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Hippolyt Hermanus 01 - Vino Criminale

Hippolyt Hermanus 01 - Vino Criminale

Titel: Hippolyt Hermanus 01 - Vino Criminale Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Böckler
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zukam. Sein letzter Blick fiel hinunter in die Entrappungsanlage …

31
    M i basta un lampo sol di quel sorriso per trascinare Otello alla ruina …« Hipp drehte den Kopf und betrachtete Sabrina, die hochkonzentriert dem zweiten Akt von Verdis
Othello
folgte. Ihre Lippen bewegten sich fast synchron zu den Worten Jagos, der gerade seine tödliche Intrige in Szene setzte. Ein kurzes Zucken ihrer linken Hand kam genau zum Paukenschlag aus dem Orchestergraben. Mit dem rechten Zeigefinger gab sie den Einsatz für die Streicher. Ja, Sabrina schien wirklich etwas für die Oper übrig zu haben. Und bei
Othello
kannte sie offenbar einige Arien fast auswendig.

    Mit schwarz geschminktem Gesicht hob Othello beschwörend die Hände. »Pria del dubbio l’indagine, dopo il dubbio la prova, dopo la prova, amore e gelosia vadan dispersi insieme …« Mit der Eifersucht verschwindet die Liebe? Damit wäre dann auch die Eifersucht erloschen? Eine gewagte These. Er erinnerte sich an sein Versprechen, in der Mailänder Scala nicht einzuschlafen. Hoffentlich konnte er Wort halten. Ihn beschlich schon jetzt eine unerklärliche Müdigkeit. Dabei war das eine der großartigsten Opern überhaupt. So stand das auch im Programm, und angesichts der dramatischen Stimme Othellos, der sich gerade mit beiden Händen ans Herz fasste, hatte er keinen Grund, an dieser Einschätzung zu zweifeln. 1887 war Giuseppe Verdis
Othello
im Teatro alla Scala uraufgeführt worden. So viel wusste er, auch dass sich Rodrigo unsterblich in Desdemona verliebt hatte, bei ihr aber nicht landen konnte, und dass Jago den venezianischen Feldherrn Othello zu Fall bringen wollte und deshalb Cassio beim Mohren Othello des Ehebruchs bezichtigt hatte, weshalb Othello aus blinder Eifersucht Desdemona erdrosselt hatte – so oder so ähnlich war seiner Erinnerung nach die Handlung. Und irgendwie spielte in diesem perfiden Geschehen noch ein Taschentuch eine Rolle. Es war lange her, dass er Shakespeares Tragödie gelesen hatte, die Verdis Oper zugrunde lag.

    Kinder liefen über die Bühne und streuten Blumen auf den Boden. »T’offriamo il giglio soave stel che in man degl’angeli fu assunto in ciel, che abbella il fulgido manto e la gonna della Madonna e il santo vel.«

    Hipp dachte darüber nach, dass das Erdrosseln und Ersticken noch heute zu den bevorzugten Tötungsarten bei Eifersuchtsdramen zählten. Da hatte sich seit Shakespeare und Verdi nicht viel geändert. Auch das Erstechen und Vergiften war in unseren Tagen kaum minder populär als in der Antike oder in der Renaissance einer Lucrezia Borgia. Aber dank der Segnungen des technischen Fortschritts waren neue, sehr effiziente Methoden hinzugekommen. Vor allem hatte sich der Gebrauch der Schusswaffe bei partnerschaftlichen Auseinandersetzungen als überzeugendes Argument erwiesen. Auch das Überfahren mit dem Auto wäre bei einem neuzeitlichen Othello eine denkbare Variante, seine vermeintlich untreue Desdemona ins Jenseits zu befördern. Obwohl das für die Bühne der Mailänder Scala rein inszenatorisch wohl weniger geeignet wäre. Und wer würde unter die Räder gekommen noch Arien singen?
    Das Auto als Tatwaffe? Hipps Gedanken schweiften immer weiter ab. Man konnte mit dem eigenen Auto auch ein anderes Gefährt von der Straße drängen. Und warum sollte das Motiv dabei nicht Eifersucht sein? Desdemona, Eva-Maria – vielleicht gab es auch in diesem Stück einen verschlagenen Jago oder einen verblendeten Othello? Ob das Gianfranco Angelo war, dieser Schwerenöter, der eine Freundin in Asti hatte, der vielleicht auch Eva-Maria – obwohl viel zu jung für ihn – in Liebe zugetan war und sich nach vollbrachter Tat aus dem Staub gemacht hatte? Oder jener Giovanni Martino aus Castellina, dem Eva-Maria kürzlich den Laufpass gegeben hatte?
    Hipp fiel Venedig ein und dass es am Canal Grande die Casa di Desdemona gab, wo nach der Legende Cristoforo Moro sein Eheweib hingemeuchelt hatte. In wenigen Tagen würden sie dort sein, Venedig stand auf ihrem Reiseprogramm.
    Wer sagte eigentlich, dass Eva-Maria die Rolle der Desdemona in diesem virtuellen Eifersuchtsdrama spielte? Was wusste er von Sabrinas Liebesleben? Dass ihre letzte feste Beziehung schon länger zurücklag, wie ihr Vater meinte. Aber Väter waren in diesem Punkt die denkbar schlechtesten Informanten. So wusste auch Eva-Marias Vater nichts von dem verstoßenen Liebhaber seiner Tochter in Castellina.
    Hipp warf erneut einen Blick zur Seite. Sabrina bemerkte

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