Historical Band 303
Suche nach Fischen auf die Wasserfläche hinunter. Die Frauen stiegen von ihren Pferden und ließen die Tiere grasen, während Nairna den schmalen Pfad am felsigen Ufer einschlug. Da erblickten sie Larens Töchter, Adaira und Mairin, die im Sand mit Muscheln spielten.
Marguerites Gesichtszüge wurden weicher, als sie die kleinen Mädchen sah. Nairna stellte sie einander vor und Mairin machte große Augen, als sie Marguerites Kleid sah. „Wo habt Ihr dieses Kleid her, Mylady? Von der Königin?“
Marguerite lächelte. „Aus meinem Gepäck. Dein Vater erlaubte mir, einige meiner Sachen von Cairnross mitzunehmen.“
Ein sehnsüchtiges Lächeln huschte über das Gesicht des Mädchens. „Ich hätte gerne so ein Kleid.“
„Eines Tages hast du vielleicht eines“, meinte Marguerite und strich Mairin übers Haar.
„Wo ist eure Mutter?“, fragte Nairna.
„Sie ist in der Höhle und arbeitet“, antwortete Mairin. „Wenn das Feuer heiß ist, muss ich Adaira hier bei mir behalten.“
„Das Feuer?“ Nairna schnupperte. Es lag wirklich ein leichter Rauchgeruch in der Luft. „Was brennt sie denn?“
„Sie macht ihr Glas.“ Mairin griff nach einer Muschel und setzte sie oben auf einen Sandhügel.
„Sie macht ihr Glas?“ Neugierig folgte Nairna dem Geruch, bis sie die dem See zugewandte weite Öffnung einer Höhle sah. Drinnen entdeckte sie Laren, die an einem Lehmofen arbeitete. Sie füllte Asche in einen Tiegel, während ein weiterer Behälter an einer anderen Stelle des Ofens stand.
Vorsichtig ging Nairna näher. Sie hielt den Atem an, als sie die bunten Glasstücke erblickte, die auf einer Steinplatte lagen. Das Glas war in unterschiedlich große Stücke geschnitten, und sein lebhaftes Blau und Rot glühte in der Morgensonne. Man sah, dass die kleineren Stücke ein kompliziertes Muster bildeten, das wohl zu einem Fenster gehörte.
„So etwas Schönes habe ich noch nie gesehen“, flüsterte Marguerite.
Laren fuhr erschrocken herum. „Was machst du hier?“, fragte sie Nairna. „Ist etwas geschehen?“
Nairna überhörte die Frage und kam näher heran. „Weiß Alexander, was du hier jeden Tag tust?“
Laren schüttelte den Kopf. „Und ich will auch nicht, dass er es erfährt“, erwiderte sie scharf. „Er würde es nicht verstehen.“ Sie warf Marguerite einen misstrauischen Blick zu. „Ihr werdet ihm doch nichts sagen, oder?“
Marguerite schüttelte den Kopf. „Sicher nicht. Und ich wollte Euch noch dafür danken, dass ich in der Kammer bei Euren Töchtern schlafen darf, während ich auf meinen Vater warte.“ Sie schenkte Laren ein sanftes Lächeln. „Das ist freundlich von Euch.“
„Wie lange machst du schon Glas?“ Nairna konnte nicht glauben, dass Alexander keine Ahnung von Larens Talent hatte. Als sie genauer hinsah, entdeckte sie die Brandnarben, die Larens Hände und Unterarme bedeckten. Deswegen trug sie also ständig diese Handschuhe!
„Seit zwei Jahren“, gestand Laren. „Father Nolan war Lehrling bei einem Glasmacher, der vor vielen Jahren von Murano floh. Seine Hände waren zu schwach, um noch Glas herzustellen, aber er lehrte mich alles, was er wusste.“ Ein wehmütiger Ausdruck legte sich auf ihre Miene. „Letzten Winter starb er. Aber ich habe eine Menge von ihm gelernt.“
„Wo sind die Stücke, die du gemacht hast?“, fragte Nairna.
Laren deutete ins Höhleninnere, wo viele in Leder eingewickelte Pakete lagerten. Auf den ersten Blick schien es mindestens ein Dutzend zu sein.
In Nairnas Kopf überstürzten sich Zahlen und Schätzungen. Ihre Gedanken rasten. „Ist dir klar, was das hier für Glen Arrin bedeuten könnte?“ Falls sie das Glas an die Klöster der Umgebung verkaufte, bedeutete das Wohlstand und Reichtum für sie alle.
„Es ist nicht gut genug. Und selbst wenn – Alex würde es niemals erlauben.“ Mit behandschuhten Fingern nahm Laren behutsam ein Stück abgekühltes Glas und legte es auf die Steinplatte. Aus einem Lederbeutel holte sie ein Schneidewerkzeug und hielt es zum Erhitzen ins Feuer.
„Ich glaube, es würde ihn stolz machen“, sagte Nairna. Dann konnte sie ihre Neugierde nicht länger zügeln und wickelte eine der Glasscheiben aus. Sie enthüllte einen Kreis aus grünem, rotem und blauem Glas. „Warum willst du es ihm nicht sagen?“
Larens Gesicht sah plötzlich traurig aus. „Wir hatten … Schwierigkeiten in den letzten zwei Jahren. Alex und ich reden nicht oft miteinander.“
Nairna fragte nicht nach, was geschehen war.
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