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Hiske Aalken 01 - Die Lebenspflückerin

Hiske Aalken 01 - Die Lebenspflückerin

Titel: Hiske Aalken 01 - Die Lebenspflückerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Regine Kölpin
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sympathisch. Er vertrat genau das, was ihr auch die letzten Jahre immer wieder durch den Kopf gegangen war und sie nie auszusprechen gewagt hätte. Alle Menschen sind gleich, keiner durfte wegen seines Glaubens sterben. Es war falsch, was in Münster geschehen war. Es war barbarisch, was ihre Glaubensbrüder mit den Männern des Bischofs getan hatten, es war barbarisch, was die Männer des Bischofs den Ihren angetan hatten. Und es war barbarisch, was nun wieder und wieder im Namen Gottes unter den Menschen angerichtet wurde. Sie wollte das alles nicht mehr. Ihr ganzes Leben war daran gescheitert, weil sie ganz tief eingetaucht und ihr am Ende die Luft weggeblieben war. Sie fragte sich Nacht für Nacht, wie Krechting überhaupt schlafen konnte mit dem vielen Blut, das an seinen Händen klebte. Doch der machte sich darüber bestimmt keinerlei Gedanken, denn er war von seiner Religion so überzeugt, dass er dafür sterben würde. Oder zumindest über Leichen gehen. Er hatte sogar seine Seele, seine innerste Überzeugung an Hebrich von Knyphausen verkauft, damit er unbeirrt und unter einem sicheren Deckmantel einfach weitermachen konnte. Nun war er auch noch Armen- und Kirchenvorsteher einer Gemeinde, der er mit dem Herzen nicht angehörte.
    Jetzt huschten weitere Männer am Haus vorbei. Sie verschwanden rasch in der einsetzenden Dämmerung.
    »Was tun die Männer? Wisst Ihr das?«
    »Sie suchen den Jungen«, sagte Jan.
    Adele konnte nicht verhindern, dass sie unter seinen Worten zusammenzuckte. »Sie suchen den Jungen? Warum?«
    Jan zögerte mit der Antwort. »Sie suchen den Mörder von Ascheburgs.«
    Adele nickte. »Der Junge hat Cornelius also wirklich umgebracht. Ich habe mir so etwas gedacht. Aber wer behauptet das jetzt?«
    »Krechting und Schemering.«
    »Krechting und Schemering«, wiederholte Adele. »Und lasst mich raten, die Hebamme ist los, um den Knaben vor der Meute zu finden.«
    Jan nickte. »Sie hält ihn für unschuldig, will ihn schützen.«
    Adele schürzte die Lippen. »So, tut sie das? Der Junge ist nicht klar im Kopf, weiß nicht, was gut und was böse ist. Er ist ein Tier.« Ihre Stimme hatte eine Härte angenommen, die Jan nicht nachvollziehen konnte. »Sie ist ins Moor gegangen«, fügte er hinzu.
    »Dann werden sie beide nicht wiederkommen. Das Moor ist tückisch und unberechenbar. Was heute sicher ist, ist morgen tödlich.«
    Adele machte einen Schritt auf einen Hocker zu, ließ sich darauf nieder und starrte ins Feuer, aus dem in diesem Augenblick eine hohe Flamme emporzüngelte.
    Tyde hatte Hiskes Ratschläge befolgt. Die Wehen waren erst weniger geworden, dann ganz verschwunden. Sie ölte ihren Bauch mit der Essenz ein, die die Hebamme ihr gegeben hatte. Sie roch gut und beruhigte, ähnlich wie das heiße Gebräu, das ihr die Magd auf Hiskes Geheiß gekocht hatte. Das versetzte sie in eine angenehme Müdigkeit, aus der sie nur aufschreckte, wenn man ihr das Essen ans Bett brachte.
    Warum sie nun mitten in der Nacht erwachte, war ihr nicht klar. Es war ruhig auf der Burg, heute hatte es nicht einmal eine Versammlung gegeben. Sie würde nach der Entbindung Krechting davon in Kenntnis setzen, dass sie zum reformierten Glauben übergetreten war. Sie wollte mit den Täufern aus Münster und den Mennoniten nichts mehr zu tun haben. Am liebsten würde sie sogar Katholikin werden, doch das wagte sie nicht. Nur ihr Kind würde sie taufen lassen, wenn Gott es gefiel, es zu früh zu sich zu holen. Daran konnte sie keiner hindern, und die Hebamme würde nicht so dumm sein und es an die große Glocke hängen. Jetzt, wo Cornelius tot war, gab es für sie erst recht keinen Grund, weiter zu den Täufern zu gehören. Tyde würde keine Nachteile fürchten müssen, zumal Krechting nicht gegen Leute vorgehen konnte, deren Vorsteher er war. Das hatte Hebrich klug eingefädelt.
    Tyde nahm die unter dem Bett stehende Pfanne, erleichterte sich und entdeckte auf dem Nachtschrank im Mondlicht einen Zettel, der ihr zuvor nicht aufgefallen war. Sie stand auf, entzündete ihre Kerze an der Glut des Kamins und hielt den Brief in den Schein des Lichts. Mit Mühe entzifferte sie die wenigen Worte. Ihr Mann hatte ihr die Grundzüge des Lesens und Schreibens beizubringen versucht, doch sehr weit waren sie nicht gekommen.
Liebe Tyde, du bist in Gefahr. Man hat uns belauscht. Komm zu mir! Ich werde dich und dein Kind schützen. Hiske
.
    Tydes Herz schlug schneller. Sie hatte Bettruhe, durfte sich nicht aufregen, und doch bat

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