Historical Band 298
stellte seinen Fuß auf dessen ausgestreckte Finger und trat mit seinem ganzen Gewicht darauf, bis Jane das schreckliche Knirschen brechender Knochen hören konnte.
„Nein!“ Sie hörte sich selbst schreien.
Dann ließen sie Duncan los. Seine Hand lag blutig und verkrümmt auf der schlammigen Straße.
„Nimm sie, wenn du sie so unbedingt willst. Wir hätten mit dir geteilt.“
Die Augen voll Wut, kämpfte Duncan keuchend gegen den Schmerz an. Er wollte ihnen nicht die Befriedigung geben, seine Schmerzensschreie zu hören. Er sammelte seine ganze Kraft, um ein einziges Wort auszuspeien. „Niemals.“
Die vier wichen zurück, als stünden sie einem von den Toten Auferstandenem gegenüber. Der Bursche hinter Jane ließ die Arme sinken. Sofort wirbelte sie herum und verpasste ihm einen Faustschlag ans Kinn und einen Tritt in den Leib, der ihn in die Knie gehen ließ.
Wut packte sie, stärker als alle Vernunft oder Angst. Sie hatten Duncan verletzt. Dafür würden sie bezahlen, und koste es ihr Leben.
Dem Anführer versetzte sie einen heftigen Tritt. Auch wenn sie seine verletzlichste Stelle verfehlte, kam er ins Wanken. Mit Ellenbogen, Fäusten und Knien drosch sie auf die völlig überrumpelten übrigen Kerle ein.
Dann kamen sie alle drei geschlossen auf sie zu.
„Jane! Hör auf!“ Das war Geoffreys Stimme.
Sie sah, wie die Strauchdiebe, gejagt von Henry und ein paar anderen, die Straße hinunter flohen.
Der rote Schleier der Wut löste sich langsam auf. Die Angst und die Wut, die sie angetrieben hatten, ließen nach, und erschöpft ließ Jane sich gegen Geoffrey sinken. Er hatte sie Jane gerufen!
Ihre Männlichkeit lag zertrampelt zu ihren Füßen im Dreck, nichts mehr als schmutzige Lumpen. Sie hatte keine Zeit, den Verlust zu betrauern. Keine Zeit, die Wunden an Körper und Seele zu verarbeiten.
Das war jetzt alles nicht wichtig.
Einzig und allein Duncan zählte.
Sie fiel auf die Knie und presste die Wange an sein schweißüberströmtes Gesicht.
„Du hast da ein oder zwei anständige Schläge gelandet.“ Sie spürte, welche Willensanstrengung es ihn kostete, die Worte hervorzustoßen, während er vor Schmerz die Zähne zusammenbiss. Jetzt durfte sie nicht in nutzloses Schluchzen ausbrechen. Wenn Duncan die Schmerzen und seine Angst verbergen konnte, konnte sie es auch.
Sie sah auf. Hawys, die anscheinend Verstärkung geholt hatte, stand neben ihr. Geoffrey, Henry und einige andere Männer bildeten eine Mauer um sie und Duncan. Gott sei Dank arbeitete ihr Verstand noch, und sie erkannte mit erschreckender Klarheit, was getan werden musste.
Vorsichtig untersuchte sie seine Arme, Rippen und Beine auf weitere Verletzungen.
„Die Rippen müssten vielleicht bandagiert werden“, sagte Duncan mit geschlossenen Augen und lächelte ironisch. „Und die Hand.“
„Tragt ihn nach Hause.“ Insgeheim betete Jane, dass er dabei nicht noch schlimmere Schäden davontrug. Dann sah sie in sein zerschlagenes Gesicht und lächelte mühsam. „Ihr seid da in einen schönen Schlamassel geraten, Master Duncan. Zum Glück habt Ihr ja Eure Kumpels, die Euch helfen.“
Er hörte sie nicht mehr. Endlich hatte er seiner Schwäche nachgegeben und war ohnmächtig geworden.
Geoffrey hob ihn an den Schultern hoch und Henry an den Füßen. Der rechte Arm mit der zerquetschten Hand baumelte kraftlos an der Seite herunter. Sie ergriff ihn vorsichtig, kreuzte seine Arme über der Brust und folgte dann langsam den Männern. Hawys ging neben ihr.
„Ich wollte wieder zurück nach Hause“, flüsterte Jane ihr zu. Es fiel ihr schwer, sich an das zu erinnern, was geschehen war. Es schien Jahre zurückzuliegen. „Duncan wollte mich nicht. Er schämte sich …“
Vor Kummer versagte ihr die Stimme.
„Schämte sich?“ Hawys blieb stehen. „Du bist eine außergewöhnliche Frau“, meinte sie aufgebracht.
Jane schüttelte den Kopf. Hawys brauchte nicht zu wissen, dass sie zur Hälfte von königlichem Blut war.
Hawys, der es verboten war, die Herberge zu betreten, verließ sie an der Tür. „Ich werde für dich beten“, flüsterte sie.
Jane sah ihr nach und fühlte sich verlassen. Dann zog sie den nassen, schmutzigen Mantel enger um sich und hoffte, er würde Verkleidung genug sein. „Wissen es alle?“, fragte sie Geoffrey, bevor sie über die Schwelle trat. Frau oder nicht Frau, keiner würde sie daran hindern, Solar Hostel zu betreten.
„Nur wenige. Und die werden den Mund halten.“
„Sorge dafür, dass sie
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