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Hiske Aalken 02 - Der Meerkristall

Hiske Aalken 02 - Der Meerkristall

Titel: Hiske Aalken 02 - Der Meerkristall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Regine Kölpin
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lauschte in die Dunkelheit, versuchte, ihren hektischen Atem unter Kontrolle zu bekommen. Sie konnte kein schlurfendes Geräusch hören. Es war wirklich das Beste, wenn sie zum Burghof eilte. Die Hebamme wagte nicht, jetzt allein zu sein. Ihre lächerliche Barrikade an der Haustür würde ein Mann wie der Scharfrichter mit einem Hieb niederstrecken, so wie er mit Wonne Hunderte von Köpfen von den Leibern getrennt hatte.
    Hiske änderte die Richtung, lief ein paar Schritte, als ein Windhauch sie streifte und ein Knacken ihren Tritt verlangsamte. Schon lag eine krallige Hand auf ihrer Schulter. »So sieht man sich wieder, Hexe von Jever«, sagte eine Stimme. Vor ihr stand der Scharfrichter, und im ersten Augenblick glaubte sie, er halte eine Sense in der Hand.
    Krechting hatte das nächste Schiff bestiegen. Er konnte und wollte nicht länger in Emden bleiben. Johannes a Lasco hatte ihm seinen Platz sehr deutlich gemacht, und nach einer kurzen Zeit des Überlegens musste Krechting ihm recht geben, selbst wenn es ihm nicht behagte. In der Herrlichkeit lief ein Mörder frei herum, sein Weib wollte in keiner Stadt mehr leben, und er hatte den Mennoniten, Täufern und den anderen Menschen dort gegenüber eine große Verpflichtung, der er sich nicht entziehen konnte.
    An Krechtings Seite befanden sich Jacobus Cornicius und Dr. Westerburgs Tochter mit deren Magd. Der Pfarrer plante, ihnen in etwa einer Woche zu folgen, sobald wieder ein Schiff in Richtung Herrlichkeit Gödens ablegte. Er war noch zu sehr damit beschäftigt, sich einen Einblick in die Amtsgeschäfte des Superintendenten zu verschaffen. »Ich muss erst sehen, was es mit dem Coetus auf sich hat. Es stehen noch so viele Gespräche aus. Nehmt meine Tochter schon mit zurück. Ich glaube nicht, dass Emden im Moment das richtige Pflaster ist. Es deucht mir doch zu unruhig für ein junges Ding wie sie. Da ist sie in Gödens besser aufgehoben. In ein paar Jahren kann das anders sein.« Dr. Westerburg hatte Krechting einen Brief in die Hand gedrückt. »Das ist für die Häuptlingswitwe. Sorgt dafür, dass Bente dort in Stellung gehen kann.«
    Dr. Westerburg schien ernsthaft besorgt zu sein, so als befürchte er Unruhen, die aus den religiösen Erlassen und Umbrüchen entstehen könnten. Krechting war gern bereit gewesen, sie mitzunehmen, wenngleich sich das Gesicht des jungen Mädchens bei den Worten ihres Vaters immer mehr verdunkelt hatte. Sie wäre vermutlich gern noch eine Weile in Emden geblieben. Krechting konnte das durchaus verstehen – welches junge Ding würde sich schon darum reißen, auf einer abgelegenen Burg in Stellung zu gehen, wenn es gleichzeitig die Möglichkeit hatte, in einer Stadt wie Emden zu leben.
    Am letzten Nachmittag in Emden, Krechting hatte eben die Schiffspassage gebucht, hatte sich Jacobus Cornicius hinzugesellt, dem die bevorstehende Abreise von Krechting zu Ohren gekommen war. »Euer Aufenthalt war nur von sehr kurzer Dauer.«
    »Ich habe erfahren, was ich erfahren musste, und nun drängt es mich zurück zu meinen Aufgaben und meiner Familie.«
    »Ich werde Euch in die Herrlichkeit begleiten«, hatte der Arzt gesagt. »Ich werde meinem alten Freund und Weggefährten Jan Valkensteyn die Aufwartung machen. Mein Vertreter wird in Emden ein paar Wochen allein zurechtkommen. Im Augenblick grassieren hier keine schwerwiegenden Erkrankungen.« Bei seinen Worten hatte sein Blick Westerburgs Tochter nicht einen Augenblick losgelassen, und deren Gesichtsausdruck war merklich freudiger geworden.
    Als nun das Schiff östlich ins Fahrwasser abbog, standen beide an der Reling, ließen sich den frischen Fahrtwind übers Gesicht streichen und wirkten entspannt und glücklich. Sie standen eine Spur zu eng beisammen, sodass man es eben noch als schicklich bezeichnen konnte. Die Magd hielt sich wie ein Schatten hinter ihr, als könne sie damit verhindern, was für jeden offensichtlich war. Ganz eindeutig webte sich zwischen den beiden ein Netz, von dem Krechting hoffte, dass Pfarrer Westerburg es gutheißen würde. Er beneidete die beiden um die Heftigkeit der Gefühle. Um das, was da heranwuchs. Hatte er je einmal so empfunden, hatte sein Herz einmal so für eine Frau geschlagen? Für ihn waren immer andere Dinge wichtiger gewesen als die Liebe. Ein Weib ehelichte man, damit Nachkommen gesichert waren. Dazu war es wichtig für ihn gewesen, dass seine Frau eine gewisse Anmut besaß und sauber war. Die Liebe oder Zuneigung kam mit der Zeit, wenn man

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