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Hiske Aalken 02 - Der Meerkristall

Hiske Aalken 02 - Der Meerkristall

Titel: Hiske Aalken 02 - Der Meerkristall Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Regine Kölpin
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setzen.
    Magda Dudernixen stand vor Melchior, der ihren Oberarm umklammert hielt. »Wo hast du das Medaillon her, und warum zum Teufel fehlt der Inhalt? Die Hebamme war hier und hat mich nach der Mordnacht gefragt.«
    »Hast du ihr gesteckt, dass ich noch raus bin und dem Mann gezeigt habe, was man besser mit den Eheweibern der anderen unterlässt?« Melchior schnaubte wie ein altes Pferd, das einen zu schweren Wagen gezogen hatte.
    »Nein, natürlich nicht. Du bist mein Mann. Aber ich will wissen, was passiert ist!« Magdas Stimme überschlug sich, und für kurze Zeit wurde sie wieder zu dem Weib, das sie einst gewesen war. Ein Weib mit Feuer, ein Weib, das eine spitze Zunge sein Eigen nannte. Ein Weib, das sich durchaus auch gegen einen Mann wie Melchior zu wehren wusste.
    »Halt die Klappe!«, fuhr Melchior sie an. »Was geht es dich an?«
    »Ich hatte das Medaillon in der Hand am nächsten Morgen. Ich, Melchior. Ich. Wie ist es dorthingekommen? Wie in meine Bettstatt?«
    Über das Gesicht ihres Mannes glitt ein Grinsen. Breit und unflätig, beinahe bösartig. »Das solltest du doch am besten wissen, wo du für alle Kerle die Beine spreizt!«
    Magda schrie auf und hieb mit ihren Fäusten gegen seine Brust. »Ich habe … ich habe …« Sie brach zusammen, sank ihrem Mann vor die Füße.
    »Was hast du?«, herrschte der sie an.
    »Ich habe es nicht freiwillig getan!« Magda lag nun ganz auf dem Boden, wimmerte, weinte. Alle Bilder der Nacht stürzten mit großer Wucht auf sie ein, begruben sie unter sich, sodass ihr die Luft wegblieb. Wie sehr sehnte sie sich nach der beruhigenden Hand ihres Mannes, der sie tröstete, ihr sagte, alles würde gut.
    Doch nichts dergleichen geschah. Melchior Dudernixen hatte sich bei ihren Worten kein Stück von der Stelle gerührt, sondern starrte reglos gegen die Wand. Sein Atem ging stoßweise, es kam Magda vor, als würde sein Groll gleich aus dem Mund herausquellen und sie beide unter sich ersticken.
    »Er hatte das Medaillon noch am Hals, als er … er es mit mir tat. Was danach geschah, ich weiß es nicht.« Sie schlug die Hände vors Gesicht. »Ich weiß es einfach nicht!«
    »Du hast es in der Hand gehabt, und der Mann lag tot im Siel. Reicht dir das nicht als Erklärung?« Melchior beugte sich jetzt zu seiner Frau und zog ihre Hände von ihrem Gesicht weg. »Ob dir das nicht reicht?«
    Magda schüttelte den Kopf, konnte kaum reden. »Nein, das reicht mir nicht, Melchior. Ich habe ihn nicht umgebracht!«
    Dudernixen zerrte Magda hoch. »Er ist tot!«, sagte er ganz langsam, Wort für Wort betonend. »Tot.«
    »Ich war es nicht!«
    »Du kannst dich nur nicht erinnern, Weib. Das ist der Punkt. Du kannst dich nur nicht erinnern.« An der Art, wie Melchior es sagte, erkannte Magda eine gewisse Genugtuung, die kaum zu ertragen war.
    Jan war völlig durchnässt, als er am Moor ankam. Er war bei Schemering vorbeigelaufen, hatte sich eine Decke, eine Fackel und seinen Umhang geholt.
    Ihm war es egal, wie nass er war. Wenn er den Wortsammler nicht fand, würde es schwer sein, Hiske für sich zu gewinnen. Er hatte nur noch wenige Möglichkeiten, vor ihr zu bestehen und ihr klarzumachen, was sie ihm bedeutete. Garbrand war sehr deutlich geworden. Und er hatte recht. Mit jedem Wort. Warum nur hatte er seine Freiheit schon vor drei Jahren höher eingestuft als seine Gefühle? Warum hatte er sich so missverständlich ausgedrückt, dass es eskalieren konnte? Im Moor würde er Zeit genug haben, sich darüber Gedanken zu machen.
    Der Weg war morastig und schwer, teilweise sackte Jan mehr als knöcheltief ein. An den wenigen trockenen Stellen schien es dann wieder, als laufe er auf Watte, weil der Boden unter ihm federte. Wegen des Gewitters hatte sich der Himmel früher verdunkelt als sonst. Über dem Land lag eine gespenstische Dämmerung, der noch immer andauernde Sturm peitschte die Äste auf und nieder. Jan fürchtete, dass ein weiteres Regengebiet in den nächsten Tagen und Wochen das Land unpassierbar machen könnte. Umso dringlicher war sein Unterfangen, denn wenn es noch sumpfiger wurde, lief er Gefahr, nicht zurückzukommen. Leider hatte es sich nicht abgekühlt, sondern die Luft war feucht und stickig geworden, sodass es fast schwer fiel, ruhig durchzuatmen. Seinen Umhang trug er lediglich, weil er einen guten Schutz vor den Mücken bot, die sich hungrig auf ihn stürzten und ihre Rüssel, wo immer sie konnten, in sein Fleisch bohrten. Darunter rann ihm der Schweiß in wahren

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