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Hippolyt Hermanus 02 - Toedlicher Tartufo

Hippolyt Hermanus 02 - Toedlicher Tartufo

Titel: Hippolyt Hermanus 02 - Toedlicher Tartufo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Böckler
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e tartufi. Im Schaufenster entdeckte er neben Flaschen renommierter Winzer wie Bruno Giacosa und Pio Cesare kultigen Grappa von Romano Levi und Gläser mit Akazienhonig con tartufo, Trüffelmayonnaise und eine Crema di zucca e tartufo.

    Wenig später saß er mit Carlo Giardina an einem kleinen Marmortisch. Vor ihnen standen zwei Rotweingläser mit Dolcetto*, und auf einem karierten Geschirrtuch waren einige Trüffeln ausgebreitet. Schön sahen sie nicht aus, die knolligen Edelpilze, aber sie verströmten ein unvergleichliches Aroma, das ihre Ästhetik relativierte und Trüffelliebhaber in Verzückung versetzen konnte. Schon in der Antike hatte die Trüffeln eine mystische Aura umgeben, hatte man ihnen wie Pythagoras eine aphrodisierende Wirkung zugesprochen und geglaubt, dass sie nicht nur die Sinne betören, sondern auch die Manneskraft steigern und Frauen in venusgleiche Liebesgöttinnen verwandeln könnten. Aber auch bei nüchterner Betrachtung konnte man sich ihrer Magie kaum entziehen. Ob es stimmte, dass der animalische Geruch der Trüffeln etwas mit den Ausdünstungen eines paarungsbereiten Ebers zu tun hatte? Jedenfalls konnte Hipp auch jene sensiblen Nasen verstehen, die wie Sabrina mit der olfaktorischen Wucht einer weißen Trüffel so ihre Probleme hatten. Carlo erzählte, dass er die Trüffeln heute Morgen gefunden habe. Das heißt, genau genommen nicht er, sondern sein Hund, am Fuße einer Eiche. Trüffeln, die unter Eichen wüchsen, seien am besten, erklärte er. Weidentrüffeln zum Beispiel hätten ein weniger intensives Aroma. Spätestens beim Hobeln seien die Unterschiede auch optisch wahrzunehmen. So hätten Eichentrüffeln karamellfarbige Adern, die von Weiden seien rosa marmoriert. Auch an den Wurzeln von Pappeln, Platanen, Buchen, Linden und Nussbäumen finde man Trüffeln.

    Hipp wusste, dass das vor ihm auf dem Tisch Tartufi bianchi waren, weiße Alba-Trüffeln, die man auch Piemont- oder Herrentrüffeln nannte. Die Saison für Tartufi bianchi war im Herbst, von Ende September bis Dezember. Aber was war mit den anderen Trüffeln? Es gab doch auch schwarze und rosafarbene, und das zu allen möglichen Jahreszeiten? Aus Frankreich kannte er die Périgord-Trüffel*.
    Seine Frage nach den verschiedenen Erscheinungsformen beantwortete Carlo zunächst mit einem stillen Lächeln, nahm einen Schluck vom Dolcetto und verschränkte die Arme.
    »Allora, machen wir ein kleines Trüffelseminar für Anfänger, un corso introduttivo al tartufo. Die Trüffel ist ein Edelpilz, der sich unter der Erde versteckt, d’accordo? Über ihr Fadengeflecht, den Myzel, bildet die Trüffel eine Lebensgemeinschaft mit den Wurzeln der Bäume. Das ist wie bei einer Ehe, ein gegenseitiges Nehmen und Geben. Wird die Trüffel ausgegraben, ist die Ehe geschieden. Der Tartufo bianco heißt auf Lateinisch Tuber magnatum Pico, benannt nach dem Turiner Botaniker Vittorio Pico, der im 18. Jahrhundert die Trüffel erforscht hat. Ecco, für uns hier im Piemont gibt es keinen Zweifel, dass der Tartufo bianco die beste Trüffel der Welt ist, punto! Natürlich ist er auch am teuersten, logico!«
    »Aber es gibt ihn nicht nur in Alba, oder?«, fragte Hipp vorsichtig an.
    »Nein, unglückseligerweise findet man den Tartufo bianco auch in der Umgebung von Asti und im Monferrato*«, gab Carlo eher widerstrebend zu. »Rein botanisch wächst der Tuber magnatum Pico sogar in der Emilia-Romagna*, in den Marken*, in der Toskana*, dort vor allem südlich von San Miniato*, in Umbrien*, leider auch in Istrien*. Da hat der hochverehrte Dottor Pico einen gravierenden Fehler gemacht. Die Trüffeln dort sind allenfalls ferne Verwandte, sie können an die Qualität unserer Spezies nicht heranreichen, das wird Ihnen jeder Experte bestätigen.«
    »Jedenfalls jeder Experte aus Alba. Aber kommen wir zu den anderen Trüffeln …«
    »Sì, sì, volentieri. Im Dezember beginnt die Saison des Tartufo nero pregiato*. Die schwarze Edeltrüffel heißt auf Lateinisch Tuber melanosporum. Melano wie schwarz. In Frankreich ist das die Périgord-Trüffel. Diese Trüffel hat weniger intensive Aromen, sie ist ganz ordentlich, aber natürlich nicht annähernd so gut wie unsere Alba-Trüffel.«
    »Was Franzosen vermutlich etwas anders sehen«, warf Hipp ein.
    Carlo zuckte mit den Schultern. »Mag sein, aber würde der Tartufo nero sonst weniger als die Hälfte kosten? Die Périgord-Trüffel ist gut für eine Gänseleber-Pastete, da will ich nichts sagen, aber über

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