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Hippolyt Hermanus 01 - Vino Criminale

Hippolyt Hermanus 01 - Vino Criminale

Titel: Hippolyt Hermanus 01 - Vino Criminale Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Böckler
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Burgund. Das ist nun mal ein historisches Faktum. Immerhin stammten unsere Savoyer aus Chambéry. Und auch unser großartiger Camillo Benso di Cavour, dem wir unser geeintes Italien verdanken, war französischer Abstammung, Gott sei’s geklagt. Und sein Kellermeister Louis Oudart war gar ein waschechter Franzose, was zu bedauern, aber nicht mehr zu ändern ist. Wie auch immer, jedenfalls verstehen wir einiges von Terroir und …«
    »Sie sagten, die Pflicht habe Sie hierher geführt?«, unterbrach Fabri Maresciallo Vibertis Redefluss.
    »Natürlich, was denn sonst? Die Pflicht und mein Verantwortungsgefühl. Ich habe Ihnen etwas mitgebracht …« Viberti stellte das Glas ab, holte ein zusammengefaltetes Blatt Papier aus seiner Uniformjacke und setzte ein bedeutungsvolles Gesicht auf. »Wir haben eine Spur Ihres Vaters.«
    »Wo ist er?«, fragte Fabri aufgeregt. »Geht es ihm gut?«
    »Wie es scheint, geht es ihm hervorragend. Hoffentlich übernimmt er sich nicht.«
    Fabri versuchte vergeblich, Viberti das Papier aus der Hand zu nehmen. »Wobei soll er sich nicht übernehmen?«
    »Habe ich Ihnen schon erzählt, dass ich seine Exfreundin Carlotta in Asti besucht habe? Dio mio, ein Vollblutweib.«
    »Sagen Sie das nur nie meiner Mutter.«
    Viberti bekreuzigte sich. »Und Sie nicht meiner Frau.«
    »Ist mein Vater also wieder bei ihr?«
    »Nein«, der Maresciallo hüstelte, »erfreulicherweise nicht. Wir haben eine anonyme E-Mail bekommen, von jemandem, der Ihren Vater vor einigen Tagen in Venedig gesehen hat, in Begleitung zweier blonder Frauen.«
    »In Venedig? Mit zwei Frauen?«
    Viberti verdrehte genussvoll die Augen. »Sì, Venezia, la Serenissima, ein perfekter Ort für eine Romanze mit zwei vollbusigen Weibern.«
    »Wer sagt, dass sie vollbusig sind? Steht das auch in dieser E-Mail?«
    »Das steht natürlich nicht drin. Aber ich kenne Carlotta, ich bin mir sicher, die beiden Frauen an seiner Seite haben …«, er machte eine ausholende Bewegung, »… solche Ohren, wenn Sie verstehen, was ich meine. Könnte ich noch etwas Weißwein haben?«
    »Gerne, aber nur, wenn Sie mir endlich diese verdammte E-Mail geben.«
    »Ich bin nicht bestechlich, aber bitte, hier, lesen Sie.«
    Fabri faltete das Blatt auf und überflog die wenigen Zeilen. Tatsächlich behauptete der Absender, seinen Vater in Venedig gesehen zu haben. Nicht nur das, er habe sogar mit ihm gesprochen. Dem alten Gianfranco Angelo gehe es gut. Viel zu gut für einen Mann, der seine Familie schmählich im Stich lasse, um sich zu amüsieren. In Begleitung zweier junger Frauen, die sich von dem Figlio di puttana aushalten lassen. Deshalb sehe es der Zeuge als seine christliche Pflicht an, die Carabinieri in Alba zu verständigen. Es könne doch nicht angehen, dass ein offenbar geistig verwirrter Winzer sein erspartes Geld mit jungen Flittchen durchbringt, während seine verlassene Frau in der Kirche Santa Maria darum betet, dass ihr Mann zurückkehrt.
    »Stimmt das? Betet Ihre Mutter in der Chiesa Santa Maria?«, fragte Viberti.
    »Ja, sie tut das fast jeden Tag«, bestätigte Fabri.
    »Der Zeuge scheint glaubwürdig«, stellte Viberti zufrieden fest.
    »Aber warum hat er dann seinen Namen nicht genannt? Kann man keinen Absender feststellen?«
    »Die E-Mail wurde in einem Internet-Café in Venedig aufgegeben. Er hat ein spezielles Programm verwendet, in diesem Fall gibt es keinen Absender. Warum der Zeuge seinen Namen nicht genannt hat? Wollen Sie meine persönliche Meinung hören?«
    »Sì, certo.«
    »Nun, ich habe, wie Sie sich denken können, viel Lebenserfahrung. Als Maresciallo bei den Carabinieri sind mir alle Facetten der menschlichen Existenz vertraut. Also, warum hat der Zeuge seinen Namen nicht genannt?« Viberti zog die Augenbrauen bedeutungsvoll nach oben und nahm einen Schluck aus dem Weinglas. »Die Erklärung ist einfach. Meine These: Auch unser anonymer Moralapostel ist nicht frei von Sünde. Er war selbst in Begleitung einer Frau, von der sein Eheweib nichts wissen darf. Das kommt in Venedig häufig vor. Das Plätschern am Canal Grande, die Gondeln, Vivaldi … È cosi semplice.«
    »Aber warum hat er dann meinen Vater angeschwärzt?«
    »Aus Neid. In fast allen Fällen ist Neid ein wesentliches Motiv. Weil Gianfranco gleich zwei Frauen bei sich hatte, die zudem wahrscheinlich viel jünger und schöner als seine Begleitung waren. Ganz abgesehen von …«, Viberti schnalzte mit der Zunge und formte zwei große Halbkreise in die Luft, »…

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