Historical Band 298
zuversichtlich durch die Flure, als wäre er hierherbeordert worden.
Jane, die zwei Schritte machen musste, wenn er einen machte, blieb dicht an seiner Seite.
Niemand hielt sie auf, als sie sich einer offenen Tür näherten. Dahinter trafen sie den König an, der mit finsterem Gesicht seine Kammerdiener und Bediensteten beaufsichtigte, die dabei waren, Kisten und Truhen zu packen.
Duncan räusperte sich und beherrschte seinen Zorn. Es würde nichts bringen, den König jetzt zu verärgern. „Eure Majestät?“
König Richard sah auf und warf ihm einen zerstreuten Blick zu. Dann schien er ihn zu erkennen, und für einen Moment blitzte etwas wie Scham in seinen blauen Augen auf, sogar Furcht. Der König sah sich im Raum um, als würde er nach einer Wache Ausschau halten.
„Ihr wolltet den Jungen wiedersehen, Eure Majestät.“
Jane trat vor und verbeugte sich.
Das Gesicht des Königs entspannte sich, und er lächelte.
Gut. Er würde ihn in Sicherheit wiegen, bevor er ihn um das Lösegeld bat.
Der König verließ den Raum, und sie folgten ihm in den Kreuzgang. Die Herbstsonne stand jetzt schon tief, und im Schatten war es kühl.
„Nun, wie macht sich der Junge, Master Duncan?“ Der Blick Seiner Majestät schweifte unstet umher, als würde er die Sache gerne schnell hinter sich bringen.
„Ganz gut.“ Besser, als Duncan erwartet hatte. Zweifellos war das Latein des Königs ohnehin nicht so gut, dass er Janes Fehler bemerken würde.
Dieser lächelte Jane zu. „Schon bereit für den Dienst bei Hofe?“
Mit einem Blick zu Duncan bat sie ihn um seine Erlaubnis, zu sprechen.
Er nickte.
„Noch nicht, Eure Majestät, aber durch eifriges Studieren hoffe ich, Euch eines Tages zu Ehren zu gereichen.“
Duncan suchte seine Überraschung zu verbergen. Vor seinen Augen verwandelte sich der respektlose Student, den er kannte, in einen ergebenen Höfling, aber mit genau der richtigen Prise Stolz, die Aufmerksamkeit weckte. Wo hatte dieses Mädchen das gelernt? „Trage Seiner Majestät deinen Text vor.“
Voll Eifer trug sie aus einer lateinischen Komödie den Monolog des Pamphilus vor, eines jungen Mannes, der eine für ihn unerreichbare Dame liebt. Dabei ging ihr Vortrag über bloßes Rezitieren weit hinaus. Voll Leidenschaft sprach sie die Sätze des Helden, spielte die Szene mit solcher Begeisterung und so viel Ausdruck, dass selbst jemand, der der lateinischen Sprache nicht mächtig war, die Bedeutung verstanden hätte.
Erhitzt endete sie mit einer Verbeugung und sah dann zu ihm, Duncan, hinüber.
Augenblicklich vergaß er den König.
Jetzt wusste er, warum sie dieses Theaterstück ausgewählt hatte. In der Geschichte gewinnt Pamphilus die Frau seiner Träume für sich. Er arbeitet hart dafür, aber am Ende entscheidet er selbst über sein Schicksal.
Welches Schicksal hatte sie gewählt?
Die Stimme des Königs riss ihn aus seinen Gedanken. „Ihr habt ihn gut unterrichtet. Sagt dem Schreiber, er soll Euch zehn Pence geben, und einen für den Jungen. Mach so weiter mit deinen Studien, junger John.“
Der König wandte sich zum Gehen.
„Eure Majestät, eine Bitte, wenn Ihr gestattet“, wandte Duncan schnell ein.
Das Lächeln des Königs schwand, als er sich wieder umdrehte. „Ja?“
Duncan beschwor all seine Überredungskraft. „Das Parlament stimmte der Bereitstellung von Geldern zur Verteidigung des Nordens zu. Eure Majestät müssen den Truppen nur noch den Befehl geben, aufzumarschieren.“
Duncan wusste, dass es in Wirklichkeit mehr als nur des königlichen Befehls bedurfte. Das Geld wurde bereitgestellt, aber es musste noch gesammelt und verteilt werden. Wie auch immer, das war nicht Duncans Angelegenheit, solange nur mehr Truppen nach Norden eilten.
„Und das werde ich auch“, sagte König lächelnd. „Wenn der Rat im Januar zusammentritt, werde ich darauf bestehen.“
Duncan unterdrückte ein Stöhnen. Noch mehr wertvolle Monate sollten also verstreichen, bevor Hilfe kam. Trotzdem neigte er den Kopf. „Meinen Dank, Eure gnädige Majestät. Da ist allerdings noch etwas, worum ich Euch bitten möchte. Es geht um meinen Vater.“
Fragend sah der König ihn an. „Ich kenne Euren Vater nicht.“
Duncan spürte ein leichtes Zupfen an seiner Robe. Jane schaute zu ihm und dann vielsagend auf den Steinboden.
Duncan gab sich einen Ruck. Er war kein Mann, der leicht das Knie beugte. Aber jetzt zwang er sich dazu, demütig vor dem König niederzuknien. Dabei fragte er sich, was sein Vater
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