Hippolyt Hermanus 02 - Toedlicher Tartufo
überstellen. Ich weiß diese kollegiale Hilfe sehr zu schätzen. Auch glaubt man jetzt, den Fahrer des Alfas zu kennen. Es könnte also gut sein, dass man auch nach ihm Ausschau hält, wenn Sie verstehen?«
»Doch, das ist nachvollziehbar.«
»Verdacht auf Beihilfe zur Flucht eccetera, eccetera. Das ist natürlich purer Unsinn. Aber meine Kollegen lassen sich in ihrem gut gemeinten Tatendrang kaum bremsen. Mich würde interessieren, wie Sie die Situation einschätzen. Halten auch Sie die Signorina für verdächtig?«
»Nein, nicht mehr. Aber ich vermute, dass es ihr schwerfällt, ihre Unschuld zu beweisen.«
»Das ist unangenehm. Hoffentlich hat sie jemanden, der ihr bei der Lösung dieses Problems hilft.«
»Ich denke schon«, sagte Hipp vorsichtig.
»Nun, das sollte möglichst schnell geschehen, sonst könnten die beiden Herrschaften in ernste Probleme geraten – und ich würde einen Freund verlieren.«
»Einen Freund?«
»Sì, Dottore, einen Freund, dem ich entgegen jeder Vernunft auch jetzt vertraue. Obwohl meine Kollegen schon die absurdesten Ideen entwickelt haben.«
»Was für Ideen?«
»Nun, dass dieser Mensch schon seit langem mit der Signorina befreundet sei, dass sie gemeinsam den Plan ausgeheckt hätten, Rettenstein umzubringen, um an das Erbe zu kommen. Und dass er jetzt versuche, die Schuld Signor Zorzi in die Schuhe zu schieben. Womöglich wäre er auch für den Tod an Steinknecht verantwortlich, aus Motiven, die noch im Dunkeln lägen. Immerhin sei er zum Zeitpunkt des Mordes in Parma gewesen. Wie ich schon sagte, eine absurde Idee.«
»Geradezu haarsträubend!«, bestätigte Hipp.
»Selbstverständlich, aber irgendwie beunruhigend. Ich würde es begrüßen, wenn sich diese Theorie schnellstmöglich ad absurdum führen ließe. Es wäre wichtig, die Unschuld der Signorina zu beweisen und auch die Verstrickung ihres gegenwärtigen Begleiters zu widerlegen. Sie verstehen mich?«
»Durchaus, vielen Dank für den Hinweis.«
»Sobald das erledigt ist, würde ich mich sehr über einen Besuch von Ihnen freuen. Ich habe da ein neues Lokal entdeckt. Die Zampone mit Kastanienpüree, ich sage Ihnen, eine Köstlichkeit.«
»Schweinepfote? Dürfte ich was anderes bestellen?«
»Natürlich, aber Sie sollten sich das überlegen. Die Schweinepfote wird in Scheiben geschnitten, dazu eine feine Kräutersauce.«
»Ich denk darüber nach«, sagte Hipp.
»Tun Sie das. Übrigens hätte ich nichts dagegen, wenn Sie mir bei dieser Gelegenheit sagen könnten, wer nun wirklich Rettenstein umgebracht hat. Wenn es denn nicht Gina Zazzari gewesen ist. Auch an Steinknechts Mörder wäre ich interessiert, obwohl die Angelegenheit nicht in meinen Zuständigkeitsbereich fällt. Mit Rettenstein wäre ich schon zufrieden. Grüßen Sie die Signorina von mir.«
»Welche Signorina?«, fragte Hipp.
Viberti lachte. »Mi scusi, ich vergaß. Passen Sie auf sich auf. Und denken Sie an meine Worte.«
»Schnellstmöglich …«
»Nein, die Zampone mit Kastanienpüree, ein Hochgenuss!«
45
L ieber hätte sich Ugo Zorzi mit Michail in Modena bei Fini getroffen, hätte Ravioli mit Tartufi bestellt, Brasato di vitello und dazu einen Tignanello*. Er wusste, dass Michail auf die Annehmlichkeiten des Lebens großen Wert legte. Und ein Tignanello gehörte bei ihm dazu. Er trank diesen teuren Wein aus der Toskana so selbstverständlich wie andere Menschen Coca-Cola.
Aber nach dem Gespräch mit Maresciallo Viberti hielt es Zorzi für klüger, sich mit Michail nicht in der Öffentlichkeit sehen zu lassen. Also war der Russe nach Geschäftsschluss in die Fasshalle von Zorzis Acetaia gekommen.
Ein Weinkeller wäre ihm lieber gewesen, sagte Michail. Er werde es nie verstehen, warum man sich mit dem Essig so viel Mühe mache. Es sei doch ökonomischer Unsinn, zwölf oder fünfundzwanzig Jahre zu warten, bis man ein Produkt verkaufen könne. Und dabei werde der Aceto noch dazu immer weniger. Statt den Traubenmost einzukochen, hätte man ihn besser zu Wein vergoren, dann hätten sie wenigstens was zum Anstoßen.
Lächelnd stellte Zorzi zwei Gläser auf die kleinen schwarzen Fässer, zauberte eine Flasche Tignanello hervor, die bereits entkorkt war, und goss ein. Daran solle es nicht scheitern, sagte er. Salute! Nastrowje!
Ob er über Steinknecht mit ihm reden wolle, fragte Michail. Natürlich, bestätigte Zorzi. Der Tod seines Partners komme zu einem ziemlich ungelegenen Zeitpunkt. Michail lachte. Der Tod komme immer ungelegen, vor
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