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Hiske Aalken 01 - Die Lebenspflückerin

Hiske Aalken 01 - Die Lebenspflückerin

Titel: Hiske Aalken 01 - Die Lebenspflückerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Regine Kölpin
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Wortsammler machte sich auf zu der Frau, vielleicht würde sie ja wieder in ihrem kleinen Garten arbeiten.
    Alles lag jedoch verwaist da. Er schlich sich an das Haus heran, spähte durch die Fenster in die Räume. Es schien niemand zu Hause zu sein, auch wenn es nach der jungen Frau und ihrem leichten Kräuterduft roch. In dem Knaben rührte sich ein Gefühl, das ihm bis dahin fremd war. Wenn er an diese Frau dachte, wurde ihm warm, er bekam Sehnsucht und überlegte, wie es wohl sein würde, wenn er ihre Hand berührte. Er hatte nur selten menschliche Haut gefühlt. Da waren ihm die Zungen der Hunde, welche er mit ein paar Resten seines mageren Essens gelockt hatte, damit sie ihn mochten, vertrauter. Er liebte das Gefühl der feuchten Zungen, er brauchte es für sein Überleben und nahm es an, wann immer sie es ihm schenkten. Kein noch so bissiger Hund hatte je nach ihm geschnappt oder ihn angeknurrt. Aber er mochte auch das weiche Fell der Katzen, die sich an seinem Bein rieben, wenn er ihnen etwas Milch abgegeben hatte. Alle Tiere hatten ihn immer als ihresgleichen anerkannt.
    Jetzt war er jedoch so stolz über den Namen, den die junge Frau ihm gegeben hatte, dass es ihm so vorkam, als gäbe es ihn erst jetzt wirklich. Er fühlte das Leben, er spürte sich selbst. Sogar die schrecklichen Bilder jener Nacht verblassten, er hatte heute noch nicht zu seinem Messer gegriffen, sich nicht daran erinnern müssen, was er nicht hatte sehen wollen.
    »Was machst du hier, weg!«, keifte eine Weiberstimme. Der Wortsammler drehte sich um, sah einen Besenstiel, der seinen Kopf nur knapp verfehlte, und hörte die ihm entgegengeschleuderten Worte: »Mörder, ich weiß, dass du es warst! Du Bastard, du! «
    Der Wortsammler wusste nicht, was diese Worte bedeuteten, aber sie klangen so anders als die, die die Frau zu ihm gesagt hatte.

Kapitel 7
    Jan Valkensteyn wanderte nun schon zum wiederholten Mal über den Kai am Emder Hafen, suchte nach einem Schiffsführer, der sein Boot in Richtung Jade klarmachte. Man hatte ihm gesagt, dass heute Kaspar van Ee mit Menschen und einem Wagentross Richtung Schwarzes Brack in See stechen wollte. Jan spähte also den Hafen ab, konnte jedoch keine Knorr entdecken.
    Mit einem Mal gab es einen Menschenauflauf. Jan wurde von Wachen zur Seite gestoßen, kurz darauf kam eine berittene Vorhut, der eine große Kutsche mit sechs schwarzen Pferden folgte.
    »Wer ist das?«, fragte Jan einen der Umstehenden.
    »Darin sitzt Gräfin Anna. Sie trifft sich heute mit a Lasco. Sie hat eine neue Polizeiordnung erlassen.«
    Jan sah sein Gegenüber fragend an. »Was heißt das?«
    »Das wisst Ihr nicht? Ihr müsst Holländer sein.« Der Mann neben ihm lachte, verschränkte die Hände vor seinem Wams. Er trug einen Hut und wirkte wohlhabend. »Ganz Emden spricht darüber.«
    »Ich bin nur auf der Durchreise«, sagte Jan. »Will weiter in die Herrlichkeit Gödens, ich suche den Meester van Ee, der heute dorthin in See stechen will.«
    Der Mann reckte seinen Hals, als die Kutsche an ihnen vorbeidonnerte. Sie bekamen allenfalls die spitze Nase der Gräfin zu sehen. »Jasper van Ee? Die Knorr liegt da hinten. Kommt, ich bringe Euch hin.«
    Die Menge begann sich zu zerstreuen, doch bildeten sich immer wieder kleine Grüppchen. Jan schnappte Wortfetzen auf. Es war so, dass die Beschlüsse der Gräfin zwar Sorge und Argwohn auslösten, aber dennoch meist mit Zustimmung aufgenommen wurden. Jan folgte dem Mann, der ihn zur Knorr des Meesters brachte. Das Schiff war zwar nicht klein, wirkte aber so unscheinbar, dass Jan es tatsächlich nicht beachtet hatte. Doch ihm blieb ja keine Wahl. An Deck befanden sich schon ein paar Wagen und Waren sowie Reisende, die sich eine Ecke erkämpften, wo sie sich während der Fahrt aufhalten wollten.
    »Ich will in die Herrlichkeit Gödens, ans Schwarze Brack. Mit einer Begleitung«, hob Jan an, als er den Meester entdeckte. Der nickte und bedeutete Jan, aufs Schiff zu kommen. Jan bedankte sich mit einem Kopfnicken bei dem Mann, der ihn hergeführt hatte, doch der wich nicht von der Stelle. »Ihr solltet dort gleich von den Ereignissen hier in Emden berichten! Das hat Auswirkungen auf ganz Ostfriesland und wird die Jeveraner wütend machen.«
    Nun wurde Jan doch neugierig, kehrte um und sah den Mann fragend an. »Hat sich Gräfin Anna denn mit Karl V. überworfen?«
    »Nein, nicht direkt«, hob der Mann an. Er schien froh zu sein, mit seinem Wissen glänzen zu können. »Sie erkennt seine

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