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Hiske Aalken 01 - Die Lebenspflückerin

Hiske Aalken 01 - Die Lebenspflückerin

Titel: Hiske Aalken 01 - Die Lebenspflückerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Regine Kölpin
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Frau.
    »Ich mache so etwas nicht«, hatte Hiske zu ihr gesagt, und ihr war der Hass in den Augen Magdas nicht entgangen.
    »Wenn du mir nicht hilfst, wirst du es dein Leben lang bereuen!«, zischte Magda. »Du glaubst nicht, was ich dir antun kann, Hiske Aalken.«
    Das wusste Hiske allerdings ziemlich genau, nur war es in dem Augenblick nicht wichtig. Sie hatte in ihrem Leben zu viele Fehler gemacht, war geprügelt worden wie ein räudiger Hund, doch es wurde nicht besser, wenn man einfach so weitermachte.
    Sie fragte sich nach der Frau des Schmieds durch und fand sie schließlich im Stall neben der Pferdebox. Die hygienischen Verhältnisse waren schlimm im Lager, es wurde in der Tat Zeit, dass sich etwas änderte. Doch es half nichts, sie musste sich an die Arbeit machen.
    Die Geburt ging voran, und ehe der Abend das Land vollständig umschlang, gebar die Frau einen gesunden Knaben. Hiske wartete noch ab, ob sich die Blutung beruhigte und ob das Kind trank. Dann machte sie sich auf den Weg nach Hause.
    Hiske eilte vom Burghof in die beginnende Dämmerung hinein. Es würde vielleicht besser sein, wenn sie die Herrlichkeit verließ, gleich morgen wollte sie mit Krechting darüber sprechen. Es gab hier keine Zukunft für sie, diese Hoffnung hatte sich mit dem Disput mit Magda Dudernixen vollends zerschlagen.
    Vor den Toren atmete sie tief durch. »Es ist wie verhext«, sagte sie laut. Aus dem Augenwinkel nahm sie eine Bewegung wahr. Es war wie der Hauch eines Schattens. Hiske blieb stehen, war jetzt wesentlich unerschrockener als sonst, denn sie vermutete, dass es der Junge war, der auf sie gewartet hatte.
    »Komm raus!«, forderte sie ihn auf, und tatsächlich kam er ihrer Bitte nach. Er lief gebückt wie eine Katze, die einen Buckel machte.
    »Wortsammler«, sagte er, und ein Lächeln, das eine unregelmäßige Zahnreihe freilegte, glitt über sein Gesicht.
    Hiske griff nach der Hand des Jungen. Sie war voller Schwielen und Blasen. »Hunger?«, fragte sie ihn, aber er verstand nicht.
    »Bauchfreude?«, fragte sie dann, und nun strich er über das Hemd und hüpfte auf und ab. Er ließ Hiskes Hand nicht los. Im Gegenteil, er umklammerte sie, als fürchtete er, dass sie ihn einfach so in der Dunkelheit stehen lassen würde.
    »Keine Angst«, flüsterte Hiske, auch wenn ihr klar war, dass er kein Wort verstand. »Du bist wie ich ein gefallenes Blatt im Wind. Ich trete nicht auf dir herum.«
    Der Junge strich ihr mit der freien Hand über den Unterarm, freute sich, dass er sie berühren durfte, ohne davongejagt zu werden.
    »Was magst du schon alles mitgemacht haben, mein Kind?«, fragte Hiske.
    Sie nahm den Knaben mit in ihre Kammer und wies ihn an, sich auf einen der Hocker zu setzen. Er wirkte unsicher, seine Augen wanderten unruhig durch den Raum. Hiske bemerkte, dass er am ganzen Leibe zitterte, er schien völlig verängstigt. Erst nach einigen Minuten wagte Hiske ihn allein zu lassen und holte aus der Küche einen Becher Milch und etwas Brot. Adele war nicht da, dabei hätte sie ihr doch so gern den Jungen vorgestellt und ihr gezeigt, dass er nicht verrückt, sondern nur ein armes, verlorenes Wesen war. Er stürzte sich auf das, was Hiske ihm aufgetischt hatte. Dabei wurde er ruhiger. Sie sah ihm beim Kauen zu, selbst hatte sie keinen Appetit.
    »Du bist so allein«, sagte sie und strich ihm übers Haar. Es war eine merkwürdige Freundschaft, die sie miteinander verband, aber Hiske war einfach froh, in all diesen Wirren nicht allein zu sein. Auch wenn es keine Unterhaltung war, die sie miteinander führten, so hatte sie doch das unbestimmte Gefühl, dass der Wortsammler sie in irgendeiner Weise verstand.
    Als der Junge aufgegessen hatte, sah er Hiske abwartend an, als erwartete er nun von ihr, dass etwas geschah. Sie fragte ihn, ob er müde sei, doch wieder sah sie nur in ein verständnisloses Augenpaar. Sie sah sich im Raum um und erklärte dem Jungen die Gegenstände. Er war begierig, schien jedes Wort in sich aufzusaugen und wiederholte alle. Seine Aussprache wurde mit jedem Wort deutlicher, und auch als Hiske ihn ein zweites und drittes Mal abfragte, hatte er den Namen jedes Gegenstandes behalten. Schwieriger war es mit den Gefühlen, die in ihm so lange brachgelegen hatten, die er nie hatte leben dürfen. Wie sollte sie das in Worten vermitteln? Er begnügte sich damit, die Hauptwörter aneinanderzureihen, und so verständigten sie sich auf eine eigentümliche Weise miteinander. Hiske bekam Gefallen an dieser

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