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Hiske Aalken 02 - Der Meerkristall

Hiske Aalken 02 - Der Meerkristall

Titel: Hiske Aalken 02 - Der Meerkristall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Regine Kölpin
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Jan.
    Hiske lief es kalt den Rücken herunter. »Betrunken«, wiederholte sie. Betrunkene Männer hatten für die Hebamme allesamt etwas Abstoßendes. »Was hätte ein Mann wie er getan, wenn ich Nein gesagt hätte? Vor allem, wenn er wirklich sehr viel Alkohol getrunken hatte?« Hiske setzte sich auf, war plötzlich hellwach. Sie konnte sich genau vorstellen, was passiert wäre. Sein Blick, seine Berührung waren deutlich genug gewesen. »Er hätte mich zur Ehe gezwungen«, stieß sie hervor. »Mit allem, was dazugehört, um ein unverheiratetes Weib zu entehren. Ein Mann wie Friso van Heek ist zielstrebig, und Niederlagen, vor allem bei Frauen, gehören ganz bestimmt nicht zu seinem Weltbild.«
    Jan drehte sich jetzt zu ihr um und kraulte nachdenklich sein Kinn. Noch immer ließ er sich keinen Bart stehen, was Hiske sehr mochte, denn es unterschied ihn von den meisten Männern hier. »Da magst du recht haben. Aber er hat dich nicht angetroffen. Wer ist ihm begegnet, der so wütend auf ihn war, dass er ihm mit einer Schaufel eins über den Kopf gegeben hat?«
    Hiske grub ihre Zähne in die Unterlippe. Hatte van Heek vor ihrer Tür gestanden und um Einlass gebeten? Wie hatten der Wortsammler und Garbrand auf ihn reagiert? War Friso wütend geworden, als sie nicht im Haus war? In Hiske türmten sich die Fragen. Aber egal wie wütend der Mönch und der Wortsammler auch gewesen sein mochten: Zu einem Mord waren sie nicht fähig. Es sei denn, der Kaufmann hatte ihr eigenes Leben bedroht. Was nur war in der Nacht geschehen?
    Hiske brach der Schweiß aus, denn alles, was sie nun wusste, passte viel zu gut zusammen. Aber sie schwieg, denn es bestand noch die Möglichkeit, dass alles ganz anders war, als es aussah. »Warum ist Friso van Heek wirklich in die Herrlichkeit gekommen, Jan? Geschäfte können doch wohl kaum der Grund gewesen sein, da gibt es Städte, die sich für ihn mehr lohnen. Ich habe das Gefühl, dass das nur ein Vorwand war.«
    »Das ist eine vage Mutmaßung, wenn du bedenkst, wie viele Kaufleute hier ständig anlanden.«
    »Ich weiß, aber gerade bei ihm mutet es seltsam an. Er schien mir kein Mensch zu sein, der ohne Ziel ein abgelegenes Siel anfährt.«
    Jan sah, dass sie noch immer über etwas nachgrübelte. »Was beschäftigt dich?«
    Hiske sortierte ihre Gedanken. »Friso van Heek trug ein merkwürdiges Medaillon um den Hals, und er hatte eine große Narbe am Unterarm. Hat er das Ding nach seinem Tod noch umgehabt?«
    Jan schüttelte den Kopf. »Als ich ihn untersucht habe, war da kein Medaillon. Er könnte es im Wasser verloren haben.«
    »Oder der Mörder hat es ihm abgenommen. Ich würde zu gern wissen, was für ein Bild darin versteckt war und was dieser Kristall im Meer bedeutete? Und woher Friso eine so gewaltige Verletzung hatte? Ich glaube, wenn wir das wissen, haben wir den Mörder.«
    »Das sind auf jeden Fall zwei Anhaltspunkte, aber ebenfalls sehr vage«, sagte Jan.
    Hiske nickte. »Ich halte mich an allem fest. Der Mord soll und darf einfach nichts mit mir zu tun haben. Denn dann kommen nur zwei Menschen infrage, die mich bis aufs Blut verteidigen würden.«
    »Drei«, sagte Jan. »Es wären drei. Aber nicht einer von ihnen war es, und das weißt du genau.«
    »Ich weiß es«, sagte Hiske. »Und du weißt es. Hoffen wir, dass es den anderen auch so klar ist.«
    Jan nickte, und Hiske erkannte den Zweifel auch in seinen Augen.
    Da polterte es, und Anneke stand in der Tür. Blitzschnell sah sie von Jan zu Hiske, dann wieder von Hiske zu Jan. Sie erfasste die Situation, dabei glitt ein Lächeln über ihr vom Rennen errötetes Gesicht. »Hiske, du sollst zur Weberin kommen. Das Balg hat die Hitze.«
    »Ich komme mit«, sagte Jan. »Ich hole nur rasch meine Tasche von Schemering, dann folge ich dir.«
    Anneke griff ziemlich grob nach Hiskes Ärmel. »Du sollst keine Zeit verlieren, sagen sie. Also lauf schon vor!«
    Hiske war klar, dass es Anneke einzig darum ging, sie loszuwerden, doch ihr fiel auch kein Grund ein, ihren Gang hinauszuzögern. Sie griff nach ihrem Bündel, verschwand kurz in ihrer Kammer, um die nötigen Kräuter und Salben einzupacken, und machte sich auf den Weg.
    Jan versprach, ihr bald zu folgen.
    Anneke lächelte den Arzt an. Endlich war sie mit ihm allein, auch wenn es im Haus der Hebamme war. »Ich freue mich, dass du zurück bist«, sagte sie mit rauchiger Stimme. »Ich habe fast nicht mehr damit gerechnet.« Sie hatte sich vor ihrem Treffen gewaschen, ihre Haare

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