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Hirngespenster (German Edition)

Hirngespenster (German Edition)

Titel: Hirngespenster (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ivonne Keller
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Disziplinarverfahren wegen schlampiger Ermittlungen. Pech gehabt.
    Ich machte kehrt und fragte über die Schulter hinweg: »Brauchen Sie mich noch?«
    »Wir würden gerne mit Ihrer Schwester reden«, sagte Ratz, aber seinem Gesichtsausdruck nach zu urteilen, hatte er keine Ahnung, was er sie fragen sollte. Er wirkte geradezu lustlos und scharrte wieder mit dem Fuß wie ein Teenager.
    »Gehen wir zu ihr«, sagte ich und klopfte mir auf den Oberschenkel, als riefe ich einen Hund. »Ich hab noch zu tun.«

    Jens saß noch immer bei Anna am Bett, und beide sahen erschrocken auf, als ich mit den Polizisten im Schlafzimmer erschien. Anna wirkte klar im Kopf, ihr Blick war zum ersten Mal wach. An ihrer Stelle wäre ich schon längst einmal aufgestanden, hätte mich selbst um alles kümmern wollen. Nicht eine einzige Frage hatte sie uns bisher gestellt, zum Beispiel was die Vorbereitungen für die Beerdigung anging – noch nicht einmal nach ihren Kindern hatte sie sich erkundigt. Ich überlegte, ob sie noch unter Schock stand und ob es klug war, die beiden Polizisten zu ihr zu lassen, doch da legte Ratz schon los.
    »Frau Ziegler«, begann er, »man hat heute Morgen Ihren Rasen abgeschält. Wussten Sie davon?«
    Anna betrachtete ihn nachdenklich und runzelte die Stirn. »Ich glaube nicht«, sagte sie. »Warum hat man das gemacht?«
    »Ihr Nachbar hat mir Auskunft gegeben, dass er es veranlasst hat. Der Termin heute habe schon lange festgestanden.«
    »Aha.«
    »Hat er öfters schon den Rasen abgeschält?«
    »Ich frage mich, wie das aussieht, ohne Rasen«, sagte Anna und setzte sich auf. »Ist er richtig weg?«
    Ratz schnaubte. »Morgen kommt neuer Rollrasen drauf. Ist auch schon länger geplant, sagt Herr Brückner.«
    Anna nickte. »Er kümmert sich um alles, was mit dem Garten zu tun hat. Er bekommt monatlich etwas dafür, aber fragen Sie mich bitte nicht, wie viel. Mein Mann hat … hatte … etwas mit ihm vereinbart. Ist das wichtig? Mit dem Rasen meine ich.« Sie blickte verständnislos von einem zum anderen.
    Ich war erleichtert. Anna war keine Schauspielerin, ihre Ahnungslosigkeit war zweifelsohne echt.
    Ratz schien das auch so zu sehen, er wechselte das Thema: »Wir haben mit dem Kindergarten gesprochen, und die Erzieherin sagte uns, sie wäre es gewesen, die Ihnen Bärlauchsalat empfohlen hat. Sie konnte gar nicht fassen, wie viel Glück Sie gehabt haben, dass Sie keinen Salat essen. Stellen Sie sich vor, Ihr Mann hätte Pesto zubereitet.«
    Anna nickte nur, und ich schluckte.
    »Nun«, fuhr Ratz fort, »nach unserem Besuch im Kindergarten waren wir im Wald und haben uns ein bisschen an der Stelle umgesehen, die uns die Erzieherin genannt hat. Dabei haben wir eine Herbstzeitlose gefunden.«
    Der Dicke sah ihn von der Seite an, kaute und nickte. Ich bemühte mich, nicht loszulachen. Was hatte er erwartet? Einen Wald ohne Herbstzeitlose? Er konnte auch in jeden x-beliebigen Schlosspark gehen, dort wimmelte es ebenfalls davon. Früher hatte ich immer geglaubt, es handele sich um Krokusse – außer dass sie nicht im Frühjahr blühten.
    Trotz allem wollte ich die beiden noch ein bisschen provozieren und zwinkerte: »Den Container würde ich an Ihrer Stelle noch durchkämmen. Vielleicht findet sich etwas – ein Beweisstück. Denken Sie nur an den Drecklappen, den Sie gefunden haben.«
    Ratz ignorierte mich und wandte sich wieder Anna zu. »Die Obduktion hat ergeben, dass Ihr Mann seinen inneren Verletzungen erlegen ist, die der Unfall verursacht hat. Ein Riss in der Milz, obendrein der Aufprall des Kopfes gegen die Seitenscheibe – er ist verblutet. Das Gift allerdings hätte ihn ebenfalls umgebracht – die Menge im Blut hätte ein Pferd töten können.«
    Lecker, dachte ich. Mehr Details, bitte. »Wie verbleiben wir jetzt?«, fragte ich.
    Er wandte sich wieder Anna zu: »Frau Ziegler, was wir aufgrund der Ermittlungen noch wissen müssten, ist, ob Ihr Mann eine Lebensversicherung hatte.«
    Plötzlich herrschte Stille im Raum, man hätte eine Stecknadel fallen hören können, trotz Teppich. Anna, Jens und ich hielten den Atem an, und ich hätte Ratz am liebsten einen Tritt verpasst. Wie konnte er sie das fragen, wo wir noch keine Gelegenheit gehabt hatten, mit ihr zu sprechen? Mein Herz sank – wir hatten den Moment verpasst, ihr von den unbezahlten Prämien zu erzählen. Und jetzt, hier, musste wieder ich die Sache aufklären. Immer ich! Hilfesuchend sah ich Jens an und überlegte, wie ich Ratz aus dem Raum

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