Historical 148 - Die Geliebte des Rebellen.doc
nicht zur Geltung zu bringen.
Die Bediensteten in Clay Court machten sich schon seit Jahren so ihre Gedanken um AnnaClaires Zukunft. Sie hatte einfach zu viel Zeit damit verbracht, ihre Mutter zu pflegen.
Und jetzt war sie schlichtweg zu alt, zu willensstark und zu unnachgiebig, wenn es darum ging, noch einen Gatten zu gewinnen.
„Lord Davis." AnnaClaire bot ihm die Wange hin, und er hauchte einen leichten Kuss darauf.
„Meine Liebe", sagte er. „Hoffentlich nimmst du mir diesen Überfall nicht übel."
„Ihr gehört doch sozusagen zur Familie. Wie könnt Ihr da von einem Überfall sprechen", gab AnnaClaire freundlich zurück.
„Lord Dunstan und ich sind auf dem Wege zu den Docks, um einen Freund zu begrüßen, der aus London kommt. Wir dachten, du hättest vielleicht Lust, uns zu begleiten?"
„Es tut mir Leid, aber ich habe bereits eine andere Verabredung", lehnte AnnaClaire hastig ab.
„Dann können wir Euch vielleicht irgendwo absetzen?" bot Dunstan galant an. „Es wäre mir eine große Ehre, Euch Wagen und Kutscher zur Verfügung stellen zu dürfen."
„Vielen Dank, Lord Dunstan, das ist äußerst großzügig von Euch", versicherte AnnaClaire und reichte ihm die Hand zum Gruß. „Aber ich hatte bereits Tavis Anweisung erteilt, meine Kutsche bereitzuhalten."
„Nun, vielleicht kann ich Euch ein anderes Mal zu Diensten sein?"
AnnaClaire neigte leicht den Kopf und zwang sich zu einem Lächeln. „Darauf freue ich mich."
„Wie wäre es mit morgen?"
„Ich habe Lady Thornly versprochen, ihr morgen einen Besuch abzustatten."
„Das trifft sich ja ausgezeichnet", rief Dunstan theatralisch aus. „Wie es der Zufall will, haben Lord Davis und ich der Dame ebenfalls unsere Visite angekündigt. So können wir gemeinsam fahren, nicht wahr, Charles?"
Der alte Herr lächelte zufrieden und nickte zustimmend. Da wusste AnnaClaire, dass sie in der Falle saß, denn er war offenbar wild entschlossen, sie mit Dunstan zusammenzubringen.
Dieser wiederum war sehr hartnäckig in seinen Bemühungen um AnnaClaire, und so gab sie schließlich nach.
„Nun, Lord Dunstan", sagte sie, „dann möchte ich Ihren freundlichen Vorschlag annehmen."
Er neigte sich über ihre Hand. „Bis morgen dann, Verehr teste."
AnnaClaire geleitete ihre Besucher nach draußen und beobachtete deren Abfahrt. Dann rief sie nach Tavis und wies ihn an, ihren Einspänner vorzufahren. Die Luft war frisch und klar, und vielleicht würde ihr eine kleine Ausfahrt ja helfen, Ordnung in ihre Gedanken zu bringen.
Verwundert entdeckte AnnaClaire bei der Rückkehr in ihr Schlaf gemach, dass die Tür zum Dachboden offen stand. Rory stand am Fuß der Stiege. Er konnte sich augenscheinlich kaum auf den Beinen halten.
„Was macht Ihr denn hier?" wollte AnnaClaire wissen.
„Ich lausche."
„Aber Ihr müsstet doch eigentlich tief und fest schlafen."
„Ja, das war auch zunächst so. Doch eine ganz bestimmte Stimme riss mich aus meinen Träumen. Was wollte Euer Engländer diesmal von Euch?"
„Ich sagte Euch bereits, dass er nicht mein Engländer ist. Er bot mir lediglich an, Gebrauch von seiner Kutsche zu ma chen."
„Zweifellos während er selber drinsitzt."
„Das geht Euch nun wirklich nichts an, Rory O'Neil."
Er trat einen Schritt näher und packte sie am Arm. „Anna Claire, versteht Ihr denn nicht?
Euer Lord Dunstan ist ein Schlächter wie der Soldat Tilden. Und Ihr lasst Euch von ihm umschmeicheln und umwerben. Glaubt mir, alles was in die sem Hause geschieht, geht mich durchaus etwas an."
AnnaClaires Augen schienen Funken zu sprühen. „Ich kann mich gegen seine Schmeicheleien nicht wehren. Er ist weit von zu Hause fort und vermisst seine gewohnten gesellschaftlichen Verbindungen. Wahrscheinlich sieht er in mir eine artverwandte Seele."
„Das glaubt Ihr doch selber nicht." Rory legte ihr einen Finger unters Kinn und hob es leicht an. „AnnaClaire, dieser Pfau betet Euch an. Und das kann ich ihm nicht einmal verübeln." Mit dem Daumen zog er die Konturen ihrer Lippen nach. „Eine begehrenswertere junge Dame ist mir noch nie begegnet."
Sie wich zurück, denn die heißen Gefühle, die seine Berührung bei ihr auslösten, verunsicherten AnnaClaire zutiefst. „Das kommt von dem Opium, Rory O'Neil."
„Die Betäubungsmittel haben mich geschwächt, meine Sehkraft aber gewiss nicht beeinträchtigt. Und meine Vernunft auch nicht. Erkennt Ihr nicht, was andere in Euch sehen?"
AnnaClaire wusste darauf keine Antwort. Sie blickte ihm
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