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Hiske Aalken 02 - Der Meerkristall

Hiske Aalken 02 - Der Meerkristall

Titel: Hiske Aalken 02 - Der Meerkristall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Regine Kölpin
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zurechtgemacht und ein frisches Kleid angezogen. Das konnte dem jungen Arzt nicht verborgen geblieben sein. Sie trat einen Schritt näher, doch Jan wich augenblicklich zurück.
    »Ich habe versprochen zurückzukehren, aber meine Geschäfte und Forschungen haben mich länger in Emden gehalten, als ich es gedacht habe.«
    »Bleibst du?« In Annekes Stimme lag ein Flehen. Sie war eine einsame, arme Frau und hätte einen Mann an ihrer Seite bitter nötig, das wusste er vermutlich genauso wie sie. Anneke musste sich zusammenreißen, denn ihr Gesicht zuckte nervös, drohte sie zu verraten. Sie war sehr angespannt, denn wenn sie den Arzt dieses Mal nicht für sich gewinnen konnte, hatte sie verloren. Nur wäre es besser, wenn er nicht bemerkte, wie schlecht es ihr im Moment wirklich ging. Sie ertappte sich dabei, dass ihre Gesten viel zu übertrieben waren und die Unruhe mehr unterstrichen, als ihr lieb war.
    Jan aber versuchte abzulenken. »Du hast jetzt einen Laden? In der Neustadt?« Er wollte ihr offensichtlich keinerlei Versprechungen machen.
    »Ja, ich habe das andere«, Anneke schluckte, »aufgegeben. Krechting hat es ohnehin unterbunden, ich möchte es auch nicht mehr. Hoffe, so gut überleben zu können. Es ist schwer, ich darbe oft.« Ihre Hand griff nach der des Arztes, der sie rasch zurückzog, was ein Blitzen über ihr Gesicht gleiten ließ. Doch die Marketenderin hatte sich schnell wieder in der Gewalt. »Komm doch mal bei mir vorbei. Ich werde dir alles zeigen.«
    »Im Augenblick muss ich mich um den Toten kümmern«, sagte Jan.
    Und um Hiske Aalken, schoss es Anneke durch den Kopf. Sie merkte, dass Jan nach einer Ausflucht suchte, möglichst rasch hinter der Hebamme hereilen zu können. »Ich möchte dich nicht aufhalten«, lächelte Anneke den Arzt an, wohl wissend, dass er nicht so unhöflich sein würde, sie nun einfach stehen zu lassen.
    »Na gut, einen Augenblick habe ich. Wir haben uns ja schließlich ewig nicht gesehen.« Jan wies mit der Hand auf einen der Stühle.
    Anneke setzte sich, merkte aber, dass er es wirklich nur aus Höflichkeit tat und mit seinen Gedanken schon wieder bei der Hebamme war. Was haftete diesem Weib nur an? Anneke strich aufreizend durch ihr rotes Haar, das das Feuer in ihr widerspiegelte, vor allem, als sich das Licht der Abendsonne darin brach.
    Jan aber blieb unbeeindruckt. »Ich möchte Hiske helfen, dieses Marschenfieber zu besiegen. Es ist ein großes Problem in Zeiten wie diesen. Aber ich schaue gern bei Gelegenheit einmal bei dir vorbei und sehe mir deinen Laden an.«
    »Dann hast du jetzt in der Tat keine Zeit.« Anneke erhob sich.
    »Sei nicht böse, aber das ist wirklich so. Ich möchte Hiske nicht länger warten lassen. Das habe ich ihr versprochen.«
    Anneke rührte sich noch immer nicht von der Stelle. Sie streckte ihren Rücken durch und stellte sich ihm so in den Weg, dass er nicht umhin konnte, einen Blick auf ihr Dekolleté werfen zu müssen. Einen winzigen Augenblick verhielt Jan dabei in seiner Bewegung, einen winzigen Moment streifte sein Blick das, was andere Männer an Anneke unwiderstehlich fanden. Dann hastete er davon, als sei der Leibhaftige persönlich hinter ihm her.
    »Ich kriege dich noch, Medicus. Du wirst das Bett mit mir teilen und nicht mit dem Kräuterweib. Warte es nur ab!«
    Magda Dudernixen saß in der Ecke ihrer Kammer auf der Bettstatt und stierte seit Stunden auf ein und dieselbe Stelle an der Wand. In der Hand hielt sie ein Medaillon. Es brannte förmlich zwischen ihren Fingern. Das Schmuckstück faszinierte sie und stieß sie zugleich ab. So schön und geheimnisvoll es auch war, mit ihm stimmte etwas nicht, und das lag nicht nur daran, dass es Friso van Heek gehört hatte. Warum sie genau wusste, dass es seins war, konnte sie nicht sagen. Magda drehte es unablässig hin und her, sie wusste nicht, wie es in ihre Hände geraten war. Immer wieder rief sie sich die vergangene Nacht vor ihr inneres Auge, aber sie sah nur Dunkelheit, Nebel und roch Atem, der mit Branntwein oder Ähnlichem geschwängert war. Dazwischen mischte sich der Mond, der sich ständig hinter den Wolken verkroch oder wie mit zarten Nebelschleiern umwoben war. Er hatte nur in halber Pracht am Himmel gethront.
    Irgendwann war sie zu Hause angekommen, irgendwann hatte sie auch wieder in ihrem Bett gelegen, nachdem Melchiors Faust sich in ihrem Gesicht ausgetobt hatte. Ihre Lippen waren noch immer dick angeschwollen, sie konnte kein einziges Wort sagen. Das rechte Auge

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