HISTORICAL Band 0264
…“, fing Greg an, aber Sally schüttelte gereizt den Kopf.
„Du machst mich ganz nervös! Also?“
„Während wir in Dauntsey waren, ist mein Anwalt von einem Mann kontaktiert worden, der sich als Vertreter eines anonymen Interessenten vorstellte. Sie wollten meinen Anteil am Blue Parrot aufkaufen, Sally.“
Ein eisiger Schauer lief ihr über den Rücken. „Warum will jemand deinen Anteil an dem Club?“
„Ich weiß es nicht, aber sie wollten ihn unbedingt. Sie boten mir den doppelten Wert dafür. Ich sagte Montgomery, ich würde unter keinen Umständen verkaufen, und bat ihn, herauszufinden, wer dieser mysteriöse Interessent ist. Aber er brachte nur in Erfahrung, dass der Anwalt des Unbekannten ein gewisser Churchward ist, der auch die Familie Kestrel vertritt. Er hat bereits alle anderen Investoren angesprochen. Und sie haben alle ihre Anteile verkauft. Es tut mir leid, Sally.“
Sie war wie erstarrt. Unschlüssig spielte sie mit der Schreibfeder und versuchte, sich zu konzentrieren, aber das Einzige, was dabei herauskam, war, dass sie sich die Finger mit Tinte beschmutzte. „Nicht jeder ist so loyal wie du, Greg“, sagte sie betont leichthin. „Du glaubst also, dass Mr. Churchwards unbekannter Auftraggeber vorhat, das Blue Parrot zu übernehmen?“ Sie legte die Feder hin. „Nun ja, wenn er bereits alle Anteile der anderen Investoren aufgekauft hat, gehört ihm der Club jetzt, denn dein Anteil und meiner bringen zusammen nur vierzig Prozent.“
Greg nickte. „Natürlich vertritt Churchward noch viele andere Mandanten, nicht nur Jack Kestrel.“
„Natürlich“, wiederholte Sally. Sie hob den Kopf und sah Greg in die Augen. „Aber ich denke, wir wissen beide, dass Jack dahinterstecken muss. Wer sonst sollte wohl ein Interesse daran haben, das Blue Parrot Club zu kaufen?“
Er schüttelte den Kopf. „Ich habe keine Ahnung. Aber warum bloß? Es sei denn …“
Es sei denn …
Sally dachte an den Abend, an dem sie Jack zum ersten Mal begegnet war. Das war vor erst einer Woche gewesen, aber es fühlte sich an wie eine Ewigkeit. So viel war inzwischen geschehen. Trotz ihrer kurzen Bekanntschaft hatte sie sich sogar eingebildet, ihn zu kennen und zu verstehen. Aber was wusste sie wirklich über Jack Kestrel, den Mann, in den sie sich leidenschaftlich verliebt hatte, der ihre Liebe jedoch nicht erwidern konnte?
Bei ihrer ersten Begegnung war sie zu leichtsinnig gewesen, das gestand sie sich jetzt ein. Sie hatte ihm verraten, dass ihre geschäftliche Situation heikel und sie selbst von den Investoren des Clubs abhängig war. Eine solche Information konnte entscheidend sein für jemanden, der Anteile aufkaufen wollte … oder Rache suchte …
„Montgomery sagte, das Angebot kam, als wir auf Dauntsey waren?“, fragte sie vorsichtig.
„Ja, am Freitag“, bestätigte Greg.
Freitag. Das war zwei Tage nach ihrer ersten Begegnung gewesen. An dem Tag war Jack in das Blue Parrot gekommen und hatte ihr vorgeworfen, gemeinsam mit Connie seine Familie ausnehmen zu wollen. „Und war dieser Churchward immer noch interessiert, als du gestern nach London zurückkamst?“
Greg nickte finster. „Er drängte mich zu einer Antwort, obwohl Sonntag war. Montgomery meint, Churchward sei äußerst hartnäckig gewesen. Es tut mir leid, Sally.“
„Wir sehen uns heute Abend“, hatte Jack beim Abschied auf dem Bahnhof in Oxford gesagt und ihr noch schnell einen Kuss gegeben. Wenn an diesem Abend der Purpursalon in Anwesenheit des Königs wiedereröffnet wurde, würde Jack Kestrel dort nicht nur als ihr Verlobter erscheinen, sondern auch als der Mann, der die Anteilsmehrheit im Blue Parrot besaß. Hätte Greg an ihn verkauft, würde ihm jetzt beinahe alles gehören. Alles, wofür Sally so hart gearbeitet hatte, wofür sie in den letzten sieben Jahren gekämpft hatte, gehörte Jack. Er hatte sich ihren Körper genommen, ihr Herz und nun auch noch ihren Club. Sie war ruiniert. Die vollkommene Rache.
Und dennoch sagte ihr eine hartnäckige innere Stimme, dass Jack so etwas niemals getan hätte. Obwohl die Zweifel in ihr nicht verstummen wollten und sie immer wieder daran erinnerten, wie unnachgiebig Jack sein konnte und dass sie ihn kaum kannte, klammerte Sally sich stur an ihre feste Überzeugung, dass sie ihn doch kannte und dass er sie niemals so verletzen würde.
„Ich glaube es nicht“, flüsterte sie.
Greg sah sie mitleidig an. Er dachte sicher, sie wolle der Wahrheit nicht ins Gesicht sehen, weil sie
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