Hirngespenster (German Edition)
diesmal sogar unter das Licht der grellen Küchenlampe und spähte hinein. Schließlich stellte sie die Tasse ab und fuhr sich über die Schürze.
»Was hast du gesehen?«, stieß Sabina ungeduldig hervor und strich sich eine braune Haarsträhne aus der Stirn. »Wird alles gut?«
Olga grinste künstlich. »Nicht einfach ist zu sagen.«
»Warum nicht?«
»Fier dich geht gut aus.«
Sabina strahlte. »Echt? Meine Güte, das ist doch super! Muss ich also nicht zahlen?«
Olga hob die Schultern. »In Prinzip nicht.«
»Im Prinzip? Mein Gott, Olga, spann mich doch nicht so auf die Folter! Sag, was los ist!«
Olga wischte mit der flachen Hand unsichtbare Krümel von der Tischplatte. Wieder warf sie Sabina einen merkwürdigen Blick zu.
Sabina rief: »Du machst mich wahnsinnig! Es war ausgemacht, dass du mir alles sagst, was du siehst! Funktioniert mein Plan mit seinen Eltern? Oder funktioniert er nicht?«
Olga hob die Schultern. »Weiß ich nicht. Habe ich keine Eltern gesehen!«
»Nicht? Die Oma vielleicht?«
»Nein.«
»Aber genau danach solltest du doch schauen!«
»Ist nicht wahr! Sollte ich schauen, ob du musst bezahlen oder nicht!«
»Oh Mann! Und warum geht nur ›im Prinzip‹ alles gut aus?«
»Musst du Geld nicht bezahlen.«
Sabina betrachtete sie misstrauisch. »Und was ist die schlechte Nachricht?«, fragte sie lauernd.
Olga seufzte. »Ach Kindchen, immer fragst und fragst. Egal ist, oder? Musst nicht bezahlen. Basta.«
Sabina knirschte mit den Zähnen. Sie hätte zu einer professionellen Kaffeesatzleserin gehen sollen, da hätte sie fünfzig Euro bezahlt und man hätte ihr gesagt, was Sache war. Aber nein, Olga hatte ihre eigenen Regeln. »Ich will jetzt wissen, was los ist«, knurrte sie.
»Na gut. Bist nicht zu verbessern. Stirbt jemand«, sagte Olga.
»Oh nein! Wer?«
»Kenne ich nicht, Frau ist.«
»Eine Frau? Und was hat das bitteschön mit meinem Geld zu tun?«
Olga erhob sich und baute sich mit in die Hüften gestützten Händen vor Sabina auf. »Was glaubsts du, kann ich alles sehen in Kaffeesatz? Habe ich Frage gestellt in Kopf: Muss Sabina bezahlen Geld, ja oder nein? Habe ich gesehen: Stirbt Frau, Mann gibt dir Geld.«
»Hallo?«, sagte Sabina. »Warum sollte mir ein Mann Geld geben, wenn eine Frau stirbt? Olga, bitte, ich verstehe nur Bahnhof!«
»Lese ich dir nie wieder aus Kaffeesatz, Sabina, nie wieder!«, sagte Olga. »Normalerweise Leute geben mir fuffzehn Euro, wenn Sache geht gut aus. Unglaublich ist!«
Sabina zog den Kopf ein. Sie flüsterte: »Als du mich vor Alex gewarnt hast, was genau hast du da gesehen? War das auch so … unkonkret?«
Olga runzelte die Stirn. »Hhmm. Was habe ich gesehen? Hhmm, überlege ich.« Sie dachte angestrengt nach. Schließlich sagte sie: »Glaube ich, Schlisseldienst war.«
Sabina riss die Augen auf. »Du hast den Schlüsseldienst gesehen und mich deshalb vor Alex gewarnt?«
»Natirlich! Ist klar, wenn man ruft Schlisseldienst wegen Mann, dass nicht geht gut aus!«
Sabina legte den Kopf in die Hände. Mit letzter Kraft hauchte sie: »Soll ich jetzt zu den Eltern gehen oder nicht?«
Olga betrachtete sie prüfend. Dann schnaubte sie: »Mach was willsts. Aber wenn ich wäre an deine Stelle, wirde ich nicht machen. Bleibst du weg von Eltern. Macht Alex nur noch witender.«
Mittlerweile kenne ich Sabina und weiß, dass sie so gut wie nichts aus der Ruhe bringen kann. Außer ich natürlich, wenn ich Mist baue, wie sie sich ausdrückt. Liegt bestimmt daran, dass sie sich inzwischen nicht mehr so richtig gut bewegen kann mit ihrem dicken Bauch. Den streichelt sie die ganze Zeit und glotzt dann immer ganz versonnen in der Gegend rum. Dabei ist sie abgelenkt, und ich kann treiben, was ich will. Wenn sie mich aus meinem Zimmer rauslässt, dann hat sie mich normalerweise immer unter Beobachtung, damit ich ihr nicht wieder abhaue. Aber in letzter Zeit, da schweifen ihre Gedanken immer mal ab. So wie jetzt, da starrt sie auf die Tischplatte, die sie gerade abgewischt hat.
Auf einmal klingelt es, und Sabina watschelt zur Tür. Olga ist da! Schnaufend kommt sie an den Tisch und drückt mir einen Kuss drauf, so schnell kann ich gar nicht gucken.
»Was gibt es denn so Eiliges?«, fragt Sabina und gießt ihr und sich selbst einen Kaffee ein. Ich kriege keinen, für mich gibt es Apfelschorle.
»Sabina«, sagt Olga und holt nochmals tief Luft, »ich kindige.«
Sabina knallt die Thermoskanne auf den Tisch. »Warum das denn, um Gottes
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