Historical Band 298
es tun.“
Es wurde still im Gemeinschaftsraum, als sie den immer noch ohnmächtigen Duncan zur Treppe trugen. Keine Späße. Keine spöttischen Bemerkungen. Das hier war mehr als eine gewöhnliche Prügelei gewesen.
Endlich in der Kammer, schloss sie die Tür. Für Erklärungen war später noch Zeit.
Geoffrey und Henry legten Duncan aufs Bett und warteten dann, als wäre es an Jane zu entscheiden, was jetzt zu tun war. Als wüsste sie instinktiv, wie man Kranke pflegte und heilte.
„Henry, schür das Feuer und bring mir Wasser und ein paar Tücher. Geoffrey, hol einen Wundarzt“, begann sie.
Er zögerte. „Vielleicht nicht eher Matthew Gregory? Er ist ein guter Physikus.“
Sie schüttelte den Kopf und erlaubte sich ein kleines Lachen. Duncan hatte ihr erklärt, wie töricht es war, Vorurteile gegenüber Wundärzten zu haben. „Sieht das hier aus, als wären seine Körpersäfte nicht im Gleichgewicht? Er braucht jemanden, der sich mit Knochen auskennt.“ Ihre Worte waren gleichzeitig ein Flehen. Das hier überstieg das Können selbst des erfahrensten Wundarztes.
Henry hatte Holz nachgelegt und stand neben dem Feuer.
„Und bringt mir den stärksten Wein, den Ihr finden könnt. Für ihn“, fügte sie hinzu, als sie das Erstaunen in ihren Gesichtern sah. „Und noch etwas.“
Sie schwiegen.
„Geht nach St. Michael’s und zündet eine Kerze an.“
Geoffrey nahm sie in die Arme. Nicht so, wie er John umarmt hätte. Es war eine Umarmung, die zu trösten versuchte, aber möglichst ohne sie zu berühren. Henry wischte sich die Hand am Kittel ab und streckte sie ihr hin.
Jane schloss die Tür hinter ihnen und sperrte die draußen wartenden Scholare aus. Sollte Geoffrey ihnen alles erklären.
Sie lehnte die Stirn gegen das raue Holz. Die Angst erdrückte sie fast und raubte ihr den Atem. Was, wenn sie alles falsch machte?
Auf Zehenspitzen ging sie zum Bett und zwang sich, seine Hand anzuschauen – man konnte sie kaum mehr eine Hand nennen – die auf seiner Brust lag. Zögernd streckte sie die Finger danach aus. Wenn nur ihre Berührung ihm die Schmerzen nehmen könnte, statt sie erneut zu entfachen!
Duncans Kleider und die Betttücher waren blutdurchtränkt und rot wie die Wasser des Nils. Jane sah sich in der Kammer um, aber sie fand keine Tücher, mit denen sie das Blut hätte stoppen können. Dann fühlte sie das Leinen, das über die zarte Haut ihrer Brust rieb, und wusste, was zu tun war.
Sie schlüpfte aus den Ärmeln, wickelte das Tuch von ihren Brüsten, ballte es zusammen und schlüpfte wieder in die Ärmel ihres Gewandes.
Zurück am Bett, wickelte sie ein Stück Leinen ab und legte es lose auf Duncans Hand. Aber so schnell, wie sie den Stoff in mehreren Lagen über seiner Hand ausbreitete, so schnell sog er sich voll Blut. Mit angehaltenem Atem versuchte sie so vorsichtig wie möglich zu sein, doch ihre Finger zitterten, und obwohl sie es nicht wollte, berührte sie ihn und spürte, wie sich seine Knochen verschoben.
Das vertraute hilflose Gefühl überfiel sie wieder. Sie stolperte fort von ihm, wich zurück, bis sie mit dem Rücken an die grobe Wand stieß.
Duncan lag hilflos und ohne sich zu rühren auf dem Bett.
Sie sog gierig die frische Luft ein, die durch den Fensterladen drang. Aber sie half wenig gegen ihren rebellierenden Magen.
Vor all dem hier war sie davongelaufen. Vor der Verantwortung, die man trug, wenn man sich um jemand anderen kümmerte in einem Augenblick, der über Leben und Tod entscheiden konnte.
Ich kann nicht.
Sie war nicht gut in solchen Dingen. Duncan konnte jeden Moment sterben, während sie nutzlos hier herumstand. Was sollte sie nur tun? Wo sollte sie anfangen? Was, wenn ihre stümperhaften Versuche alles nur noch schlimmer machten?
Aber während dieser Ewigkeit, in der sie dastand und betete, der Wundarzt möge endlich kommen, war niemand da außer ihr.
Niemand kümmerte sich um sie. Es gab keine Möglichkeit, sich um ihre Pflicht zu drücken. Keinen, an den sie sich hätte wenden können, wenn sie versagte.
Alles hing allein von ihr ab.
Sie atmete noch. Und er auch.
Vorsichtig setzte sie sich aufs Bett, nahm seine linke Hand in ihre, so, als könnte sie dadurch, dass sie die eine Hand hielt, die andere retten.
Zum Glück schlief er noch. Gesicht und Arme waren voller Schnitte und blauer Flecke. Ein Mann, den das Leben gezeichnet hatte, den es aber nie in die Knie zwingen konnte. Diesen Eindruck hatte er vom ersten Augenblick an auf sie
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