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Hippolyt Hermanus 02 - Toedlicher Tartufo

Hippolyt Hermanus 02 - Toedlicher Tartufo

Titel: Hippolyt Hermanus 02 - Toedlicher Tartufo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Böckler
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besonders klug war, was er jetzt tat, wusste er selber nicht. Die Bewertung hing vom Ausgang seines Ausflugs ab. Er stieg über eine Mauer, lief über einen Hinterhof und fand die beschriebene Tür in den Keller. Ginas Haus teilte sich mit dem angrenzenden Gebäude den Waschraum, durch den man von hinten in ihr Treppenhaus gelangen konnte. Innen an der Eingangstür vorbeikommend, sah er den Schatten des davor wartenden Carabiniere. Hipp eilte hinauf in den zweiten Stock, öffnete Ginas Tür und schlüpfte in ihre Wohnung.
    Er nahm das Handy und rief Gina an. »Okay, ich bin drin. Mich hat keiner gesehen, Sie hätten das auch selbst machen können.«
    »Aber wenn ich jemandem begegnet wäre …«
    »Schon klar. Die Carabinieri halten nach einer Frau Ausschau. Also, wo soll ich anfangen?«
    Gina beschrieb ihm die Schubladen, in die sie den Inhalt ihrer Handtaschen zu schütten pflegte, Quittungen, Notizzettel, Tankbelege. Er nahm eine Reisetasche vom Schrank und stopfte alles hinein. Außerdem ein ledergebundenes Büchlein mit Telefonnummern, das Ladekabel für ihr Telefonino, ihre Brieftasche mit Führerschein, Ausweis und etwas Geld. Auch einen großen Notizblock, aus dem einige Seiten herausgerissen waren. Das Format passte zu den Drohbriefen. Als Nächstes lotste sie ihn ins Bad und nannte ihm die Toilettenartikel, die er einpacken solle. Etwas intim war es schon, was er gerade tat, aber Schamgefühle waren angesichts ihrer Situation fehl am Platz. Praktischerweise sah das auch Gina so.
    Dann ging es ins Schlafzimmer. Sie entschuldigte sich dafür, dass sie sich in der Früh nicht die Mühe gemacht habe, das Bett zu richten, aber sie habe nicht mit Herrenbesuch gerechnet. Das Kopfkissen lag am Fußende, die Bettdecke am Boden. Ob in der Tasche noch Platz sei, fragte Gina. Das hänge ganz davon ab, wie groß ihre Garderobe ausfalle, antwortete er. Im Kleiderschrank links einige Slips und Polos, darunter die Socken, zwei Pullis und die blauen Jeans. Ob sie ein Abendkleid brauche, wollte sie lachend wissen. Nein? Das habe sie sich schon gedacht. Dann spreche auch nichts gegen die Joggingschuhe. Und der rote Anorak, schließlich hätten sie Herbst, und es könne kalt werden. Hipp verkündete, dass die Tasche voll sei, aber die Jacke könne er unter den Arm nehmen. Ob sie etwas vergessen habe, wollte er wissen, ein zweites Mal schleiche er sich nämlich nicht in ihre Wohnung. Ja, die Pflanze vom Fensterbrett, die müsse er unbedingt mitbringen, die brauche regelmäßig Wasser und frische Luft, sonst gehe sie ein. Das komme nicht in Frage, protestierte Hipp. Er werde nicht mit einer Topfpflanze in der Hand über eine Mauer klettern. Sonst noch was? Nein. So, jetzt nichts wie weg. Viel Glück – und bitte gut absperren.

    Hipp spähte hinter dem Vorhang auf die Straße, wo gegenüber der Wagen der Carabinieri parkte. Er nahm sich die Zeit, noch einmal durch die Wohnung zu gehen und auf Details zu achten. Das Bild ihrer Mutter über dem Sofa. Eine Halskette mit goldenem Herz am Spiegel. Ein Expander und Hanteln fürs Krafttraining. Kein Wunder, dass Gina so muskulös war. Im Nachtkästchen eine Schublade mit Fotos. Gina beim Klettern im Fels, mit einer etwas älteren Freundin auf einem Segelboot, den Kopf in ihrem Schoß, in den Armen eines Mannes, mit blonder Perücke beim Tanzen, auf ihrer Vespa mit Rucksack, Bilder mit fremden Gesichtern, dann wieder sie selbst, beim Karatetraining – und nackt auf einem Handtuch in der Sonne liegend. »Und führe mich nicht in Versuchung«, flüsterte er.

    Hipp eilte über den Hof, warf die Tasche über die Mauer, kletterte hinterher – und stand vor seinem verlassenen Auto. Mit einem Blick erkannte er, dass der Zündschlüssel abgezogen war …
    »Hier bin ich!«, rief Gina und kam hinter einer Plakatsäule hervor. »Wo ist die Pflanze?«
    »Keine Pflanze, aber ich brauch den Autoschlüssel.«
    »Sie bringen es wirklich übers Herz, eine Pflanze umzubringen?«
    »Darf ich Sie an die Katze erinnern, die Sie vergiftet haben? Außerdem sind Sie hoffentlich in wenigen Tagen zurück.«
    »Hoffentlich!«
    Sie verstauten die Reisetasche. Die Giulietta sprang sofort an. Zwar gab es eine kurze Fehlzündung, dann aber signalisierte das tiefe Brummen des alten Alfamotors uneingeschränkte Arbeitsbereitschaft. Hipp fuhr langsam hinter Ginas Haus entlang, Blinker links …
    »Porca miseria«, entfuhr es Gina, als ihnen aus der Seitenstraße ein Streifenwagen der Carabinieri entgegenkam. Hipp,

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