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HISTORICAL Band 0264

HISTORICAL Band 0264

Titel: HISTORICAL Band 0264 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: NICOLA CORNICK
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sein.“
    „Nur wenn Sie ihn tatsächlich ermordet hätten“, stimmte Jack sanft zu. Ihre Enthüllungen schockierten ihn nicht – er hatte schon viel zu viel von der Welt gesehen, um sich noch von irgendetwas schockieren zu lassen –, aber er war neugierig, was für eine Art Mann ihr Gatte gewesen sein mochte. Was hatte sie sich von einem Mann gewünscht, ehe ihre Träume von der Liebe zerbrochen und durch Tod und Schande beendet worden waren? Er fand, es war kein Wunder, dass sie vorsichtiger damit war, sich hinzugeben, als die meisten anderen Frauen in der glitzernden, unmoralischen Welt der höheren Gesellschaftskreise.
    Sally lachte leise. „Ich versichere Ihnen, ich habe Jonathan nicht ermordet. Nicht, dass die Idee bisweilen nicht verlockend gewesen wäre. Er starb an der Grippe. In jenem Jahr wütete sie ziemlich heftig. Ich erkrankte auch daran, aber ich überlebte.“
    „Wie war er?“, wollte Jack wissen.
    Ihr Lächeln erstarb, und sie senkte die Lider. „Er war schwach, lasterhaft und gab mir mit seinen schamlosen Grausamkeiten und Seitensprüngen Gründe genug für eine Scheidung“, sagte sie. Eine Sekunde lang nahm Jack einen Ausdruck trostlosester Einsamkeit in ihren Augen wahr, dann zuckte sie die Achseln und griff nach ihrem Champagnerglas. „Verzeihen Sie mir. Ich hatte ganz vergessen, dass Sie ja im Ausland gewesen sind und daher nichts von meinen skandalösen Geschichten mitbekommen haben.“ Sie sah auf. „Es war seinerzeit eine echte cause célèbre , wie das wohl bei allen Scheidungen der Fall ist.“
    Das konnte Jack sich gut vorstellen. Ob die Frau nun die geschädigte Partei war oder nicht – eine Scheidung ruinierte ihren Ruf und beraubte sie ihres Platzes in der anständigen Gesellschaft. Dass sie bereits die Scheidung eingereicht hatte – auch wenn der rechtzeitige Tod ihres Mannes sie vor der endgültigen Schande bewahrt hatte, diesen bitteren Weg bis zum Ende zu gehen –, hatte mit Sicherheit Sallys guten Ruf schwer beschädigt. Es war kein Wunder, dass sie für sich eine neue Existenz hier im Blue Parrot hatte aufbauen müssen, und das war ihr in großem Stil gelungen.
    „Das tut mir leid“, meinte er. „Ich bedauere, dass Sie das alles ertragen mussten.“
    Sie zuckte die Achseln. „Zum Glück hatte ich mein Erbe. Es hätte schlimmer kommen können. Aber Sie verstehen jetzt sicher, warum mir der Club so wichtig ist.“
    Das ist eine Warnung, dachte Jack. Sie hatte seine Drohung nicht vergessen, ihr alles zu nehmen, was für sie wertvoll war. Sie traute ihm nicht. Er bezweifelte, ob sie überhaupt noch irgendjemand traute, nach allem, was sie durchgemacht hatte. Vielleicht war sie genauso überrascht wie er über die Leidenschaft, die so jäh zwischen ihnen aufgeflammt war. Und er wusste immer noch nicht, ob Sally dieser Leidenschaft nachgeben würde. Erneut brachte die Herausforderung, die sie für ihn verkörperte, sein Blut in Wallung.
    „Was ich Ihnen über Connie gesagt habe, entspricht der Wahrheit“, sagte sie plötzlich. Sie sah ihm in die Augen, und ihm stockte der Herzschlag angesichts der Intensität ihres Blicks. „Ich wusste nichts von ihrem Plan, Ihren Onkel zu erpressen.“
    Jack nickte. „Ich weiß.“ Er war zwar Zyniker, aber er hielt seine Instinkte für verlässlich, und die hatten ihm gesagt, dass Sally Bowes ein ehrlicher Mensch war.
    Er sah, wie sie erleichtert lächelte. „Ich danke Ihnen.“
    Der Kellner räumte die leeren Teller ab und brachte nun Fasan mit zartem, karamellisiertem Gemüse. Eine weitere Flasche Champagner wurde geöffnet. Jack lenkte das Gespräch auf Biarritz und Monte Carlo, auf die Gesellschaft, die Kultur und die neue liberale Regierung. Auf Sallys Drängen erzählte er ein wenig von dem Luftfahrtunternehmen, das er nach seiner Rückkehr aus der Armee gegründet hatte. Er war sich sehr bewusst, dass Sally so nah bei ihm saß, er war sich ihres Lächelns, ihrer leisen, etwas rauchigen Stimme und ihrer Finger bewusst, die ab und an seinen Ärmel streiften. Die Versuchung, sich über den Tisch zu beugen und sie zu küssen, wurde allmählich überwältigend, doch er bewahrte Geduld. Bald …
    Die Lichter im Saal schienen jetzt dämmeriger, und die Musik des Streichquartetts war den wohltönenden Klängen eines Pianos gewichen. Der Kellner servierte Cremetörtchen mit geraspelter Bitterschokolade und kandierten Veilchen. Die Champagnerflasche war leer.
    Und Jack wartete, wog ab und plante sorgfältiger als je zuvor die

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