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Hippolyt Hermanus 01 - Vino Criminale

Hippolyt Hermanus 01 - Vino Criminale

Titel: Hippolyt Hermanus 01 - Vino Criminale Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Böckler
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arbeite unter anderem an einem Fragebogen, berichtete er Talhammer, für die Mitarbeiter im Mailänder Büro. Sabrina glaubte ihm kein Wort.
    »Nein, da sehe ich kein Problem«, sagte Hipp. »Wir tarnen das einfach als psychologischen Test im Rahmen der beruflichen Fort- und Weiterbildung. Auf diese Weise komme ich zu differenzierten Persönlichkeitsprofilen, die Aufschluss geben könnten …«
    Talhammer schien von diesem Vorschlag nicht sehr angetan. Wie er ja überhaupt, wie sie von Hipp wusste, die Mailänder Mitarbeiter für unschuldig hielt.
    »Ja, natürlich«, ging Hipp auf ihn ein, »ich werde auch andere Möglichkeiten in Erwägung ziehen. Obwohl …«
    Sabrina kannte dieses Spiel. Gleich würde er eine Ausflucht suchen, um das Gespräch zu beenden.
    »Mein lieber Karl, tut mir Leid, ich muss aufhören. Mein Auto steht im Halteverbot, und ich bekomme gerade einen Strafzettel. Sì, sì, subito.«
    Hipp schaltete das Handy aus und steckte es entspannt in die Jackentasche.
    »Unser Auto steht ganz ordnungsgemäß auf dem Parkplatz hinter dem Palazzo Pitti«, erwähnte Sabrina beiläufig.
    »Tatsächlich?«

    Am Nachmittag verließen sie Florenz und fuhren auf der Via Chiantigiana an Poggio Ugolino vorbei, den Rebstöcken folgend, gen Süden. Als sie eine Tafel mit dem Gallo Nero des Consorzio Chianti Classico passierten, erzählte Hipp eine Legende von zwei Reitern, die einst im sportlichen Wettstreit die Grenze im Chianti bestimmen sollten. Beim ersten Hahnenschrei sollten sie aufbrechen und von Florenz und Siena aus aufeinander zureiten. Dort, wo sie schließlich aufeinander trafen, würde fortan die Grenze zwischen den beiden verfeindeten Republiken verlaufen. Allerdings hatten die Sieneser nicht mit den Weinbauern auf dem Land gerechnet, die dem Reiter in Florenz einen völlig abgemagerten Hahn schenkten, ebenjenen Gallo Nero. Da dieser, vom Hunger gepeinigt, schon weit vor Tagesanbruch zu krähen anfing, war der Reiter aus Florenz bereits in Sichtweite von Siena, als ihm sein überraschter Rivale entgegenkam. Und so fiel das Chianti Classico schon im Mittelalter fast zur Gänze an Florenz.
    Gallo Nero? Schwarzer Hahn? Sabrina konnte der Geschichte nur mit verminderter Aufmerksamkeit folgen, zu sehr war sie in Gedanken bei dem bevorstehenden Termin. Sie wunderte sich über Hipps Gelassenheit, waren sie doch unterwegs zu jenem Mann, der allem Anschein nach hinter den Anschlägen auf ihr Leben steckte. Wie konnte Hipp zunächst entspannt durch Florenz schlendern und jetzt über ein mangelernährtes Federvieh schwadronieren, wo doch die Stunde der Wahrheit nahte? War Giovanni Martino der Mörder von Eva-Maria? Hatte er die Nachtschwester Margherita auf dem Gewissen? War er es, der sie in Südtirol hatte zu Tode stürzen wollen? Und wenn ja, warum? Aus blinder Eifersucht und jetzt, um eine unliebsame Zeugin zu beseitigen? Eine Zeugin, die sich an nichts mehr erinnern konnte! Was für eine Ironie des Schicksals.
    »Der Gallo Nero wurde später zum Wappentier der Lega del Chianti. Und es war kein Geringerer als Cosimo III . de’ Medici, der 1716 …«
    Cosimo de’ Medici? Der gute Mann war doch schon lange tot. Aber Giovanni Martino, der lebte. Wenn Giovanni wirklich gestehen sollte, wenn er erzählen sollte, was vorgefallen war an jenem Tag im Piemont, an dem Eva-Maria starb, ja, wenn er all dies zu Protokoll geben würde, dann war das vielleicht der Schlüssel zu ihrem Gedächtnis. Sabrina atmete tief durch. Es bedurfte nur einiger Hinweise, so hoffte sie, dann würde ihr alles wieder einfallen. Alles. Ob es ihr gefiel oder nicht.

    In Castellina in Chianti angekommen, begleitete Hipp Sabrina zur Antica Trattoria La Torre* an der Piazza Castello. Von hier war es nicht weit zu Giovannis Enoteca. Er nahm ihr das Versprechen ab, ihm nicht zu folgen. Sollte er in einer Stunde nicht zurück sein, dürfe sie die Polizei benachrichtigen – aber dazu würde es nicht kommen, da könne sie ganz beruhigt sein.
    »Und wenn Giovanni Martino gar nicht da ist?«, zog Sabrina diese Möglichkeit in Betracht.
    »Er wird da sein. Ich habe vorhin angerufen.«
    »Du hast was?«
    Hipp lächelte. »Unter einem falschen Namen, als du für kleine Mädchen …«
    »Pass auf dich auf.« Sie umarmte ihn und gab ihm einen Abschiedskuss.
    Hipp ging die Via Fiorentina entlang, einige Stufen hinunter, wendete nach links, ging durch einen Torbogen, dann wieder rechts, schon sah er das Schild von Giovannis Enoteca. Er blieb vor dem

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