HISTORICAL Band 0264
ihn mit einem wohldosierten, kühlen Lächeln, das auf ihn wie ein reines Aphrodisiakum wirkte und seinen Blutdruck in schwindelerregende Höhen trieb. Er hatte sich gerade erst wieder halbwegs unter Kontrolle nach dem Zwischenfall im Flur, seine Erregung hatte sich noch nicht ganz gelegt.
„Verzeihung, dass ich Sie habe warten lassen“, sagte Sally und hörte sich dabei an, als täte ihr das nicht im Geringsten leid.
„So lange hat es gar nicht gedauert“, antwortete Jack. Plötzlich war er fest entschlossen, sie ein wenig aus der Fassung zu bringen. „Ich hoffe, Sie haben sich wieder erholt?“
Ihre Wangen röteten sich leicht. Sie wich seinem Blick aus und faltete umständlich ihre Serviette auseinander. „Danke, es geht mir sehr gut.“
Gut so. Ihr Erröten erfüllte Jack mit Befriedigung. Sie war also doch nicht so kühl, wie sie vorgab. Er konnte ihre Anspannung deutlich spüren. Es bedurfte nicht viel, das Feuer zwischen ihnen wieder zu schüren, bis es so aufloderte wie vorhin – und noch mehr. Er hatte fest vor, genau das später am Abend zu tun, doch im Moment wollte er ganz vorsichtig vorgehen, um sie nicht zu verschrecken.
„Ich habe Ihren Club bewundert“, fuhr er fort. „Das alles gehört Ihnen?“
Ein kleines, verwirrendes Grübchen bildete sich auf ihrer Wange, als sie lächelte. „Ein Teil davon. Der Rest gehört den Investoren.“
Ihre Offenheit überraschte ihn. „Sie sind hochverschuldet?“
Sie zuckte die Achseln, und ihr Blick wurde ein wenig misstrauisch. Ob sie sich an seine frühere Drohung erinnerte, er würde ihre Geschäfte ruinieren? Dann wollte sie bestimmt keine finanzielle Verwundbarkeit zeigen.
„Das Gebäude gehört mir“, sagte sie. „Das ist das Wichtigste.“
Jack schickte den Kellner fort und füllte ihr Champagnerglas selbst nach. „Und wie sind Sie dazu gekommen? Ein recht ungewöhnlicher Besitz für eine Dame, wie mir scheint.“
„Meine Großmutter hat mir das Haus hinterlassen“, erklärte Sally. „Damals war es natürlich ein Privathaus, aber ich hatte nicht das Geld, es zu unterhalten, also baute ich es zu einem Unternehmen aus.“
Sie musste einen ausgeprägten Geschäftssinn haben, um so erfolgreich zu sein. „Glauben Sie, Ihre Großmutter hätte das gebilligt?“
Sally lachte. „Das bezweifle ich. Sie war eine sehr konservative, viktorianische Dame, Mr. Kestrel, und sie missbilligte alles an mir, von meiner liberalen Erziehung bis hin zu meinen politischen Überzeugungen.“ Sie sah ihm in die Augen. „Ich bin Mitglied der National Union of Women’s Suffrage Societies, also Sympathisantin der Suffragettenbewegung, Mr. Kestrel. Meine Schwester Petronella ist sogar militante Suffragette.“
„Natürlich!“ Jack kannte den Namen Petronella Bowes aus den Zeitungen. „Sie war eine der Frauen, die sich vor ein paar Monaten an den Zaun in der Downing Street gekettet haben.“
„Ja.“ Sally strich nachdenklich mit dem Finger über ihr Champagnerglas. „Nell unterstützt die Bewegung leidenschaftlich. Nach dem Tod ihres Mannes wurde sie sogar noch aktiver. Ich nehme an, damit hat sie die Lücke gefüllt, die er hinterlassen hat. Sie ist sehr radikal in ihren Ansichten.“ Sie sah ihn an. „Missbilligen Sie es, wenn eine Frau ihre eigene politische Meinung hat, Mr. Kestrel? Die meisten Männer tun das.“
Jack lächelte sie an. „Ich glaube, ich habe genug Selbstbewusstsein, um mit so etwas gut umgehen zu können, Miss Bowes.“
Sally lachte amüsiert auf. „Ja, ich denke, nur Männer, die sich von intelligenten Frauen bedroht fühlen, stehen dem missbilligend gegenüber.“
„Und deren gute Meinung ist nun wirklich nicht viel wert.“ Jack beugte sich nach vorn. „Sagen Sie, Miss Bowes, welche Eigenschaften suchen Sie denn bei einem Mann?“
Er sah, wie das Leuchten aus ihren Augen verschwand. „Trotz allem, was vorhin geschehen ist, suche ich nicht einmal nach einem Mann , Mr. Kestrel.“ Ihre Stimme klang angespannt.
Jack strich leicht über ihre Hand. „Wegen Ihrer politischen Ansichten? Aber bestimmt haben doch nicht alle Suffragetten Probleme mit dem männlichen Geschlecht?“
„Nein.“ Sie zog ihre Hand fort. Als sie ihn ansah, war ihr Blick offen und ehrlich. „Es liegt nicht an meinen politischen Überzeugungen, Mr. Kestrel. Ich war schon einmal verheiratet, und ich fürchte, dass diese Erfahrung mich nicht gerade ermutigte, Herzensangelegenheiten etwas Positives abzugewinnen.“
„Wenn das so ist, wie
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