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Hippolyt Hermanus 01 - Vino Criminale

Hippolyt Hermanus 01 - Vino Criminale

Titel: Hippolyt Hermanus 01 - Vino Criminale Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Böckler
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Kopf gehabt. Die Via Carducci? Kein Problem, vierte Querstraße links. Ein wenig unheimlich war das schon. Oder die Speisekarte? Hipp sah sie sich meist nur kurz an, um sie dann wegzulegen. Erst dann dachte er darüber nach, was er bestellen wollte. Bei Bedarf konnte er ihr alle Beilagen zum fünften Gericht auf der dritten Seite sagen. Was war sonst an ihm auffällig? Dass er sehr gut aussah, obwohl sie bei Männern keinen Zopf mochte. Auch entsprach eine runde Nickelbrille kaum ihrem Schönheitsideal. In diesem Punkt war sie sich ausnahmsweise mal ziemlich sicher. Was noch? Am Morgen kam er regelmäßig schwer in die Gänge. Und sonst? Eigentlich wusste sie nicht viel von ihm. Sie lächelte. Vielleicht sollte sie den Spieß mal umdrehen und zur Abwechslung in seiner Vergangenheit nach dem Rechten sehen? Das war sicherlich kurzweilig. Außerdem musste es da einige Vorkommnisse gegeben haben. Warum hätte er sonst seinen Job als Psychologe bei der Polizei hingeschmissen? Und was war mit den Frauen in seinem Leben? Merkwürdig, aber auch dieses Thema interessierte sie zunehmend. Ob er …
    »Hier, ein Artikel über Ca’ del Bosco«, unterbrach Hipp ihre Gedanken, indem er ihr die Zeitung reichte. Sie wusste, dass sie dort in einer Stunde einen Termin hatten. Wohl weniger, um von den exquisiten Weinen zu probieren, was sie aber hoffentlich dennoch tun würden, sondern weil sie mit Maurizio Zanella verabredet waren, dem Gründer von Ca’ del Bosco*, den sie von früheren Begegnungen persönlich kannte – behauptete zumindest ihr Vater.
    »Alles begann 1965«, stand in dem Beitrag, »als Annamaria Clementi Zanella in die Franciacorta übersiedelte. Dort entstand die Leidenschaft ihres Sohnes Maurizio, besonders edle und erlesene Weine zu erzeugen …«
    Annamaria Clementi? So hieß doch auch die Spitzencuvée von Ca’ del Bosco! Ein strohgelber Schaumwein von großer Eleganz. Woher kam es, dass sie so viele Dinge wie selbstverständlich wusste, nur nichts, was mit ihrer Biographie zusammenhing? Annamaria Clementi? Zarte Düfte von Früchten stiegen ihr in die Nase. Sie schloss die Augen. »Birne, Pfirsich, Orangen«, flüsterte sie, »ein Hauch von Vanille.«
    »Und Zimt sowie im Finale dezente Hefe«, ergänzte Hipp ihre Sinneswahrnehmung. »Dein olfaktorisches Gedächtnis funktioniert ganz hervorragend«, lobte er. »Ich kann deinen Vater gut verstehen, dass er dich für qualifizierter hält, euer Weingut zu übernehmen, als deinen Bruder.«
    »Ich glaube, ich mag die Schaumweine aus der Franciacorta«, sagte Sabrina, ohne auf Bill einzugehen.
    »Kein Wunder, nicht von ungefähr gilt die Franciacorta* als die Champagne Italiens. Vor einigen Jahren hat eine deutsche Wochenzeitung Experten gebeten, über vierzig Schaumweine aus elf Ländern blind zu verkosten. Wer ist im Test auf Platz eins gelandet und hat unter anderem dreizehn Champagner übertroffen? Ca’ del Bosco aus der Lombardei!«
    »Warum bestellen dann so viele Leute fast automatisch einen Prosecco, wenn sie als Aperitif einen italienischen Schaumwein möchten?«
    »Ohne dem Prosecco* zu nahe treten zu wollen, der gewiss seine Meriten hat, aber das ist auch mir ein Rätsel. Der Prosecco aus Venetien hat es irgendwie geschafft, im Ausland zum Synonym für guten italienischen Schaumwein zu werden. Dabei gibt es auch sonst in Italien ganz ausgezeichneten Spumante. Und die edelsten Perlen kommen nun mal aus der Franciacorta, natürlich nicht nur von Ca’ del Bosco, sondern zum Beispiel auch von Bellavista* …«
    »Der Gran Cuvée Brut ist göttlich.«
    »… oder von Uberti*.«
    »Da gibt’s den Comarì del Salem, richtig?«
    »Korrekt, übrigens ein hervorragender Jahrgangs-Spumante. Es dürfte nicht viele Amerikanerinnen geben, die das wissen.«
    »Erstens bin ich die Tochter eines italienischstämmigen Weinbauern«, relativierte Sabrina ihre Leistung, »und zweitens würde ich auf diese privilegierten Kenntnisse gerne verzichten, wenn ich stattdessen wüsste, wer ich bin, was ich in der Vergangenheit erlebt habe – und was an jenem Tag passiert ist, an dem Eva-Maria ihr Leben lassen musste.«
    »Diese Erinnerung gibt’s leider nicht im Austausch für eine andere, wir müssen uns also in Geduld üben«, sagte Hipp.
    Sabrina sah ihn zweifelnd an. »Geduld? Gehört es eigentlich zu dieser Tugend, aggressive Fragen zu stellen?«
    »Wie meinst du das?«
    Eigentlich hatte sie nicht darüber sprechen wollen. Aber wenn sie ihre Harmonie bewahren wollten, war

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