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Hippolyt Hermanus 02 - Toedlicher Tartufo

Hippolyt Hermanus 02 - Toedlicher Tartufo

Titel: Hippolyt Hermanus 02 - Toedlicher Tartufo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Böckler
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verzichten. Aber die Spiegeleier mit einer Grattata di tartufo bianco dürfen wir uns keineswegs entgehen lassen.«

25
    V or einigen Jahren war Carlo Giardina beim Paglio degli Asini, beim Eselspalio, in Alba mitgeritten. Nein, nicht auf einem Esel im eigentlichen Rennen, sondern in einem historischen Kostüm im vorausgehenden Umzug. Wie er wusste, traf Ähnliches auch auf Cesare zu, was das anstehende Gespräch nicht gerade einfacher machte. Denn Cesare kam aus Asti. Der dortige Palio wird wie in Siena auf ungesattelten Pferden geritten. Seine Tradition reicht zurück bis ins 13. Jahrhundert. Und mindestens so alt ist die Rivalität zwischen Alba* und Asti*. Als reiche Stadtrepublik hatte Asti im Piemont lange Zeit eine dominierende Rolle gespielt, sogar die Savoyer geschlagen und Turin beherrscht. 1259 wurde schließlich auch Alba von Asti erobert. Um ihre Nachbarn zu provozieren, hielten am 10. August 1275 die Astigiani ihren Palio direkt vor den Stadtmauern von Alba ab. Dies ausgerechnet am Tag, als Albas Einwohner ihren Schutzpatron San Lorenzo feierten. Als es wegen des Palios erneut zu einem Zwischenfall kam, hob Alba den Eselspalio aus der Taufe – mit dem erklärten Ziel, Asti zu verspotten. Denn der Ausgang des Rennens hängt weniger vom Geschick der Reiter ab, sondern wird vom Eigensinn der Esel bestimmt, die in Führung liegend plötzlich stehen bleiben oder sogar die Richtung wechseln.

    Zwar machten Carlo und Cesare schon seit Jahren Geschäfte miteinander, aber enge Freunde waren sie in der Zeit nicht geworden. Mal stritten sie über die Hagelkanonen, mit denen Alba die Wolken vertrieb, um seine Weinberge zu schützen. Nach Cesares fester Überzeugung wurde der Hagel genau in Richtung Asti geschoben. Dann revanchierte sich Carlo, indem er die überwältigenden Vorzüge des Nebbiolo* aus Alba lobte – und wider besseren Wissens den Moscato aus Asti schmähte.
    Heute war er behutsamer, verkniff sich alle Seitenhiebe, war von einer fast übertriebenen Freundlichkeit. Er ging sogar so weit, die Qualität der Trüffeln aus Asti zu loben. Womit er den gewünschten Übergang zum eigentlichen Thema geschafft hatte. Denn eingedenk der Aufforderung seiner Schwester begann er Cesare vorsichtig auszuhorchen. Ob ihm das Waldstück vertraut sei, wo sein Schwager erschossen worden sei, wollte er wissen. Tatsächlich war Cesare gut informiert, er kannte dort fast jeden Baum, auch die finsteren Legenden, die sich um diesen Wald rankten, die Märchen von der alten Hexe und der riesigen Fledermaus. Auch schien Cesare mit den meisten Trüffelsuchern der Region gut bekannt. Für diese könne er seine Hand ins Feuer legen, versicherte er. Sie würden gerne Reifen aufstechen, das schon, vor allem von Autos aus Alba. Aber bereits das Vergiften von Hunden sei verpönt, erst recht erschieße man nicht jemanden. Auch konnte sich Cesare nicht vorstellen, dass ein Jäger Ildefonso aus Versehen eine Kugel in den Rücken gejagt habe. Um solche Zwischenfälle zu vermeiden, sei es üblich, dass die Jäger erst dann auf die Pirsch gingen, wenn die Trüffelsucher den Wald längst verlassen hätten. Als Carlo nachfragte, musste er zugeben, dass zeitliche Überschneidungen unvermeidlich waren. Wie sonst sei es zu erklären, dass es immer wieder mal zu Unfällen komme?
    Cesare bot Carlo eine Wette an. Falls man den Täter finden sollte, wofür allerdings nicht sehr viel sprach, dann würde sich ganz gewiss herausstellen, dass er nicht aus Asti stammte. Er sei bereit, einen Korb mit weißen Trüffeln darauf zu setzen. Carlo hielt dagegen, ließ sich dabei nicht lumpen und erhöhte seinen Wetteinsatz mit einer Kiste Barbaresco.

26
    N och am späten Nachmittag fuhr Hipp von Alba nach Parma*. Er nahm sich ein Zimmer in einem etwas auswärts gelegenen Hotel, ging abends in der Altstadt spazieren, die Via Cavour entlang, über die Piazza Garibaldi in die Strada Farini. In der Trattoria del Tribunale aß er zu Abend: Piatto misto di salumi, Tagliolini al culatello, Tagliata di manzo all’aceto balsamico. Schließlich saß er in der Hotelbar am offenen Kaminfeuer, um noch einen Amaro zu trinken, vor sich auf dem Tisch sein Notebook. Er klickte durch die E-Mails, die er von Rettensteins Computer heruntergeladen hatte. Korrespondenz mit einer Journalistin wegen eines Interviews. Eine Bestellung von zwei Kisten Barbera. Nicht schlecht, er persönlich hätte einen anderen Jahrgang bevorzugt. Eine heftige Diskussion mit seinem Partner Amedèo

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