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Hiske Aalken 02 - Der Meerkristall

Hiske Aalken 02 - Der Meerkristall

Titel: Hiske Aalken 02 - Der Meerkristall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Regine Kölpin
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Matthys, der ein Vermahner oder so etwas ist, noch für Obbe Philips, der sich als Erwachsener hat taufen lassen und irgendwo ganz weit weg Bilder aus den Kirchen entfernt. Bilder, die sie sich so gern mit ihrer Mutter angesehen hat, Bilder, vor denen sie niederknieten und beteten. Warum ist es gut, sie zu entfernen?
    Amilias Augen leuchten, wenn sie diese Namen erwähnt. Aber zugleich tobt eine Angst über ihr Gesicht, denn so viel hat das Mädchen verstanden: Es ist gefährlich, diese Männer zu verehren, nicht an den Papst und die Kirche zu glauben, so wie ihre Mutter es sie gelehrt hat. Deshalb will Amilia fort aus Holland. Dorthin, wo ihnen nichts passieren kann. Nach Ostfriesland.
    »Gott ist aber weg!«, flüstert das Mädchen. »Er passt nicht auf mich auf. Er hat mich vergessen, schon als ich klein war.«
    Amilia runzelt die Stirn, sagt aber nichts dazu. Sie lenkt ab. »Nicht mehr lange, und wir fahren mit einem Schiff, verlassen Holland. Es ist sogar ein Bader dabei, du kannst zusehen, wie er seine Arbeit macht. Er hat bestimmt schöne und duftende Seifen, das liebst du doch so.«
    Amilia ist anders geworden. Ein verbissener Zug hat sich um die freundlichen Lippen gelegt, lässt sie schmal wirken und härter. Das ganze Gesicht wirkt versteinert, wenn sie sich unbeobachtet glaubt. Das alles geht dem Mädchen durch den Kopf, während das Unfassbare, das Schlimme mit ihr geschieht. Sie kann es nicht aufhalten, weiß nur, dass auch die Hühner so bluten, wenn man ihnen den Kopf abschlägt und dass sie danach im Topf landen. Sie stopft sich ganz viel Leinen zwischen die Beine, weil Amilia zu einem Treffen will, wohin das Mädchen unbedingt mitkommen soll. Sie merkt nichts von ihrer Not, es hat sich viel geändert zwischen ihnen, seit sie die kleine Kate verlassen haben.
    »Es ist ein geheimes Treffen, Meisje, da werden wir erfahren, was weiter geschieht, wann wir reisen dürfen.« Amilia trägt jetzt meist helles Leinen. Wenn sie von »ihnen« spricht, gibt es kurze Momente, wo sie wieder von innen her strahlt, als habe man eine Kerze angezündet. Doch genauso schnell erlischt dieses Strahlen, eben, als puste man das Licht mit einem Atemzug wieder aus. Und dann ist auch sofort wieder diese Angst da. »Ich werde mich auch taufen lassen. Als Erwachsene.« Sie sagt es sehr oft.
    Das Mädchen ist längst getauft. Dafür hat Mutter gesorgt. Da war sie noch ganz klein. Aber Amilia sagt, das zähle nicht, sie müsse das, wenn sie groß sei, noch einmal tun, damit es vor Gott wirklich etwas gilt. Dem Mädchen ist es egal. Gott ist weg. Sie will nur Amilia nicht verlieren.
    Die beiden schleichen sich aus dem Haus, als es fast dunkel ist. Immer wieder sieht Amilia sich um, ihr Atem ist kurz und stoßweise zu hören. Der Weg ist lang, dem Mädchen tun schon die Füße weh, obwohl es bei Amilia richtige Lederschuhe bekommen hat. Die drücken aber, weil der Fuß wächst und wächst. Schließlich kommen sie am Rand Amsterdams zu einer großen Scheune. Es sind viele Menschen dort, die Luft ist schlecht. Ein Mann stellt sich auf einen Podest und redet. »Das ist der Vermahner«, sagt Amilia, und ihre Augen glänzen.
    Das Mädchen merkt, dass ihr Leinen nicht mehr lange dichthält. Sie tritt von einem Bein auf das andere. Als sie sich umsieht, hat sie Amilia aus den Augen verloren.
    Kurze Zeit später ruht eine Männerhand auf ihrer Schulter, umschließt sie ganz. Dieses Gefühl kennt sie, das war schon einmal. Das Mädchen hält die Luft an und schaut hoch zu dem Mann, dem die Hand gehört. Er lächelt. Seine Nase ist breit, er hat wulstige Lippen, und sein Atem ist nicht rein, aber auch nicht unangenehm. Dafür wird er zu sehr von einem zweiten Geruch überlagert. Ein Duft, den das Mädchen über alles in der Welt liebt. Es ist der Geruch von Seife.
    »Du bist schon bald ein richtiges Weib«, sagt der Mann und stiert auf die kleinen Brüste, die sich unter der Bluse wölben. Noch haben sie die Form von zwei jungen Äpfeln, aber sie wachsen Tag für Tag. Der Mann starrt auch auf ihren Hintern, der sich feucht anfühlt. Die Leinen halten das Blut nicht mehr.
    »Bist also schon reif, du Meisje. Und kommst mit in die Herrlichkeit, sagt Amilia.«
    »Wer seid Ihr?«, flüstert das Mädchen.
    »Der Bader, du schönes Ding. Und du wirst mir in den nächsten Wochen den Schlaf rauben.« Er wendet sich ab, aber das Mädchen hört noch, wie er sagt: »Bis ich dich besessen habe.«

15. Kapitel
    Hiske fror. Wie schon in Jever hatte sie

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