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Hirschgulasch

Hirschgulasch

Titel: Hirschgulasch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Graf-Riemann/Neuburger
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tatsächlich gewagt, mich zu betrügen. Wenn
du meinst, das ist okay für dich, soll’s mir recht sein. Aber ich kann mir
vorstellen, dass er auch dich bescheißen wird. Und dann werde ich auch einfach
nur okay sagen.«
    »Hör zu, Partner, weißt du, was mein Kapital ist? Dass es keinen
einzigen lebendigen Menschen gibt, der versucht hat, mich zu bescheißen. Das
müsstest du doch wissen. Ich sage das nur zu deiner Information, versteh das
nicht als Drohung. Was Wiktor betrifft, so wird er übermorgen bei mir oder in
einer Woche tot sein. Und egal, was er macht oder gemacht hat, du lässt die
Finger von ihm, denn er ist mein Mann, kapiert? Er hat dir meinen Koffer
gebracht, und wenn du zu blöd bist, bei der Übergabe nachzuzählen, dann ist das
ganz allein dein Problem.«
    Von Reichenberg steht an der Rezeption des Hotels Maritim im
dreiundzwanzigsten Stock des Frankfurter Hochhauses in der Innenstadt und fragt
nach Wiktor.
    »Tut mir leid, Herr Owtscharow ist bereits abgereist.«
    »Ach so? Gestern Abend war er aber doch noch da, ich habe ihn selbst
in der Stadt getroffen.«
    »Ja, tut mir leid.«
    »Wann ist er denn abgereist?«
    »Da muss ich nachsehen, Moment. Die Herrschaften sind gestern Nacht
noch abgereist.«
    »Ach! Und Sie wissen nicht zufällig, wohin?«
    »Tut mir leid.« Der schlanke Mann mit den dunklen Bartschatten auf
den Wangen schüttelt den Kopf.
    »Ach, wie dumm, dann haben wir uns jetzt wohl verpasst. Aber mein
Freund Wiktor hat mir sicher eine Nachricht hinterlassen.«
    »Bedaure, davon ist mir nichts bekannt.«
    »Dann liegt sie wahrscheinlich in seinem Zimmer, und er hat einfach
vergessen, sie bei Ihnen abzugeben. Dürfte ich da wohl einmal nachsehen?«
    Der Portier sieht ihn an. »Das geht leider nicht. Ich darf nur
Hotelgäste in die Zimmer lassen. Aber vielleicht kann ich einen Angestellten
rufen, der Sie begleitet.«
    Von Reichenberg zieht zwei Fünfzig-Euro-Scheine aus dem Portemonnaie
und schiebt sie über den Tisch. »In fünfzehn Minuten bin ich wieder da.«
    Der Portier steckt die Scheine ein und händigt ihm die Chipkarte
aus. »23-11, gleich hier links den Gang entlang und dann rechts. Aber beeilen
Sie sich bitte!«
    Von Reichenberg biegt in den Gang zu Zimmer 11 ein. Parkettboden,
weiße Wände mit farbigen Blockstreifen als Ersatz für Bilder. Design-Hotel
nennt man so etwas. Hochhaus-Hotel klingt ja auch nicht so gut.
    Als er die Chipkarte in den Schlitz steckt und die Tür entriegelt,
gibt es einen satten Ton. Als würde der Motor einer Luxuslimousine anspringen.
Wiktors Zimmer ist definitiv noch keinem Zimmermädchen in die Hände gefallen.
Das Bett ist zerwühlt, das Kofferbänkchen von der Wand gezerrt. Die
Fernbedienung für den riesigen LCD -Flachbildfernseher
liegt auf dem Boden.
    Von Reichenberg sieht ins Badezimmer. Frei stehende Badewanne auf
einem Sockel, Lautsprecher an den Wänden, eine Fußbodenheizung, die offenbar
voll aufgedreht ist, sonst würde er sie nicht sofort unter den Sohlen seiner
italienischen Lederschuhe spüren. Bartstoppeln im Waschbecken. Er geht zurück
ins Zimmer. Bückt sich neben das Bett, sieht nach, ob irgendetwas darunterliegt.
Nichts. Öffnet Schubladen und Schränke. Der Laptop-Safe steht offen, leer. Er
kniet sich ins Bett, dreht die Kissen um, steckt die Hand in die Mittelritze
der Doppelmatratze. Am Kopfende zieht er die Matratzen ein Stück hoch.
    Da, das Geräusch eines fallenden Blatts Papier, das mit der Kante
auf den Parkettboden auftrifft. Er steigt aus dem Bett, geht noch einmal in die
Knie. Ein DIN - A 4-Blatt.
Hoffentlich kein Informationsblatt aus dem Hotel. Der tägliche Frankfurter
Wetterbericht. Guten Morgen, lieber Gast. Ihr Hotel Blabla
sagt Ihnen gerne, welches Wetter Sie heute in Frankfurt und Umgebung erwartet.
Die Sonne wechselt sich mit einigen Wolken ab. Im Laufe des Nachmittags bilden
sich Gewitterwolken über dem Taunus.
    Von Reichenberg schiebt sich auf dem Bauch liegend unter das Bett.
Wenigstens kein Staub hier, denkt er, Luxushotel eben, nicht wie zu Hause, wo
er Mandy das Wort »putzen« schon auf den Arsch tätowieren müsste, damit sie
sich auch nur ab und zu daran erinnert, dass sich ein Fußboden nicht von selbst
wischt.
    Er bekommt das Blatt zu fassen, windet sich zurück, passt beim
Aufstehen auf, dass er seine Knie schont, die ihm seit einiger Zeit bei ganz
alltäglichen Betätigungen signalisieren, dass er keine fünfunddreißig mehr ist.
Mist, an die Lesebrille, die er mittlerweile braucht, hat er

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