Historical Collection 04
inneres Gleichgewicht wieder herzustellen. Auf jeden Fall war ein Wortduell mit Killian Redbourne ein aufregendes Erlebnis.
Er warf ihr von der Seite einen spöttischen Blick zu, mit dem er ihre offene, ehrliche Art anzuerkennen schien. „Rose, ich habe es nicht nötig, mit Frauen über ihre Zuneigung zu verhandeln.“
„Und worüber verhandeln Sie dann?“, gab Rose im gleichen Tonfall zurück.
Sie waren in einer ruhigen Ecke des Obstgartens angelangt, wo sie außer Hörweite der Arbeiter waren. Er blieb stehen und drehte sich zu ihr herum, sodass er dicht vor ihr stand, so nah, dass der Duft seines Rasierwassers ihr in die Nase stieg.
„Ich brauche jemanden, der mich im Ort herumführt und mit den Leuten bekannt macht. Der Anwalt meines verstorbenen Onkels, ein Mr Connelly, schlug Sie als besonders geeignet für diese Aufgabe vor. Es wird nicht länger als höchstens zwei Tage dauern.“
Das hatte sie befürchtet. Er hatte nicht die Absicht, als Earl hier zu leben, sondern würde nur den Titel annehmen und dann fortgehen, ohne daran zu denken, was das für die Menschen bedeutete. Pembridge-on-the-Wye brauchte mehr als nur ein hübsches Gesicht.
„Und danach gehen Sie so einfach nach London zurück?“ Rose schnipste mit den Fingern und sprach nicht mehr in dem leichten, etwas spöttischen Tonfall von vorher.
„Ich muss mich um meine eigenen Geschäfte kümmern“, erklärte Killian.
„Es gibt hier genügend Geschäfte, um die man sich kümmern müsste“, erwiderte Rose in scharfem, vorwurfsvollem Tonfall.
Damit schaffte sie es, den verspielten Charme aus seinem Gesichtsausdruck zu vertreiben. Gut so. Heutzutage war das Landleben ein ernstes Geschäft. Aus der Grafschaft Kent kamen Berichte von zerstörten Erntemaschinen, und in East Anglia gab es Aufstände von Landarbeitern. Wenn die nächste Ernte wieder so schlecht war wie die vorige, würden sich die Unruhen mit Sicherheit auch hier in Herefordshire ausbreiten, wo es mehr Landarbeiter gab als Arbeit auf den Farmen.
Rose stemmte die Hände in die Hüften. Sie war sich des herausfordernden Anblicks, den sie in Hose und Stiefeln bot, durchaus bewusst. „Die Menschen hier erwarten von Ihnen, dass Sie sich um sie kümmern.“
„Man hat mir berichtet, dass Sie das bereits hervorragend tun“, warf Pembridge ein. „Mich braucht man hier nicht.“
„Ich bin nur die Witwe des Gutsherrn. Ich kann den Leuten Essen bringen und ihnen die Hand halten, wenn sie krank sind. Aber ihre wirklichen Probleme kann ich nicht lösen.“
„Und ich soll das können?“, fragte Pembridge in zweifelndem Ton und brachte sie damit fast in Verlegenheit. Doch wenn er seine Pflichten ganz genau von ihr erklärt haben wollte, dann würde sie es tun.
„Wenn Sie es nicht können, wer dann? Haben Sie sich nicht gefragt, warum gestern so viele Leute mitten in der Apfelernte zu der Beerdigung gekommen sind?“
„Aus Neugier vermutlich, wenn ich von Ihrem eigenen Verhalten ausgehe.“
Rose schnaubte wütend. „Es braucht mehr als Neugier, um einen Bauern zur Erntezeit von seinen Feldern zu holen. Sie sind Ihretwegen gekommen, weil Sie ihre letzte Hoffnung sind.“
Pembridge lehnte sich lässig an einen Baumstamm. Diese Pose brachte seine beeindruckenden Beine in den Hirschlederhosen und hohen Stiefeln vorteilhaft zur Geltung. Sie waren länger und muskulöser, als sie gestern unter dem Wintermantel ausgesehen hatten.
„Bravo, Mrs Janeway. Sie sollten Schauspielerin werden. Obwohl ich finde, dass Sie bei aller Inspiration etwas übertrieben dramatisch agieren.“
Rose zeigte in wachsender Erregung auf den Obstgarten hinter ihnen. „Seit 1827 hatten wir keine gute Ernte mehr. Im vergangenen Jahr hat es schon im Oktober geschneit. Die Regierung hat mit ihren Gesetzen zur Einzäunung von Viehweiden den einfachen Bauern ebenfalls nur Nachteile gebracht. Aber die schwierigen Wetterbedingungen allein reichen schon aus, um den Menschen große Probleme zu bereiten. An diesem Punkt genügt es nicht, nur sparsam zu wirtschaften, um durch den Winter zu kommen. Es ist eine Frage des Überlebens . Für einige der Familien hier ist nicht sicher, ob sie durchhalten werden. Darum müssen auch ihre Kinder jetzt bei der Ernte mitarbeiten.“
„Ich werde mich um sie kümmern und tun, was ich kann, um ihnen über den Winter zu helfen. Das sollte Ihr Gemüt beruhigen, Mrs Janeway. Jedoch beabsichtige ich nicht, mich hier als Earl niederzulassen. Das erwartet auch sicher niemand von
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