Historical Collection 04
aufhob und mitnahm.
Rose sah ihm nach und bewunderte seinen männlichen Gang. Was für ein Mann! Seine Ausstrahlung war so erotisch – jeder Blick, jedes Wort war kalkulierte Verführung. Und doch spürte sie hinter seinen lasziven Blicken einen aufrichtigen Menschen. Einen Mann, der nicht mehr sein wollte, als er war, der Frauen mochte und jede Gelegenheit suchte, sich mit ihnen zu amüsieren. Unter der leichtfertigen Oberfläche verbarg sich auch seine Intelligenz. Immerhin hatte er sich sein eigenes Unternehmen aufgebaut.
Sie steckte in einer Zwickmühle, weil sie sich derartig hingezogen fühlte zu dem Mann, der Pembridge-on-the-Wye retten konnte, dies aber nicht wollte. Das Dorf war ihre große Passion, und sie wünschte sich sehr, dass es auch die seine würde, weil er allein die Beziehungen und die Möglichkeiten hatte, etwas zu verbessern. Dennoch wollte er nicht hierbleiben. Das war zwar gut für eine potenzielle Affäre, denn es wäre am besten, wenn ihr Liebhaber hinterher einfach verschwinden würde. Wenn er blieb, würden Komplikationen entstehen. Aber es ging gegen ihre Prinzipien.
Jetzt hatte sie den Karren vor das Pferd gespannt. Noch war er nicht in ihrem Bett. Jedoch war ihr klar, dass es unvermeidlich geschehen würde, denn er hatte angedeutet, dass er sie interessant fand, und er begehrte sie ganz offensichtlich. Selbst nach ihrer Schelte war er nicht vor ihr davongelaufen. Er ging mit der dreisten Selbstsicherheit eines Mannes einher, der wusste, er würde bekommen, was er wollte.
Ein solcher Mann konnte eine Frau um den Verstand bringen. Am besten behielt sie ihn im Auge, und das würde ihr gar nicht schwerfallen.
Von allen Überraschungen der letzten Zeit war dies die angenehmste – und die unterhaltsamste. Jeder im Obstgarten erkannte Pembridge sofort, als er näher kam, und es wurde zunächst sehr still. Wunderbar. Dieser störrische Mann hatte einen sicheren Weg gefunden, die Produktivität lahmzulegen. Bei diesem Arbeitstempo würden sie die Ernte in diesem Jahr nicht mehr vor dem ersten Frost einbringen. Rose war besorgt, denn der Frost lag schon in der Luft. Pembridge merkte jedoch schnell, welche Wirkung er auf die Pflücker hatte, und begann sofort, mit seiner freundlichen Art entgegenzuwirken. Nach einer halben Stunde ging alles wieder seinen gewohnten Gang, und Rose fühlte sich erleichtert.
Offensichtlich hatte er die Wahrheit gesagt, als er behauptet hatte, regelmäßig Schiffe zu entladen. Weder vor harter Arbeit noch vor Höhen schreckte er zurück, suchte für sich die höchsten Bäume und kletterte behände und mit kraftvoller Anmut die Leitern rauf und runter. Einen gefüllten Scheffel trug er mit Leichtigkeit auf einer Schulter. Rose sah ihn mehrmals anhalten und Frauen helfen, die mit ihrer Last zu kämpfen hatten. Er war Gentleman und gleichzeitig Arbeiter in einer einzigen, überaus männlichen Person.
Pembridge war zweifellos sehr maskulin. Die Arbeit hatte ihn erhitzt, und gegen Abend klebte das dünne Hemd an seinem Oberkörper. Mehr als einmal beobachtete Rose das Spiel seiner Muskeln unter dem schweißdurchtränkten Stoff, wenn er Körbe aufhob oder trug. Er war nicht stämmig gebaut wie die meisten Arbeiter, sondern muskulös und sehnig wie ein Athlet. Wenn er sich bückte, um einen Apfel vom Boden aufzuheben, spannten sich die Muskeln seines Hinterteils an, und bei diesem Anblick spürte Rose Hitze in ihrem Inneren aufsteigen. Wieder einmal.
Sie führte ihre ungehörige Faszination auf das Gerede über ihn zurück. Sie hätte nicht hinhören sollen. Da so viele der Gerüchte sexuell gefärbt waren, war es kein Wunder, dass ihr solche Gedanken kamen. Sie sollte ihnen allerdings besser nicht ausgerechnet draußen in der Öffentlichkeit nachhängen.
Vom Hause her hörte sie ihre Haushälterin die Glocke läuten, was das Ende des Arbeitstages signalisierte. Mrs Hemburton hatte Holzfässer mit Cider und Trinkbecher für die Arbeiter bereitgestellt, damit sie nach getanem Werk ein bisschen feiern konnten, bevor sie nach Hause gingen. Sie tranken dann noch ein paar Becher Apfelwein, unterhielten sich und machten sich auf, bevor es zu dunkel für den Heimweg wurde.
Heute hatten sie gute Arbeit geleistet. Rose ging durch die Reihen im Obstgarten und begutachtete die Bäume. Bis zum Ende der Woche würden sie voraussichtlich alles geschafft haben, und die Ernte würde sicher in der Scheune liegen. Sie hatte Glück, dass ihre Äpfel gut und gesund waren. Sie
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