HISTORICAL Band 0264
sonst Jacks Verrat nicht ertragen hätte.
„Sag jetzt nicht wieder, dass es dir leidtut“, kam sie ihm zuvor, als Greg den Mund öffnete, um etwas zu sagen. Er zuckte die Achseln, schwieg aber.
„Jack würde das doch niemals tun“, teilte sie ihm mit, doch sie fragte sich, ob sie damit nur sich selbst überzeugen wollte.
„Was immer auch heute Abend geschieht“, versprach er und stand auf, „ich werde für dich da sein, Sally.“
Er verließ ihr Büro. Sie hörte, wie er sich von Mary verabschiedete, dann fiel die Tür ins Schloss, und Sally blieb schweigend sitzen. Sie wusste nicht, wie lange sie mit all ihren Gedanken, Ängsten, Träumen und Alpträumen rang, bis sie sich endlich eingestand, dass sie nicht wusste, was sie glauben sollte.
„Matty, Matty!“ Sally stürzte in ihr Zimmer, wo Mrs. Matson friedlich am Kamin saß und strickte.
„Was für ein Aufstand!“ Mrs. Matson legte ihr Strickzeug weg und erhob sich bedächtig. „Ich hab mich schon gefragt, was mit Ihnen geschehen ist, Miss Sally. Soll der König nicht in anderthalb Stunden eintreffen?“
Sally warf einen gereizten Blick auf die Uhr. „Allerdings! Warum hat mich niemand geholt?“
„Ich wollte Sie nicht stören.“ Mrs. Matson schürzte die Lippen. „Wissen Sie noch, was passiert ist, als ich das letzte Mal einfach so hereingekommen bin …?“ Sie stutzte. „Sie haben geweint, Kind. Sie weinen sonst nie. Was ist los?“
„Nichts“, behauptete Sally. „Alles.“ Sie wischte sich mit dem Handrücken über die Wange. „Ach Matty, jemand hat das Blue Parrot aufgekauft. Ich glaube, es ist Mr. Kestrel, und ich habe einfach Angst, dass er sich damit rächen will! Er wird mir alles wegnehmen, Matty, alles, wofür ich so hart gearbeitet habe, und ich ertrage das nicht!“
„Sie ertragen es nicht, dass er Ihnen etwas wegnimmt, oder ertragen Sie es nicht, dass er Sie verraten hat?“, fragte Mrs. Matson scharfsinnig nach.
„Beides!“ Sally schluckte. „Wie konnte ich nur so dumm sein, mich in ihn zu verlieben, Matty? Ich kenne ihn doch kaum! Und es tut so weh zu glauben, dass er mir das angetan hat!“
Mrs. Matson nahm Sallys kalte Hände und drückte sie. „Langsam. Sie wissen nicht, was er getan hat. Das erfahren Sie erst, wenn Sie ihn fragen.“
„Das ist richtig. Aber ich kann ihn nicht fragen, wenn der König dabei ist und alle meine Gäste …“ Sie fuhr sich mit der Hand durchs Haar und entfernte die Haarnadeln. „Was habe ich nur für eine Dummheit begangen!“
„Man kann sich nicht aussuchen, in wen man sich verliebt“, meinte Mrs. Matson tröstend, ging zum Kleiderschrank und nahm ein glitzerndes silberfarbenes Abendkleid heraus, das wie ein Wasserfall von ihrem Arm fiel. „Ich wusste vom ersten Moment an, dass Matson der Richtige für mich war.“
„Wirklich?“ Sally sah sie verblüfft an. Darüber hatte Matty nie gesprochen.
„Ich habe ihn aber erst neun Jahre später geheiratet. Wir hatten damals kein Geld.“ Sie hob den Kopf. „Eine Woche, neun Jahre … für die Gefühle macht das manchmal keinen Unterschied. Ich lasse Ihnen jetzt ein Bad ein, Miss Sally. Danach werden Sie sich besser fühlen.“
Eine Stunde später eilte Sally in dem herrlichen silberfarbenen Kleid und mit Diamantnadeln im Haar die Treppe hinunter. Dan kam ihr in der Halle entgegen.
„Wir haben ein Problem.“
Sally warf ihm einen fragenden Blick zu, und ihre Nervosität nahm noch weiter zu.
„Der König ist hier.“ „Schon?“, rief Sally entsetzt. Ihr Blick fiel auf die Uhr in der Halle. „Aber wir haben doch erst in einer halben Stunde mit ihm gerechnet, und er kommt sonst immer zu spät! Warum haben Sie mir nicht Bescheid gesagt?“
„Ich war gerade auf dem Weg zu Ihnen“, verteidigte Dan sich. „Er ist erst vor fünf Minuten eingetroffen – zusammen mit Mr. Kestrel.“
Panik stieg in Sally auf. Also war auch Jack bereits da, und er war nicht zuerst zu ihr gekommen. Alle ihre Zweifel und Ängste, die sie so mühsam unterdrückt hatte, stellten sich plötzlich wieder ein. Würde er ausgerechnet diesen Abend wählen und verkünden, dass er jetzt der Besitzer des Blue Parrot war und Sally ruiniert hatte? Sie verdrängte den fürchterlichen Gedanken und versuchte, sich zu konzentrieren. „Wo sind sie jetzt?“, wollte sie wissen.
„Im Purpursalon. Sie wollten die Ersten sein und die neuen Spieltische mit einer Partie Chemin de fer einweihen.“
Sally fluchte lautlos. „Sehr nett.“ Sie hätte sich denken
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