicht genug nervliche Belastungen in den letzten Wochen gegeben hätte. Und jetzt dieser Testa di cavallo. Wer hatte das getan? Was sollte das bedeuten? War das eine versteckte Botschaft? Natürlich, was sollte es sonst sein. Aber wir lebten doch nicht mehr im Mittelalter. Und außerdem hatte er keine Ahnung, wie er diese Nachricht verstehen sollte. Man wollte ihm drohen, ja, so sah es aus. Aber warum? Er hatte sich nichts zuschulden kommen lassen, er hatte gerade

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