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Hiske Aalken 01 - Die Lebenspflückerin

Hiske Aalken 01 - Die Lebenspflückerin

Titel: Hiske Aalken 01 - Die Lebenspflückerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Regine Kölpin
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etwas unternehmen.«
    Anneke sog die Luft ein. »Es ist nicht von deinem Mann?«
    Magda nickte. »Ich habe zu der Zeit gar nicht bei ihm gelegen, sodass er es in mich hätte pflanzen können.« Sie schrak zusammen, als ihr klar wurde, was sie gerade der Marketenderin anvertraut hatte.
    Obwohl Anneke die Badersfrau nie besonders gemocht hatte, weil ihre Zunge zu lose war, so empfand sie in dem Augenblick doch großes Mitleid mit ihr. Sie war in einer echten Notsituation. Jeder hier kannte Dudernixens Jähzorn, und egal, ob er sich mit ihr, der Duuvke, vergnügte: Seine Frau würde er in Stücke reißen, wenn er wüsste, dass sie ihm Hörner aufgesetzt hatte. Anneke konnte sich schon denken, von wem sich Magda das Balg hatte anhängen lassen, die Blicke zwischen den beiden waren mehr als eindeutig gewesen. Doch der konnte nun nicht mehr zur Verantwortung gezogen werden. Er hatte seine gerechte Strafe bereits erhalten. Anneke hielt kurz inne. Hatte Dudernixen geahnt, dass von Ascheburg seiner Frau nicht gleichgültig war? Wenn sie jetzt ein Balg erwartete, würde ihm klar sein, wer der wirkliche Vater war. Was aber, wenn Dudernixen schon zuvor davon Wind bekommen hatte? Im Lager pfiffen es ja die Spatzen von den Dächern, Anneke waren die Gerüchte oft genug zu Ohren gekommen. Der Bader war groß und kräftig, er hätte von Ascheburg nicht am Leben gelassen, egal ob der von höherem Stand war. Diese Schmach hätte der Mann nicht geduldet. Und immerhin war er es auch gewesen, der den Toten gefunden hatte, und er war es auch, der bei den Ermittlungen mitmischte und so hervorragend für die Verwischung der Spuren sorgen konnte.
    Noch während die Marketenderin nachdachte, betrat die Hebamme den Hof. Magda ließ Anneke stehen, ging zu Hiske herüber und sprach sie an. Die blickte Magda an, lächelte – und schüttelte den Kopf. Anneke war klar, worum es ging. Sie sah, wie Magda sich hoch aufrichtete und ihr Gesicht erstarrte. Dass Hiske Magda die Hand auf den Arm legte und besänftigend auf sie einredete, konnte nichts mehr retten. Anneke wusste: In Magda hatte Hiske Aalken jetzt eine wirkliche Feindin, weil sie ihr die nötige Hilfe versagt hatte.
    Anneke musste nicht lange überlegen, sie selbst war auch schon in Magdas Situation gewesen, und in Holland waren die Hebammen nicht alle so zimperlich wie Hiske. Sie drehte sich um, griff nach der getrockneten Petersilie und einem Behälter mit Seifensud. Gleich würde sie Magda Dudernixen zu sich holen. Sie hielten hier zusammen, auch wenn die Hebamme das noch nicht begriffen hatte.
    Hiske hatte nach der Frau des Schmieds gesucht, als Magda Dudernixen zielstrebig auf sie zugeeilt kam und sie um das Unmögliche bat.
    Hiske hatte einmal einer Frau diesen Gefallen getan, weil ihr Mann gedroht hatte, sie umzubringen, wenn sie ein weiteres Kind gebar, wo er schon zwölf Mäuler zu stopfen hatte. Die Frau war ausgemergelt gewesen, vermutlich hätte sie die Schwangerschaft ohnehin nicht überlebt. Hiske hatte ihr einen Sud aus Petersilie gebraut, den Muttermund geöffnet und ihr Seifenlauge eingeflößt. Dann war das Kind gekommen. Nur eine Handvoll Mensch, aber alles war daran gewesen. Kleine Finger, eine Nase, alles. Hiske hatte sich erschrocken, wie fertig es ausgesehen hatte, und das schlechte Gewissen, einen richtigen Menschen auf dem Gewissen zu haben, hatte schwer auf ihr gelastet. Damals war ihr das erste Mal die Idee gekommen, man müsse es aufschreiben, abmalen, die anderen Hebammen, die Ärzte aufklären, wie ein Kind im Mutterleib aussah, wenn die Frau etwa drei Monde nicht geblutet hatte. Es gab zwar die Abhandlung von Eucharius Rößlin, doch da ging es nur um Kindslagen und die Geburt an sich. Hiske aber wollte wissen, wie weit Kinder in den verschiedenen Stadien der Schwangerschaft im Mutterleib entwickelt waren, wie sie aussahen und was sie schon konnten. Jedenfalls wurde die junge Mutter nach dem Eingriff plötzlich von hohem Fieber befallen. Es hatte sie geschüttelt, gequält, und schließlich blieben ihre Augen für immer geschlossen.
    Keiner wusste, dass Hiske die Engelmacherin gewesen war. Sie wäre in den Kerker gekommen. Diese Schuld trug sie seitdem mit sich herum, und sie würde nie wissen, ob die Frau nicht sowieso gestorben wäre. Aber sie würde so etwas niemals mehr tun. Nie wieder würde sie entscheiden wollen, ob ein Mensch leben durfte oder nicht. Und Magda Dudernixen konnte das Kind gesund auf die Welt bringen. Sie war eine starke und kräftige

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