Historical Band 298
Irre geführt, sodass ihr das, was sie nun vorhatte, auch wenn es zum Besten anderer war, schwer auf der Seele lag. Sollte sie es ihm erzählen? Würde er sie anhören, oder würde er ihr Tun schlichtweg auf ihr zu weiches Herz schieben? Noch schlimmer, würde er annehmen, dass sie seinen Entscheidungen nicht vertraute?
Als sie endlich alles Nötige erledigt hatte und die Treppen zu ihren Gemächern hinaufstieg, fragte sie sich, ob sie wirklich das Richtige tat.
2. KAPITEL
E in Kratzen auf dem Steinboden riss Connor aus dem Schlaf. Er griff nach dem Schwert, das immer neben seinem Bett lag, und tastete mit einer Hand nach Jocelyn, um sie schützend an sich zu ziehen. Doch ihre Seite war leer. Er sprang vom Lager und näherte sich, das Schwert erhoben, dem Geräusch.
Er hörte sie atmen, ehe er sie sah. Sie trat aus dem Schatten des Alkovens auf ihn zu.
„Jocelyn? Was tust du?“ Er steckte das Schwert zurück in die Scheide und nahm eine Kerze, die er an der Glut des Ofenfeuers entzündete.
„Ich konnte nicht schlafen“, sagte sie, ihr Nachtgewand enger um sich ziehend. „Da wollte ich ein wenig herumspazieren, aber es sind zu viele Besucher in der Burg.“ Sie warf einen Blick zurück in die dunkle Ecke. „Also beschloss ich, mich dorthin zu setzen, um deinen Schlaf nicht zu stören.“
Etwas stimmte nicht.
Er trat näher und sah den Stuhl, den sie über den Boden gezogen hatte – das Schaben der Beine hatte ihn geweckt – und die Schatulle, keine drei Fuß davon entfernt. Eine neue Kerze lag bereit.
„Was ist los, Jocelyn?“ Er betrachtete ihr Gesicht im flackernden Licht seiner Kerze, trat näher und nahm ihre Hand. „Bedrückt dich etwas?“
Sie sah aus, als wolle sie antworten, schüttelte dann aber den Kopf.
„Ist etwas mit den Kleinen?“, fragte er weiter und suchte in ihrer Miene nach Anzeichen, dass er recht hatte. Sie mochte vielleicht glauben, sie könnte ihn täuschen, doch er konnte in ihren Gesichtszügen lesen wie in einem Buch.
Ihre Sprösslinge waren längst nicht mehr klein, doch untereinander pflegten sie sie immer noch „die Kleinen“ zu nennen. Er glaubte, dass Jocelyn bereits den Tag fürchtete, an dem sie ihre Eltern verlassen und eigene Familien gründen würden. Darüber wollte er nicht mit ihr streiten, denn er wusste, dass sie ein weiches Herz hatte, wenn es um ihre Kinder ging. Darum schob er es auch auf, mit ihr über seinen Plan zu sprechen, Adhamh, ihren jüngsten Sohn, zu den Robertsons, ihren Verbündeten und Marians Familie, in Dunalastair zu schicken, damit er dort aufwuchs. Er hatte Angst, es werde ihr das Herz brechen.
„Es ist alles gut, Connor“, sagte sie und lächelte ihn an. „Ehrlich.“
Sie ging zu ihm, sah an ihm hinab und machte ihm bewusst, dass er ganz nackt vor ihr stand. Er machte einen Schritt zurück, aber sie folgte ihm und legte ihm eine Hand auf die Brust. „Ich mache mir Gedanken, ob morgen alles gut gehen wird.“ Aufreizend ließ sie die Finger über seine Brustwarzen gleiten, und er sog scharf die Luft ein.
„Ich mache mir Sorgen um Ailsa und Angus und darum, ob ihre Hochzeit ohne Zwischenfälle verlaufen wird.“
„Du meinst, im Gegensatz zu unserer eigenen?“, fragte er in dem Versuch, die Stimmung zu lockern. Vermutlich sorgte sie sich, ob die Vorbereitungen ausreichten, um ihn als Laird und Earl im rechten Licht dastehen zu lassen. Seit dem Tag ihrer Hochzeit standen für Jocelyn seine Belange stets an erster Stelle, und so schien es auch jetzt zu sein.
„Unsere ging gut aus“, versicherte sie ihm, während sie mit den Fingerspitzen noch immer seine Haut reizte und dabei vorgab, es ganz unbewusst zu tun. Unter der Berührung prickelte seine Haut, und er wurde hart.
„Wenn du es ‚gut ausgehen‘ nennst, dass du einschliefst und dann, als ich endlich mit dir das Bett teilte, den Namen eines anderen Mannes riefst …“
Er lachte, als er ihr empörtes Gesicht sah, bis auch sie sich wieder an jene Nacht erinnerte.
Als er das erste Mal sein Recht als Ehemann einforderte, hatte sie in der Tat den Namen eines anderen gerufen – den Namen des jungen Mannes, den sie geliebt, den er aber an Brautgeld überboten hatte. Doch sie hatten ihr gemeinsames Glück gefunden, und nicht ein Mal während ihrer Ehe hatte er ihre Treue angezweifelt. Konnte es sein, dass dieses Glück vorbei war? War das der Grund für ihre betrübte Miene?
Wieder sah er in ihre Augen und suchte nach dem wahren Grund für ihr seltsames Verhalten
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